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Irsud

Irsud

Titel: Irsud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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gefiel. „Vielleicht aber auch nicht. Ich wünschte, das Warten wäre vorbei.“
    „Bleib einen Moment stehen.“ Er tauchte unter dem Gobelin durch und kam wieder zurück; er trug einen Stuhl, schwer, kompliziert geformt, wie ein Thron mit Armlehnen. Vor Anstrengung brummend, stellte er ihn sorgfältig vor das Fußende des Bettes und richtete ihn mit der Verwöhntheit eines Mikrometers zur Mitte hin aus. Dann holte er einen passenden Fußschemel. „Nun. Setz dich und laß mich letzte Hand anlegen.“
    Aleytys kletterte auf den Stuhl; dies bereitete ihr einige Schwierigkeiten, denn dieses große Ding war für die zweieinhalb Meter der Nayid bemessen gewesen. Als sie schließlich saß und ihre kürzeren Beine herunterbaumelten, fühlte sie sich wie ein Kind und ließ die Finger auf den Armlehnen entlangtanzen, in ihrer nervösen Erregung unfähig, stillzusitzen.
    Burash schob den Fußschemel näher und zog die Falten um ihre Beine herum glatt. Die Füße ragten unter dem Saum des Gewandes hervor. Kichernd wackelte sie damit und sah zu, wie sich die blaßgoldenen Zehen bewegten.
    Er schnalzte mißbilligend, indem er seine Zunge gegen den Gaumen schnellen ließ.
    Aleytys schluckte. Sie schloß die Augen, atmete in bewußter Langsamkeit, versuchte, sich zu beruhigen, damit sie sich ohne Ablenkung auf die bevorstehende Zerreißprobe konzentrieren konnte. Nach einigen Augenblicken lehnte sie sich in dem Stuhl zurück; der Kopf ruhte an dem geschnitzten Holz. Sie öffnete die Augen und lächelte das besorgte Gesicht, das neben ihr schwebte, beruhigend an. „Sollte ich nicht Schuhe tragen?“
    Er runzelte mißbilligend die Stirn. „Ich habe nicht daran gedacht. Laß mich, …“ Er eilte davon und kam mit einem kleinen Keramikkrug zurück.
    „Was ist das?“
    „Henna für deine Handflächen und deine Fußsohlen.“ Er zog den Verschluß ab und tauchte einen Finger in die cremige rote Substanz. „Streck deine Hände vor.“
    Nachdem Burash den Wirbel um sie beendet hatte und taktvoll in dem verborgenen Wartezimmer verschwand, wo noch immer die Hiiri hockte, krochen die Minuten für Aleytys auf bleiernen Füßen vorbei. Sie versteifte und wurde müde in ihrer stattlichen Haltung, wagte aber nicht, sich zurückzulehnen und sich zu entspannen. Mit locker im Schoß gefalteten Händen schloß sie die Augen und murmelte: „Harskari. Harskari, sprich zu mir.“
    Die bernsteingelben Augen öffneten sich, und wieder spürte Aleytys voller Ehrfurcht und beinahe Entsetzen die Aura ungeheueren Alters und Weisheit, die von der Präsenz der in ihr erwachenden Zauberin ausgestrahlt wurde. „Macht es dir etwas aus?“ Ihr Flüstern war eine gestammelte Entschuldigung dafür, daß sie Harskari gestört hatte. „Ich brauche Beruhigung, wie ein Baby das Klopfen braucht“, hauchte sie.
    „Du hast deinen Weg gewählt, Aleytys.“ Die Worte waren ruhig und ohne Eile. „Was willst du mehr? Zustimmung?“ Aleytys fühlte ein geistiges Schulterzucken. „Ich habe dir den einzigen Rat gegeben, den ich dir geben konnte. Ziehe Burash zu Rate. Dies hast du getan und diesen Plan gemacht. Sehr gut. Wird er Erfolg haben? Wenn ich in die Zukunft blicken könnte, wäre ich dann hier? Hast du die Bedürfnisse und das Wissen der beteiligten Personen in Erwägung gezogen? Ja. Kannst du zufällige Ereignisse kontrollieren? Nein. Wenn du jetzt versagst, kannst du es wieder versuchen; mit etwas anderem, das besser zu dieser Situation paßt, nachdem du aus der Erfahrung gelernt hast? Ja. Du weißt dies alles, es sind einfach deine Nerven, die vor Aufregung zittern. Entspanne dich. Sukall kommt. Sie wird in wenigen Sekunden hier sein.“ Die bernsteingelben Augen verzogen sich plötzlich zu einem schwachen Lächeln. „Etwas hast du tatsächlich vergessen, Kind. Die Instrumente der Kipu werden das Fehlen des Dämpfers feststellen. Nein. Keine Panik. Ich kann das für dich in Ordnung bringen.“
    Aleytys ballte die Finger zu Fäusten und stieß die Luft in einem kurzen, explosiven Ausbruch aus der Lunge. „Was habe ich sonst noch vergessen?“
    Die gelben Augen blinzelten nachdenklich, plötzlich weiteten sie sich. „Setz dich gerade hin. Reiß dich zusammen. Sukall kommt.“
    Der Gobelin klapperte an den Ringen beiseite, und eine rotgekleidete Wächterin trat forsch in den Raum. Als sie Aleytys in königlicher Ruhe dasitzen und warten sah, zuckten die stummelartigen Fühler überrascht.
    „Gut.“ Aleytys sprach schroff, bevor die Wächterin ein Wort

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