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Irsud

Irsud

Titel: Irsud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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dasaß, die Fühler in Trübsinn gesenkt …
    … die Kipu, die sich zurücklehnte und inmitten eines Stimmen-Chaos lächelte …
    „Burash!” Sie ruckte hoch, wäre beinahe vom Ast gefallen. Ein Schluchzer platzte aus ihr heraus, dann noch einer. Und noch einer.
    Sie streckte die wunden, zitternden, langen verätzten Hände aus.
    „Ich hätte ihn vorher finden können … wenn ich nur daran gedacht hätte … Ich hätte es nicht tun müssen … Ich hätte es nicht tun müssen … Ich hätte es nicht tun müssen …” Während sie auf dem Ast vor und zurückschaukelte, lachte sie, schluchzte, schrie sie, lachte wieder mit heftigen Schluchzern, die sie durchfuhren. „Ich hätte es nicht tun müssen.”
    „Aleytys!” Harskaris kühle, ungeduldige Stimme zerrte einen Herzschlag lang an ihr, versank dann im wirbelnden Meer von Entsetzen, das sie mit sich riß.
    „Aleytys.” Die Stimme erklang wieder, fordernder, lauter. Sie war stechend, wiederholte sich immer wieder, bis sie antworten mußte.
    „Harskari.” Ruhiger … ein wenig … Sie weinte noch immer, das Gesicht tränenüberströmt, verzerrt, anklagend. „Ich hätte es nicht tun müssen. Hätte ich nur daran gedacht …”
    „Ich weiß.” Die Stimme war jetzt leise und sanft, sanft beruhigend, leistete Beistand, streichelte. „Komm, Kind, du wirst dir hier draußen eine Lungenentzündung holen. Was hältst du von einem heißen Bad?”
    Aleytys zuckte vor ihrer Berührung zurück. „Mich
    beschwichtigen! Hah! Du wußtest es, nicht wahr? Du wußtest, daß ich die beiden herausbekommen hätte, ohne Asshrud umbringen zu müssen.”
    „Was ich weiß, hat mit der Sache nichts zu tun. Du hast bekommen, worum du gebeten hast.” Harskaris Stimme war kühl, schulmeisterhaft, distanziert. Dann, erschreckend, kicherte sie. „Ich war immer eine miserable Mutter. Komm, Leyta, steig aus dem Morast des Sichgehenlassens. Was getan ist … nun, ist getan. Bedauern ist die sinnloseste aller sinnlosen Emotionen, die wir Halbsapiens anzusammeln fertigbringen.”
    Aleytys keuchte. „Asshrud ist tot!”
    „So? Es ist erledigt. Vergiß es.”
    „Es war unnötig.”
    „War es das?”
    „Huh?” Aleytys fuhr hoch und wäre fast aus dem Baum gefallen. Sie erwischte gerade noch den Ast, an den sie sich gelehnt hatte, und gewann ihr Gleichgewicht wieder. „Du weißt, daß ich sie hätte herausbekommen können.”
    „Krieche aus diesem Selbstmitleid heraus.” Harskaris Alt vertiefte sich vor Verachtung. „Du suhlst dich in dieser weinerlichen Sentimentalität, bis du den Blick für die Realität verlierst.”
    Durch Harskaris Hohn zum Handeln angestachelt, kletterte Aleytys aus dem Baum und marschierte über das Gras zum Mahazh hinüber. Am Eingang zögerte sie, nur eine Sekunde lang, da es ihr widerstrebte, überwältigend widerstrebte, hineinzugehen.
    Die bernsteingelben Augen öffneten sich weit in kühlem Spott.
    Aleytys stürmte hinein, weiter, ins Badezimmer. Sie drehte das heiße Wasser auf, hielt ihre Hand darunter, riß sie zurück, schrie vor Schmerz auf: Das kochendheiße Wasser hatte ihre Haut zu hellroten Striemen verbrüht. Trotzig heilte sie die Wunde und mäßigte die Hitze. Mit ungeduldigen, ruckartigen Bewegungen schleuderte sie die schlammige Robe von sich und glitt in die in den Boden eingelassene Wanne und wartete darauf, daß das Wasser hoch genug stieg, um ihren zitternden Körper zu bedecken.
    Harskari gluckste. „Paß auf, Leyta; ich bezweifle, ob selbst du die gewöhnliche Erkältung heilen kannst.”
    Aleytys sah plötzlich sich selbst … Ein schmollendes, verdrießliches Kind, schlechter Laune, weil ihr auf die Hand geschlagen wurde … Sie brach in Lachen aus. „Ahai, Harskari, selbst als ich vier Jahre alt war …”
    „Nun, es war ein Schock.”
    Aleytys seufzte und lehnte sich gegen die Schräge der Wanne zurück. „Warum hast du mich nicht daran erinnert, daß ich sie ohne die Kipu finden könnte, sie sogar ohne die Kipu herausholen könnte?”
    „Kannst du das?”
    Überrascht starrte Aleytys auf das Wasser, das über ihre Zehen sprudelte. „Ich …”
    „Kannst du es?”
    „Ich könnte die Schlösser öffnen.”
    „Ja.”
    „Ich könnte herausfinden, wo sie sind.”
    „Ja.”
    „Mit eurer Hilfe könnte ich zu ihnen gelangen und sie herausholen.”
    „Ja.”
    „Dann …”
    „Nun?”
    Nach einer langen Pause griff Aleytys abwesend nach der flüssigen Seife und verteilte sie über Arme und Schultern. „Ich weiß

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