Irsud
und Ärger.
„Richtig. Seit du in meinen Schädel hineingestiegen bist, hast du mich in immer mehr Schlamassel gebracht.“
Heftiger Widerspruch.
Sie lachte. „Schon gut. Nicht dein Fehler.“ Die Gartendüfte wehten intensiv zu ihr heran … Blütensüße … Dunkelbrauner Geruch feuchter Erde … Kühles, strenges, beeindruckendes Grün … Sie bewegte die Schultern in vager Beunruhigung gegen den Ast, der ihr Halt gab. „Ich muß dieses Ding loswerden.“
Stilles Einverständnis.
Sie seufzte und ließ die Wassermagie die grellen Emotionen davonspülen. Nach einer trägen, träumerischen Zeit schloß sie die Augen. „Du hast irgendwelche Ideen?“
Eine Vorstellung formte sich in ihrem Geist.
„Burash“, flüsterte sie.
Zustimmung und ein Hauch von Ungeduld.
Aleytys lächelte zu dem Blätterdach hinauf.
Das Bild von Burash veränderte sich leicht. Er hielt ein Messer in seiner rechten Hand. Dann kniete er neben der nackten Gestalt einer Frau, die mit dem Gesicht nach unten auf dem Gras ausgestreckt lag. Er schnitt ihren Rücken auf und stieß die Scheibe mit der Spitze des Messers behutsam aus dem Fleisch. Die Frau setzte sich auf, zuckte zusammen, warf die Scheibe auf einen Stein und stieß einen kleineren Stein wuchtig darauf nieder, ein wildes Vergnügen in dem angespannten Gesicht.
„Würde er es wirklich tun?“ flüsterte sie.
Ein geistiges Schulterzucken.
„Also überrede ich ihn.“ Sie runzelte die Stirn. „Noch einer. Ihn benutzen? Wie ich Miks benutzt habe? Wann hört es auf?“
Ein geistiges Schulterzucken.
„Nein. Ich will nicht. Ich kann nicht.“
Ungeduld.
„Aber ich werde ihn bitten. Ich nehme an, ich muß. Aber er muß sich freiwillig entscheiden.“
Einwilligung und mehr Ungeduld.
„Es wird verteufelt weh tun. Wenn ich anfange, um mich zu schlagen, wird es für ihn sehr mulmig werden. Wenn das Ding erst einmal aus mir heraus ist, kann ich mich selbst heilen. Kannst du den Schmerz davor unterbinden?“
Zustimmung.
„Was ist mit danach?“
„Sprichst du mit dir selbst?“ Die Tenorstimme brach in ihre Überlegungen.
Aleytys drehte den Kopf. Burash stand auf dem sandigen Ufer des Baches und hielt sich so angespannt an dem Baum fest, daß seine Knöchel weiß geworden waren. „Ich bin gekommen, um Lebewohl zu sagen, Leyta.“
Aleytys rieb mit einem Finger an ihrem Mundwinkel, während sie sein Gesicht betrachtete, sich im klaren darüber, daß sie nur vermuten konnte, was die kleinen Zuckungen und Windungen von Muskeln bedeuteten. Im gleichen Augenblick begann ihr Geist sich in Krämpfen zu winden, als sie sich automatisch abmühte, ihn zu erreichen. Sie mußte ihre Reaktionen fest in den Griff bekommen, wollte sie nicht in ein chaotisches Durcheinander von Stückchen und Stücken von Vorstellungen und Ideen geschleudert werden. Sie brauchte eine Weile, um sich selbst wieder zu ordnen. Als sie die Augen öffnete, sah sie, wie er sich still abwandte.
„Warte.“ Sie krabbelte auf die Füße und stand mit unsicherem Halt auf dem leicht schwankenden Ast. „Was meist du damit: Lebewohl sagen?“
Er drehte sich um. Als er sie stehen sah, zuckte er zurück, sah weg und lehnte sich gegen den Baum, konzentrierte sich auf das vorbeisprudelnde Wasser; seine Brust flatterte schnell, als er keuchend um Atem rang. Aleytys sah zu, verwundert und mehr als nur ein wenig verwirrt durch seine offensichtliche Beunruhigung. Schließlich sagte er: „Lebewohl sagen. Ein Wort, das bedeutet, daß ich dir Wohlergehen und Glück wünsche, dich aber nicht mehr wiedersehe, Narami.“
Sie machte einen Schritt auf ihn zu und fiel beinahe vom Ast herunter. „Wovon redest du, Burash?“
Er wollte sie nicht ansehen, starrte statt dessen auf die ewig wechselnden, ewig gleichbleibenden Muster des Wasserstromes, wobei seine Fühler wild flatterten und ihre schillernden Farben ein nervöses Muster nach dem anderen durchspielten. Als er sprach, mußte sie sich anstrengen, um zu verstehen, während sie ungemütlich auf der rauhen Rinde balancierte und sich zur selben Zeit deren Berührung ihrer nackten Fußsohlen bewußt war, der Gerüche der wachsenden Dinge, des schrillen Summens von Insekten, die sie nicht sehen konnte. Sie war überrascht, herauszufinden, wie sehr er ein Teil von ihr geworden war.
„Die alte Königin … Ihre Totenzeremonien sind morgen … Nein, am Tag danach … Sie … Ihre liebsten Dinge … Lebendig oder tot … Man wird sie alle verbrennen … Dort oben.“ Er
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