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Irsud

Irsud

Titel: Irsud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Stimmen.
    Sie stellte sich in dem leeren Rechteck der Glaswand in Pose, wie eine Statue, starrte mit ausdruckslosem Gesicht in den Garten hinaus, der golden und schläfrig in der Nachmittagshitze lag, hörte das schwache, sich entfernende Klicken der Stiefel der feindseligen blauen Wächterin. Kehlig, gedehnt, leise sagte sie:
    „Burash.”
    Er schob den Wandbehang beiseite und trat heraus; er kam zu ihr, seine Aufregung kaum unterdrückt, die Fühler gingen nervös tick-tack hin und her, wie ein großes Metronom. „Nun?”
    Sie schritt in langsamer und majestätischer Grazie in den Garten hinaus und spürte gleichzeitig seine Besorgnis und kaum zurückgehaltene Unruhe; seinen Atem hörte sie als harte, kurze Stöße. Langsam hob sie die Arme, berührte das Haar mit tastenden Fingern, dann fuhr sie herum, das Gesicht von einem übermütigen Grinsen gespalten. Sie riß die Nadeln aus dem Haar und schüttelte die flammendroten Strähnen frei. „Ja”, schrie sie. „Ja, ja, ja, sie hat es mir abgekauft.” Sie wirbelte in einem wilden Tanz rundherum und lachte zum Tapsen der nackten Füße im Gras. „Sie glaubt es nur ein wenig. Manchmal. Nur ein wenig, aber genug, genug, genug.” Sie warf ihm die Worte über die Schulter zu, kämmte die Finger durch das Haar und tanzte um ihn herum. „Madar, wie hat das alte Weibsstück dieses Posieren nur ausgehalten? Ich hätte fast schreien wollen.” Ihre Worte lösten sich wieder in Lachen auf, und sie lief von ihm fort zur Lebenseiche.
    „Leyta.” Burash hastete ihr nach. „Beruhige dich ein wenig.”
    Sie hauchte ihm über die Schulter einen Kuß zu, sprang dann auf den niederen, gebogenen Ast und lief darauf entlang, bis sie über der Mitte des Baches stand. Burash keuchte und riß die Blikke von ihr los. Er stoppte und stand da und starrte verbissen auf das Gras hinunter. Zum ersten Mal klang ihr Lachen grausam für ihn.
    Sie war so sehr mit sich selbst beschäftigt, daß sie alles, was mit ihm zu tun hatte, vergessen hatte. Die Vorstellung, wie sie sich gegen den Ast lehnte, durchlief ihn vibrierend, und er fühlte sich plötzlich entmutigt, fremd, draußengelassen, zurückgelassen …
    Zurückgelassen … Dieser Gedanke taumelte in seinem Schädel immer rundherum.
    Die Schultern unter der Last in seinem Geist gebeugt, die Augen auf den Boden gerichtet, damit er keinen den Verstand erschütternden Blick auf Aleytys abbekam, die so gefährlich auf ihrem Baumast hockte, schlurfte er zum Mahazh zurück: Schwarze Niedergeschlagenheit strahlte von ihm aus.
    Eine Hand berührte ihn. Aleytys trat mit besorgtem Gesicht vor ihn. „Es tut mir leid. Ich bin ein Dummkopf. Ich hab vergessen …” Ihre Hände berührten mit kleinen, streichelnden Berührungen seine Arme, sein Gesicht, seine Brust. „Es ist nur so, daß … Nein. Keine Entschuldigungen. Bitte. Einverstanden?”
    Er ergriff die bekümmerten, zitternden Hände und küßte die Fingerspitzen. „Psst, Leyta.” Sein Gesicht verfiel in stille Traurigkeit.
    „Ich habe plötzlich die Zukunft, unsere Zukunft nur ein bißchen zu klar gesehen.”
    Aleytys zog ihre Hände frei. „Ahai! Warum müssen Dinge so kompliziert sein!” Sie fuhr herum. „Komm, setzten wir uns auf die Bank. Wir haben ein paar Dinge zu besprechen.”
    „Nein. Dorthin, wo wir heute morgen waren.” Er schaute verblüfft drein. „Erst heute morgen? Es scheint, als wäre seither eine Woche vergangen.” Er blickte zum Himmel hinauf. „Die Sonne ist noch eine Stunde vom Untergang entfernt. Kannst du das glauben?”
    Aleytys schüttelte nüchtern den Kopf, dann stieg Lachen in ihr auf. „Ich habe mein Mittagessen völlig versäumt. Ich verhungere.”
    Sie legte eine Hand auf den Bauch. „Leer! Ich kann mein Rückgrat von vorne her fühlen.”
    Er lachte in sich hinein. „Du hast mich davon überzeugt, daß all dies real ist. Es geht nichts über ein paar Hungerstiche, um einen wieder auf festen Boden zu stellen,”
    Sie drängten sich durch den dicht stehenden Bambus und ließen sich auf dem warmen, sonnenbeschienenen Gras nieder. Aleytys legte sich zurück und lächelte zum Himmel hinauf. „Meine Sonnen würden dir die Haut abpellen, wenn wir auf meiner Heimatwelt in der Mittagshitze so daliegen würden.”
    Burash klopfte ihr mit dem Zeigefinger leicht auf die Lippen.
    „Erzähl mir davon, Leyta. Was ist bei der Kipu passiert?”
    Aleytys setzte sich auf und zupfte an den Verschlüssen der Robe. „Dieses Ding kratzt mich.” Sie sprang auf

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