Irsud
fand, jenes Etwas, das ihr Gedächtnis mied, aber es lag so viel Schmerz darin, aufzuspüren, was es war, daß sie davor zurückscheute, es zu versuchen. Das purpurne Leuchten wurde stärker, und plötzlich war das Wissen, das sie brauchte, in ihrem Verstand vorhanden, deutlich und vollständig, wie eine Seite in einem Buch.
Ohne dies zu hinterfragen, zu ängstlich, um danach zu fragen, entschlossen, nicht danach zu fragen, eilte sie zu einer der größeren Nischen, die von einem häßlichen Metall-Ei ausgefüllt war.
Ihre Hände bewegten sich, ohne Anleitung durch ihren Verstand zu brauchen, sie arbeitete mit einem Wissen in den Fingerspitzen, machte die Bombe scharf; stellte einen Zeitzünder ein, dann ging sie zur nächsten. Und zur nächsten. Und zur nächsten. Als sie fertig war, hatte sie fünf Bomben scharf gemacht: ließ sie lebend zurück; leise summten sie ihre Lieder von wartender Energie …
Wieder im Treppenhaus, sah sie, wie sich Aamunkoittas angespanntes Gesicht entkrampfte, sah sie mit ihrer rechten Hand die Segensgeste machen. Sie lachte. „Götter! Los, komm, Kätzchen.
Zum Dach.”
„Zum Dach?” Aamunkoitta berührte zögernd ihren Arm.
„Aber …”
„Ein Gleiter, Kätzchen. Was sonst.”
Aamunkoitta streifte die Tragestricke der Juwelenkiste über ihre Schulter. „Du kannst damit fliegen?”
„Wenn nicht, werden wir einen höllischen Scheiterhaufen haben, Kätzchen.”
Treppe. Immer rundherum. Die massive, doppelt verriegelte Tür, die den Weg zum Dach hinauf versperrte, aufschließen. Aleytys lehnte sich gegen das Metall, atmete schwer. „Ich bin müde”, sagte sie langsam. „Müde.”
„Kannst du nicht …”
„Wieder die Götter?”
„Nein. Heilen. Wie das erste Mal, als wir vor ihr davonritten.”
„Ich muß wirklich ausgelöscht worden sein.” Aleytys schloß die Augen und badete in ihrem Strom, bis ihr Körper vor Leben prickelte, ihr Geist hoch aufstieg, in eine neue Begeisterung. Einmal, nur einmal, schwankte die gehobene Stimmung, sie hörte Burashs leicht belustigte Stimme sagen … auf und ab … auf und ab … Mäßigung, Leyta, ein wenig Mäßigung … Sie schob die Erinnerung beiseite und legte ihre Hände an Aamunkoittas Schläfen, um ihre Kraft mit ihrer kleinen Freundin zu teilen. „Hilft das?”
„Ja, Kunniakas.”
„Gut. Wenn ich auf das Dach hinausgehe, wartest du in der Dekkung hinter der Tür.”
„Kunniakas!” Die Stimme der Hiiri klang ungehalten, die Augen blitzten.
„Keinen Widerspruch, Kätzchen. Diese Wächterinnen werden ebenfalls Energiewaffen haben. Wir brauchen ihnen nicht gerade eine Menge Ziele zu bieten.”
Aamunkoitta starrte sie trotzig an.
„Du würdest mich nur ablenken, Kätzchen. Ich würde mich deinetwegen sorgen, anstatt mich voll auf die Wachen zu konzentrieren.” Sie hielt die Pistole hoch. „Schließlich haben wir nur eine Waffe. Und wir haben keine Zeit zum Streiten.”
Aamunkoitta ergriff ihren Arm. „Was hast du gemacht, Kunniakas?”
Aleytys zuckte mit den Schultern. „Die Bomben so eingestellt, daß sie in einer halben Stunde hochgehen. Wir haben noch etwa zwanzig Minuten.”
„Ah.” Die Augen der Hiiri funkelten wild. „Das Nest ausbrennen. Gut.”
„Es tut mir leid wegen deiner Leute hier und in der Stadt, Kätzchen.” Aleytys runzelte die Stirn, ihre Stimmung sank. Sie schüttelte sich. „Ich habe bis jetzt nicht an sie gedacht.”
Aamunkoitta zuckte mit den Schultern. „Um die Stadt zu töten, werden sie freudig sterben. Da sie hier lebten, war ihr Leben ohnehin früher oder später verwirkt.” Sie stellte die Juwelenkiste ab und ließ sich darauf nieder. „Aber ich schließe mich ihnen lieber nicht an, wenn ich es nicht muß. Solltest du nicht besser aufhören zu reden und dich ans Werk machen?”
Aleytys rannte aus dem dickwandigen Tunnel, duckte sich tief, hielt sich im Schatten der nächsten Brüstung.
Die Wächterinnen waren arglos, vertrauten zu sehr auf die Sicherheit hinter ihnen. Es waren nur zwei, und beide wandten dem Portal den Rücken zu: in einer beiläufigen Unterhaltung begriffen, auf ihre Art wachsam hinsichtlich einer vom Himmel kommenden Gefahr, jedoch durch die gelegentlichen Worte zu sehr abgelenkt. Kühl hob Aleytys die Waffe, zielte, berührte den Sensor.
Die Wächterinnen starben mitten im Wort, ohne zu wissen, woher der Tod kam.
Aleytys verzog das Gesicht. Auch das wurde leichter, das Töten, und es ängstigte sie ein wenig. Aber sie hatte jetzt nicht die
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