Irsud
Brust.
„Kunniakas?”
Aleytys sprang auf die Füße. „Komm mit mir.” Ein kalter Schauer rieselte über ihren Rücken. „Ich mag diesen Raum im Augenblick nicht. Komm mit hinaus in die Sonne und rede mit mir.”
Aamunkoitta strich mit einer Hand über den glatten Stoff des gefalteten Tuches. „Hinaus?”
„In den Garten, Dummes. Komm schon, ich möchte mit dir reden.” An der Tür angekommen, zögerte sie. „Müßtest du momentan irgendwo anders sein?”
Die Hiiri nickte langsam. „Man wird mich bestrafen.”
„Selbst, wenn ich dafür verantwortlich wäre, dich aufgehalten zu haben?”
„Wer würde es glauben?”
„Ah.” Aleytys lief durch den Raum und riß den Gobelin zur Seite. „Wache!”
Die schlaksige Nayid wandte ihr eine gleichmütige Maske zu, aber die Fühler zuckten nervös. „Parakhuzerim?”
„Gib Nachricht an …” Sie wandte den Kopf, damit sie die Hiiri sehen konnte. „Wen?”
„Ardubel Budurit.” Aamunkoittas Stimme zitterte, war kaum lauter als ein Flüstern. Aleytys sah wieder die Wächterin an.
„Gib der Ardubel Budurit Nachricht, daß die Hiiri Aamunkoit-ta von der Parakhuzerim für den Rest des Tages gebraucht wird.”
„Ich kann meinen Posten nicht verlassen.” Das Gesicht der Wache war höflich, aber hartnäckig.
Aleytys fühlte die selbstgefällige Zufriedenheit, die von ihr ausstrahlte; die Nayid genoß es, ihr einen Strich durch die Rechnung zu machen.
„An ihrem Gürtel.” Die keuchende Stimme der Hiiri erklang so schwach hinter ihr, daß sie sie kaum hören konnte. „Ein Rufer. Die Hyonteinen kann von hier aus anrufen.”
Aleytys funkelte die Nayid an, Wut flackerte wie eine Flamme in ihrem Körper hoch. Anstatt sich zu beruhigen, brüllte sie die Nayid zornentbrannt an: „Ruf an!”
Mit nervösen Fingern zog die Wächterin den schwarzen Kasten aus ihrem Gürtel und tippte einen Code auf seine Vorderseite; an dem langen, dünnen Hals der Nayid pochte eine Ader.
Eine winzige Stimme, wie das Summen einer Fliege, antwortete: „Im? Wer spricht?”
„Masart Nunana. Nachricht für Ardubel Budurit.”
„Nun gut, was ist los?”
„Die Parakhuzerim beansprucht die Hiiri Aamunkoitta bis zur Sperrstunde. Die Parakhuzerim verlangte meinen Anruf.”
„Bestätigt.”
Die Wächterin tippte einmal auf die Oberfläche und schob die Haken wieder über den Gürtel. Dann faßte sie Aleytys wachsam ins Auge. „Was verlangt Ihr sonst noch, Belit?”
Aleytys preßte den Mund zu einem harten Strich zusammen.
„Bewachung”, spie sie heraus. „Halte Gapp fern.” Aus brennenden Augen heraus funkelte sie die Nayid stolz an, dann ließ sie den Gobelin zwischen ihnen niederfallen.
„Flußschwein.” Aleytys zog die Nase verächtlich kraus, durchquerte den Raum und ging zu der Glaswand. „Komm hinaus ins Sonnenlicht. Ich brauche frische Luft und Wärme.”
Die Strahlen der kleinen, gelben Sonne waren warm und angenehm auf der Steinbank. Aleytys streckte sich, gähnte und sank auf den Sitz nieder. Sie unterdrückte ein zweites Gähnen und sagte träge: „Setz dich, Aamunkoitta. Ahai, Madar, was für ein Morgen.”
Die Hiiri schaute sich wachsam um und hockte sich dann auf die Kante des Sitzes.
„Mach es dir bequem, Aamunkoitta. Ahai, was für ein Name!”
Sie lächelte, um ihren Worten die Schärfe zu nehmen. „Hat er etwas zu bedeuten?”
„Morgendämmerung, Kunniakas.” Aamunkoitta entspannte sich kaum merklich und schob sich weiter zurück. Sie strahlte wachsamen Respekt aus. „Meine Aiti - meine Mutter … Nachdem ihr Geburtstraum vorbei war, war der brennende Fenkolin Hajuvesi die Sonne, die hochkam. Deshalb benannte sie mich nach dem Aufgang der Sonne. Aamunkoitta.”
Aleytys stützte die Füße auf einem Stein ab und bewegte den Kopf hin und her, um den Hals zu strecken. Es war ein gutes Gefühl, in der Wärme zu schwelgen, sich zu strecken, dieses neue und interessante Wesen zu erforschen. „Wenn es dir nichts ausmacht, werde ich dich Kätzchen nennen.”
„Und … bedeutet dies etwas?”
„Ein kleines, zauberhaftes, pelziges Geschöpf.” Aleytys gähnte.
„Beim ersten Mal hast du mich Hieno Nainen genannt.”
„Das ist eine weibliche Person von hohem Rang.” Die Hiiri blickte Aleytys verstohlen an. „Kunniakas, seid Ihr eine Mächtige?”
„Hm.” Aleytys betrachtete die Zehen, zappelte kurz damit.
„Ja. Nein. Was auch immer.” Sie verwob die Finger hinter dem Kopf und rümpfte über die dottergelbe Sonne
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