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Irsud

Irsud

Titel: Irsud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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griff sie nach der Pistole, die von ihrem Schoß rutschte. Immer wieder drehte sie die Waffe in den Fingern, untersuchte das Ding, fuhr mit der Hand um den Kolben, streckte den Zeigefinger an dessen Seite entlang aus, bis sie ein fingernagelgroßes Schiebeplättchen berührte. Sie klappte es auf und starrte auf einen matten, schwarzen Sensor. Sie bewegte den Finger darauf zu.
    „Nein!” Swardhelds Stimme dröhnte in ihrem Schädel und erschreckte sie so, daß sie beinahe die Pistole hätte fallen lassen.
    „Helvete, Frau, willst du, daß alles über dir zusammenbricht?”
    Als sich Aleytys wieder niederließ, beruhigte er sich und kicherte.
    „Hast du eine Ahnung, was du anrichten würdest, wenn du diesen Sensor berühren würdest?”
    Aleytys starrte auf den schweren Metallgegenstand hinunter, der den feinen Stoff ihres Gewandes zerknitterte. „Was macht es?”
    „Nun, grob gesagt …” Sie fühlte, wie seine Augen nachdenklich auf die Waffe hinunterblickten, sie mit einem Erfahrungsschatz abmaß, der ihre Begriffe bei weitem überstieg. „Sieht so aus, als würde es ein Loch in den Felsen schießen, auf den du es gerichtet gehabt hast, ein Loch, verdammt groß genug, um ein Pferd hindurchzustopfen.”
    Sie berührte die Waffe und fröstelte. „Konzentrierter Tod. Ich wüßte gern …”
    „So messen manche Menschen den Fortschritt.” Harskaris kühle Stimme, bernsteingefärbt, beendete ihr Nachdenken. „Am wirkungsvolleren Töten immer größerer Mengen ihrer Mitmenschen.”
    Aleytys spürte eine kalte Übelkeit um den Magen herum, ein schweres Gewicht der Depression auf dem Gemüt. Sie schob die Hände unter die Energiepistole und hielt sie vor sich hin. „Was soll ich mit diesem verdammten Ding machen?”
    Harskari blinzelte mit ihren bernsteingelben Augen. „Warum hast du es dir aus diesem Raum geholt?”
    „Ich weiß nicht. Ich weiß nicht einmal, warum überhaupt irgend etwas in der letzten Nacht passiert ist.”
    „Tja.” Sie überlegte einen Augenblick, dann nickte sie. „Du mußt es verstecken. Du hast es aus einem ganz bestimmten Grund herausgeholt, vergiß das nicht; wahrscheinlich wirst du später einen Nutzen dafür finden. Aber wenn es die Kipu in deinem Besitz findet …”
    „Nein.” Wieder fröstelte Aleytys.
    Die purpurnen Augen öffneten sich, und Shadith sprach mit einer ruhigen Endgültigkeit, die jede Widerrede ausschloß. „Nirgends im Mahazh, zu viele Sensoren. Dort oben.”
    „Wo?”
    „Die Klippe. Siehst du den schmalen Vorsprung, ein wenig höher als das Dach des Mahazh?”
    Aleytys suchte die zerklüftete Wand der Klippe dort ab, wo sie sich über den an ihrem Fuß wuchernden Saum von Blattwerk erhob. „Ja”, sagte sie nach einer Weile. „Ist es der, den du meinst?”
    Sie heftete ihre Blicke auf die kurze horizontale Unterbrechung in der Klippenwand.
    „Du hast ihn. Stimmt ihr beiden zu?” Shadiths purpurne Augen wandten sich nach rechts, dann nach links, blickten fragend.
    „Ja”, sagte Harskari nachdenklich. „Wenn Aleytys das Ding so weit befördern kann.”
    „Ich kann es versuchen.”
    „Hm. Ja.” Swardhelds schnarrende Stimme murmelte in spröder Einverständnis. „Allerdings ist es ein unzugänglicher Platz.”
    „Das ist ja der Sinn der Sache, alter Knurrer.” Ein Zwinkern der purpurnen Augen harmonierte mit einem zarten Rieseln von Lachen. „Wer würde schon dort oben danach suchen?”
    Aleytys klappte den Deckel wieder über den Sensor-Auslöser und runzelte die Stirn; langsam strichen die Finger über das glatte Metall. Sie konzentrierte sich, die Waffe wurde unter ihren Händen lebendig. Zuerst fühlte sie, wie sie sich erwärmte, dann vibrierte sie, verblüffte sie wieder, stieß dann leicht gegen ihre Hand. Als sie fester dagegenstieß, breitete sie die Hände wie Flügel aus, und die Waffe sprang dazwischen hoch, sauste in einer weiten Kurve immer schneller werdend auf die Klippe zu; ihre Schnelligkeit versetzte Aleytys in Panik.
    Aufkeuchend riß sie den wirbelnden Revolver kaum eine Handbreit vor einem klatschenden Aufprall auf dem Gestein in den Stillstand. Immer wieder anhaltend, klappernd, hüpfend, schob er sich in ruckweisen Etappen die Felswand empor. Nach und nach fiel ihr seine Beherrschung leichter, bis sie die Waffe schließlich ordentlich in die Spalte steckte. Mit einem Seufzer entspannte sie sich, lehnte sich gegen den Ast zurück, kratzte sich an den Knöcheln und ließ sich das Haar um das Gesicht wehen.
    „So, das

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