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Irsud

Irsud

Titel: Irsud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Weigerung, sich zu ergeben. Es hielt ihren Rücken gerade und das steife, gekrümmte Lächeln auf ihr Gesicht geheftet.
    Eine massive Tür öffnete sich. Aleytys trat vornehm über die Schwelle. Einen halben Schritt hinter ihr, sagte die Küchenmeisterin mit vor Stolz gerötetem Hals: „Dies sind die Hadaa der Hiiri. Ihr seht, daß wir sie sicher verwahrt halten. Und von den Vorräten fern. Es ist für jede dieser kleinen Bestien ein Ding der Unmöglichkeit, hier hereinzugelangen.“ Sie rümpfte die Nase, dumm, boshaft, verächtlich. „Was sie nicht stehlen, würden sie verderben. Wie Ratten. Zerstörungswütige Bestien ohne genug Verstand, um Eigentum zu respektieren. Ihr müßt wissen, draußen, in der Wildnis, sind sie Tiere. Keinerlei Sittlichkeitsgefühl. Paaren sich mit den eigenen Müttern, kein Zweifel.“ Sie schüttelte sich. Aleytys konnte dies nicht sehen, fühlte jedoch das Schaudern hinter sich, den Haß und den hinterhältigen, unterdrückten Neid, der aus der Psyche der Küchenmeisterin hervorschmetterte. Harskari, hilf mir. Hilf mir. Ihre zitternden Knie wurden schwach, sie schrie nach Kraft, um das Trommelfeuer auf ihre Sinne aushalten zu können. Sie schloß für einen Sekundenbruchteil die Augen.
    „Ruhig, Kind.“ Die tiefe Altstimme war gedehnt und freundlich, ergoß sich wie Honig über ihren verzweifelten Geist. „Sieh geradeaus. Du hattest keinen Anteil daran, diesen Horror zu schaffen, aber du wirst deinen Anteil daran haben, ihn zu beenden, wenn du weiterhin deine Pläne verfolgst.“ Ein schwaches Kichern. „Diejenigen, von denen du den Hiiris noch nichts erzählt hast. Oder Burash. Halte dich an diesen Gedanken, meine Liebe.“
    „Ja.“ Als sie dieses Wort zu den sich schließenden bernsteinfarbenen Augen zurückwarf, durchflutete sie Frohlocken. Sie stieg aus der Verzweiflung empor, inspizierte den feuchtkalten Keller mit seinen schmalen, vergitterten Lichtschächten, die steil zu einem fernen Licht aufstiegen. Drei Reihen schmaler Bretterwände, wie überdimensionale Setzkästen in Quadrate unterteilt, streckten sich von den Wänden aus, in einem jeden Quadrat waren ein paar hölzerne Haken angebracht, auf denen die armseligen Besitztümer der Hiiri aufgehängt waren, ein ärmliches Kleid, oder eine Jacke, eine bestickte Schärpe. Und dieser Geruch. Aleytys zog die Nase kraus. „Ja.“ Sie gähnte geziert. „Bewundernswert. Ah, Kipu, lobt die Küchenmeisterin in meinem Namen, wenn ich bitten darf. Dann laßt uns in angenehmere Umgebung hinaufsteigen. Dieser Geruch …“
    Die Kipu schnippte mit den Fingern. Jemand aus dem Gefolge hastete vor, kniete sich vor Aleytys nieder. Sie wählte eine reich verzierte Medaille aus und reichte sie der Kipu. „Für sorgsames Haushalten mit den Vorräten des Mahazh und allgemeinen Verdienst“, murmelte sie.
    Die Kipu verströmte ätzenden Humor und zynische Selbstzufriedenheit, war erfreut über ihre Schlauheit und empfand Verachtung für die absurde Freude der errötenden, derbgesichtigen Küchenmeisterin an diesem bedeutungslosen Tand; so intonierte die Kipu, deren volle, sonore Stimme mit berechneter Wirkung in dem verwahrlosten Raum widerhallte: „Ich, Kipumahazh des Aasabualu, ernenne Euch zu einer Geehrten unter den Dienern der Königin.“ Sie deutete auf den Boden. „Kniet nieder.“
    Die Küchenmeisterin warf sich auf die Knie, und die Kipu streifte ihr das ockerfarbene Band mit der Metallscheibe über den starr aufrecht gehaltenen Kopf. „Steht auf“, sagte sie forsch.
    Die Scheibe hing wie ein mit Rosinen besetzter Batzen Blätterteig in der Mitte des flachen Brustkorbs der Küchenmeisterin: Die hervorstehenden Buchstaben der Nayidsprache umliefen die Bienengestalt, die sämtliche Besitztümer der Königin schmückte. Die Ehrenwache stand starr aufrecht, dann berührten die Wächterinnen gleichzeitig Stirn und Lippen mit den Händen. Die Küchenmeisterin schritt aus dem Raum, zog stinkende Wolken von Stolz hinter sich her, die Wache marschierte klick-klack hinter ihr her. Aleytys folgte ihnen würdevoll; ihrerseits gefolgt von der Kipu.
    Augen. Nayid-Augen, die aus versteckter Furcht funkelten. Hiiri, lebendig vor Neugier und einer wachsenden Vorfreude, kontrapunktiert von einer ihnen eigenen Angst. Sie folgten ihr zur Treppe, ein feuchtes Miasma von Mutmaßung, Furcht, Lust, Stolz, Arroganz, instinktivem Haß … ah, dem Haß einer Rasse auf die andere, ein Haß, der in ferne Tiefen reichte … tief … tief hinunter in die

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