Irsud
die Füße und lief zum Bambuswald hinüber; die Robe wehte hinter ihr her. Sie glitt heraus und hängte sie über den ausgestreckten Ast eines Mimosenbaumes, der sich irgendwie durch die verfilzten Wurzeln des Bambus gekämpft hatte und seinen Wipfel hoch genug erhob, um einen gesprenkelten Schatten über einen Teil der kleinen Lichtung zu werfen. Burash sah mit amüsierter Bitterkeit zu. Als sie sich wieder neben ihm zu Boden gleiten ließ, sagte er trocken: „Wenn du erwartest, daß ich wieder mit dir schlafe, Leyta, so überschätzt du meine Fähigkeiten.”
Sie lachte. „Ich war gerade einfach nur Frau. Wollte mein hübsches Kleid nicht in Unordnung bringen.” Sie streckte sich auf dem Gras aus und seufzte vor Vergnügen, als die Wärme der tief am westlichen Himmel hängenden gelben Sonne ihren müden Körper badete. „Also. Folgendes hat sich ergeben. Ich werde aus diesem Gefängnis herauskommen. An einer kurzen Leine, natürlich. Aber doch lang genug, um einen genaueren Blick auf das zu bekommen, was außerhalb der Mauern liegt. Du weißt …” Sie streichelte an ihrem Körper auf und ab, zwischen den Brüsten, vom Hals bis zum Nabel und wieder zurück, während sie nachdenklich in den Himmel starrte. „Das könnte nützlich sein. Hhm. An einem der nächsten Tage werden wir einen großartigen Bummel durch den Mahazh unternehmen, und zwar mit all dem Pomp und Zeremoniell, die die Kipu aufzuwenden in der Lage ist, und ich werde meine Augen so weit offen halten, wie nur möglich.” Sie zuckte eine Hand zu der fern sichtbaren grauen Steinmauer hin. „Besonders das Dach, wo sie die Gleiter aufbewahren. Und sie wird den Händler aus der Stadt kommen lassen, um mir Kleider und andere Sachen zu bringen. Später wird es eine Gesellschaft geben, mit allen Stadtköniginnen und dem Händler und überhaupt jedem, von dem sie meint, ihn beeindrucken zu müssen.”
Er hatte seine Arme um die Beine geschlungen und starrte nachdenklich auf sie hinunter. „Sie wird dich die ganze Zeit über beobachten.”
Aleytys rieb sich die Nase. „Ich weiß. Aber ich werde etwas bekommen, das sie nicht von mir fernhalten kann.”
„Und?”
„Information. Bis ich nicht weiß … und ich meine weiß … was da draußen ist, käme ich mit einem Fluchtplan wahrscheinlich nirgendwo hin.”
„Leyta …” Seine Fühler senkten sich; ebenso die Mundwinkel.
Er beugte sich vor und berührte ihr Bein. „Warum fliehen? Merkst du denn nicht, daß es kein Entkommen für dich gibt?” Er legte seine Finger auf ihren Oberschenkel. „Es gibt keinen lebenden Arzt, der dieses Ding jetzt noch aus dir herausschneiden könnte.
Wenigstens hast du es hier bequem. Dir bleibt noch ein Jahr, abzüglich ein paar Tage. Warum verbringst du sie nicht …”
„Eine Sklavin?” Sie setzte sich auf. „Nein, danke.” Sie starrte auf zu Fäusten geballte Hände hinunter; dann, während sie die Finger öffnete, so daß sie auf den Oberschenkeln ruhten, sagte sie langsam: „Ich habe Kraftreserven, über die ich nicht mit dir reden kann. Es wird einen Weg geben, Burash.” Sie ließ eine Hand kurz auf seiner Schulter ruhen. „Es ist zum Teil auch dein Kind; meinst du nicht … Ich …”
„Leyta.” Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich kann davon nicht wie von einem Kind denken. Nein. Du trägst die alte Königin in dir. Ein Greuel, ein Ungeheuer, ohne das diese Welt besser dran wäre.” Er hob ihre Hand an seine Lippen. „Wäre es unser Kind, so würde ich es hochschätzen, selbst wenn es von meinem Körper ausgebrütet werden müßte. Ich habe sie gehaßt. Sie widerte mich an. Sie fütterten mich mit Drogen, die Kipu hat das organisiert, um die Alte bei Laune zu halten, sonst wäre ich so schlapp gewesen wie ein seit drei Tagen toter Fisch. Ich habe sie gehaßt.” Seine Stimme verklang, und er sah krank aus.
Aleytys saß stumm da und wehrte die unglückliche Stimmung ab, die er ausstrahlte. Stille dehnte sich zwischen ihnen aus, der Schatten des Mimosenbaumes kroch zu ihren Zehen heran und schob sich still über die Füße. „Wirst du mit mir kommen?” fragte sie plötzlich.
„Mit dir?”
„Weg von dieser Welt.”
„Weg von dieser Welt.” Er legte die Hand auf ihren Knöchel.
„Würdest du bei mir bleiben, Leyta? Auf meiner Heimatinsel Seb?”
„Ich kann nicht.” Sie betrachtete ihn mit gequältem Gesichtsausdruck. „Ich kann nicht”, wiederholte sie unglücklich.
Er nickte. „Das dachte ich mir. Und ich kann nicht mit
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