Irsud
Licht, das durch das Wandfenster sickerte, von dem der abschirmende Gobelin zurückgezogen war, konnte sie die dunkle Masse des Bettes mit den hauchdünnen Vorhängen - wie Nebel - sehen. Sie bewegte sich immer langsamer, mit eigenartigem Zögern, kam näher und stand da, die Augen geweitet, erschrocken, und starrte auf die beiden Gestalten, die in tiefem Schlaf dicht aneinandergekuschelt lagen.
Das rotgoldene Haar der Frau war über die nackten Schultern ausgefächert, eine Brust entblößt, die seidige, blaugrüne Decke gegen den zusammengerollten Körper gepreßt. Neben ihr lag die starke, hagere Gestalt Burashs, sein Gesicht selbst im Schlaf angespannt und müde. Seine Fühler zuckten unregelmäßig, seine Finger öffneten und schlossen sich krampfartig, sein unruhiger, gestörter Schlaf diente dazu, die Tiefe und den Frieden von Aleytys’ Ruhe zu unterstreichen. Sie streckte die Hand aus und berührte die Schulter der Schläferin.
Aleytys setzte sich blinzelnd auf. Burash murmelte etwas und zuckte neben ihr. Sie beugte sich über ihn, ließ die Finger über sein Gesicht, seinen Hals gleiten, streichelte ihn, das Gefühl seines festen Fleisches war warm und gut in ihren Fingerspitzen, floß wie Feuerschein im Winter durch ihren Körper und überlagerte für einen Augenblick alle Anspannungen und Ängste ihres Lebens.
„Ruh dich aus, mein Lieber”, murmelte sie.
Burashs Gesicht entkrampfte sich, seine Hände lockerten sich, und er sank tiefer in einen heilenden, erholsamen Schlaf.
Sie seufzte und streckte sich. „Was für ein seltsamer Traum.”
Sie starrte zu dem Spalt im Gobelin hinüber. „Ich wüßte gern, wie spät es ist.” Gähnend streckte sie sich, dann legte sie sich wieder zurück. Ihre Hand stieß gegen einen kalten, harten Gegenstand.
„Ahai, Madar”, keuchte sie. Sie zerrte das Ding unter der Decke hervor und hielt es in beiden Händen, das Gewicht des Dings legte von seiner Realität Zeugnis ab.
Es war die Waffe aus ihrem Traum.
17
Aleytys trat mit den Füßen aus und sah zu, wie sich der hellgelbe Chiffon in der kühlen, feuchten Morgenluft aufbauschte und flatterte. Die gelbe Sonne, die sie noch immer ein wenig verwirrend fand, war ein Halbkreis über dem grauen Gestein der Mauer; die patrouillierenden Sabutim schritten auf der Mauerkrone auf und ab, und - so kam es ihr vor - ihre langen, schmalen Schatten blockten wie Gefängnisstäbe etwas von dem ohnehin zu schwachen Licht und der Hitze ab.
Die Schatten im Garten schrieben lange, dünne Hieroglyphen auf das glatt gemähte Grün des Rasens.
Aleytys streichelte die Pistole auf dem Schoß. Sie verlagerte den Blick auf das singende Wasser und betrachtete die gesprenkelten Steine auf dem Grund des Baches.
In ihrer glatten Rundheit erinnerten sie an die Blasen in ihrem Traum. Sie starrte hinunter, und sie begannen umherzupurzeln, krochen dann auf das sandige Ufer des Baches, da sie sie weiterdrängte, bis Lachen in ihrem Kopf sprudelte und sie sie wie kleine Kobolde in einem Hirtentanz auf dem Gras herumspringen ließ.
Sie rief einen zu sich und schrie auf, als er zu ungestüm herbeikam und schmerzhaft von ihrer Wange abprallte. Sie rieb sich den kleinen Schmerz und starrte nachdenklich auf die verstreut liegenden Steine, berührte dann die Pistole auf dem Schoß, kratzte mit den Nägeln über die harte Oberfläche.
Sie rieb sich die Nase, drehte sich dann auf dem Ast herum und schaute über die Schulter zum Schlafzimmer hin. Zuerst sah sie die weite Grasfläche strahlend und durchsichtig im direkten Licht der aufgehenden Sonne funkeln. Dann öffnete sich die Mauer des Gebäudes für sie, wurde durchsichtig wie die Bronzetür, und sie konnte hineinblicken, als würde sie dort stehen, in der Mitte des Raumes stehen. Sie ließ ihre Blicke über die Front des Mahazh wandern und schälte ihn auf, blickte zu Asshrud hinein: Plump, schwerfällig, den Mund weit geöffnet, schnarchend und schläfrig, so lag sie da; Gapp war mit einer kriecherischen Liebhaberin beschäftigt - Aleytys riß ihren Blick angewidert los. Die Kipu im angrenzenden Raum, knochendürr und nackt; sie saß aufrecht, murmelte ein kompliziertes Mantra … Sabutim, die Geräte bedienten, Betten machten, einherschritten, das Gefühl militärischer Präzision, pedantischer Ordentlichkeit …
Mit unter der Wucht kaleidoskopischer Bilder wirbelndem Geist schwankte sie bedrohlich auf dem Ast, bis der Schock sie wieder zu sich zurückriß. Sie packte die Handstütze, dann
Weitere Kostenlose Bücher