Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Irsud

Irsud

Titel: Irsud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
Vom Netzwerk:
verstand nicht, daß eine so einfache Sache für Aleytys so schwer zu verstehen sein sollte. „Mich zuerst vergewaltigen, dann, wenn ich nicht zuerst ein Messer in ihn steche, ja. Ohne eine Sippe gibt es keinen Ort. an den ich gehen kann.“
    Aleytys zuckte ungeduldig mit den Schultern. „Madar! Kein Wunder, daß die Nayids alles unter Kontrolle haben. Arbeitet dein Volk denn niemals zusammen?“ Als sie die Frage ausgesprochen hatte, fühlte sie, wie sich ein tiefes Unbehagen in der kleinen Frau rührte. „Sieh mal. Kätzchen. Ich bin auch keine Nayid. Wenn ich helfen kann …“
    „Ah!“ Die Hiiri rutschte von der Bank und kniete vor Aleytys nieder, legte ihre Hände mit den Innenseiten nach unten auf Aleytys’ Knie. „Taikagarna“, flüsterte sie. „Kunniakas. Kuu Voiman. Schamanin. Kuu der Nacht, Aurinko des Tages. Rettet mein Volk. Helft meiner Sippe. Vertreibt die Hyonteinens aus unserem Land. Leiht dem Paamies Eure Macht.“
    „Paamies?“ Ziemlich verwundert starrte Aleytys auf das ungeduldige, intelligente Gesicht. Die Veränderung verblüffend. Die Hiiri hatte endlich kapituliert, hatte Aleytys als eine Macht akzeptiert, an die sie sich klammern konnte.
    „Gebrauche deinen Verstand“, sagte Aleytys hastig. „Komm zurück auf die Bank. Wenn uns die Nayids beobachten, und du weißt, daß sie das tun, mußt du ihren Verdacht erregen, wenn du dich so benimmst.“
    Aamunkoitta schnaubte. „Diese blöden Skat würden annehmen, daß ich Liebesspiele mit Euch treibe.“ Dennoch setzte sie sich auf die Bank zurück.
    „So.“ Aleytys lächelte sie an, erfreut über diese neue Entwicklung. „Du hast vorhin nicht ganz die Wahrheit gesagt.“
    Aamunkoitta antwortete ihr mit einem kurzen, intensiven Lächeln. „Es ist das, was die Hyonteinens glauben wollen. Wir helfen dem nach.“ Sie wurde plötzlich ernst. „Und leider gibt es Sippen, wo es stimmt. Aber nicht alle sind so. Nicht alle.“ Sie schloß die Hände fest, eine um die andere, bis die Knöchel gelbweiß wurden. „Manchmal“, sagte sie sehr leise … hielt inne … blickte mit kühler Überlegung in den großen, braunen Augen auf Aleytys … Aleytys konnte die durch die Heilung und ihr Hilfeangebot hervorgerufene Euphorie zu einer alltäglichen zynischen Verdächtigung von allen und allem außerhalb ihres engen kleinen Kreises ersterben fühlen … Behutsam wählte die Hiiri ihre Worte, fuhr fort. „Manchmal wird einer geboren, einer mit Zeichen, wenn Kuu im Hause von Loki schwimmt, und der ist … hat … ist ein Johtaja. In der Zeit der Überwinterung, wenn die Sippen zusammenkommen, wenn die Zeichen richtig stehen …“ Die Hiiri zögerte, warf Aleytys einen raschen Blick zu, fuhr dann fort: „Für den Frauenhandel. Und manchmal ist ein Mann so … Er hat die Kraft in sich … Er ist Johtaja … Dann ist er … er … Ich weiß nicht genau, wie ich dies sagen soll, diese verdammte Sprache … Er wird Paamies genannt. Für ihn werden die Sippen kämpfen und sogar der Blutfehde und dem Todesrecht abschwören.“
    „Ah.“ Aleytys rieb die Finger aneinander, betrachtete dann die Handflächen. „Ihr habt also einen Paamies.“ Sie berührte die ansteigende Erregung in der Hiiri, den harten, argwöhnischen Kern. „Und du arbeitest sogar hier für ihn. Das ist der wirkliche Grund, weshalb du bleibst.“
    Die Hiiri gestikulierte wild. „Nein, Ihr habt unrecht“, flüsterte sie eindringlich. „Was könnte ich tun? Denke nicht einmal …“
    „Beruhige dich, Kätzchen. Vergiß es für eine Weile. Wie viele Hiiri sind hier?“
    Aamunkoitta biß sich auf die vollen Lippen und verknotete erneut die Finger. Dann zog sie die Hände auseinander und hielt sie hoch. Jede Hand hatte drei Finger und einen entgegenstellbaren Daumen. „Fünf Hände plus drei“, sagte sie heiser.
    „Dreiundzwanzig … Hmm … Denkt darüber nach: Wenn ihr hier herauskommen wollt, ihr alle, wenn ich über die Mauer springe – laßt es mich wissen.“
    „Über die Mauer springen?“ Die finstere stupide Maske schob sich wieder über ihre kleinen, scharfen Züge.
    „Hah!“ Aleytys sprang auf die Füße. „Entfliehen. Weglaufen. Aus diesem Gefängnis ausbrechen. Und du weißt genau, was ich meine.“
    „Ich habe hier zu tun“, sagte Aamunkoitta ruhig.
    „Und ich habe nachzudenken. Würde es dir etwas ausmachen, mich eine Weile allein zu lassen?“
    Aamunkoitta kam auf die Füße, senkte den Körper in einer tiefen, aber anmutigen Verbeugung und schlurfte

Weitere Kostenlose Bücher