Irsud
uralten animalischen Instinkte, gedankenlose Reaktionen eines Intellekts, der empfindsam genug geworden war, um andersgeartetes Leben zu berühren und zu sagen: Ich und du, wir beide, haben dieses Leben, das in unseren Adern pocht, und ich und du, wir sind eine Lebensgemeinschaft und teilen Achtung und Liebe, das was wir haben, haben wir, werden wir nicht preisgeben, wir werden einander nicht berauben, wir werden … Wellen von Haß wogten ihr entgegen, instinktiv und bewußt, kein rassistischer Haß, kein abstrakter, kein persönlich bezogener Haß, sondern ein Haß, der zerreißen und zerstören wollte, der sich blutige Fetzen bebenden Fleisches vorstellte, die von hassenden Fingern aus dem lebenden Körper gefetzt wurden, ein packender, langsamer, rasender Tod, den Todbringer und Opfer innig teilten, während ätzendes Empfinden bis ins Innerste der Seele reichte, alle anderen Empfindungen mit einbezog, einschließlich der sexuellen. Sie schmolz vor diesem Haß dahin, Wachs vor einem Feuer, geschmolzene Knochen verwandelten sich in eine zähe Flüssigkeit …
Swardheld toste in ihren Körper, versteifte ihn, hielt ihn aufrecht, hielt die Maske aufrecht, brüllte sie an: „Det svayra! Freyka! Beweg dich. Sieh zu, daß du wieder Mumm in die Knochen kriegst. Wenn du das jetzt hochgehen läßt …“ Wie ein eisiger Wind aus den Bergen machte seine kraftvolle Persönlichkeit ihren Verstand klar und vereinte sich mit der Hitze ihres eigenen Zorns auf ihre Schwäche. Das gefühllose Fehlen von Rücksichtnahme seitens der Kipu, die sie unvorbereitet in den Raum eintreten ließ, in dem Asshrud mit ihren kriecherischen Höflingen wartete, trieb die letzten Fetzen Verwirrung aus ihrem Gehirn. Sie funkelte der Kipu blaugrünes Eis zu, ihr Blick traf auf den rätselhaften Insektenblick, fegte dann an ihr vorbei in den großen Raum hinein.
Augen. Schwarz glitzernde Insektenaugen. Neugier, kalte Zurückweisung, Furcht, Habgier, Machthunger, Ehrgeiz, peitschender Ehrgeiz, kalter, scharf monomanischer Ehrgeiz, überlagert von bitterem Haß, der dem Fleischberg entströmte, der aufgedunsen in einem Thronsessel im hinteren Teil des Raumes saß. Zögernd, die Augen in böswilliger Intensität auf Aleytys gerichtet, nickte Asshrud der Kipu zu, dann berührten ihre Finger kurz die Stirn.
Mit erhobenem Kopf, die Augen ebenfalls funkelnd wie der blaugrüne Kern von Wintereis, wartete Aleytys ab.
Die Stille im Raum wurde ungemütlich. Aleytys kochte vor Wut, weil die Kipu sie eiskalt benutzt hatte, überlebe oder werde vernichtet, es bedeutete der Kipu wenig, außer, daß sie sich beiläufig wünschte, der Plan möge Erfolg haben, da sie daraus beträchtlichen Vorteil ziehen konnte, jedoch würde sie kein Milligramm ihres Atems, kein Ergon Energie verschwenden, um ihn zu fördern.
Kühl und äußerlich gelassen, das kleine, schiefe Lächeln auf dem ausdruckslosen Gesicht, griff Aleytys in die Abgründe in sich selbst hinunter, die in sich vorzufinden ihr schlecht werden ließ, und beförderte eine Handvoll Schlamm zutage. Mit einem widerlichen Gemisch von Frohlocken und Selbstverachtung schleuderte sie Asshrud den sinnbildlichen Schlamm entgegen, sah dann zu, wie er ihren Erguß von Haß und hartnäckiger Aufsässigkeit befleckte und vergehen ließ, ihren Widerstand zerschmolz und verätzte, bis ihre fetten Wangen, hervorgerufen durch die verzweifelte Beklemmung, die in ihr brütete, zitterten.
Die Hände in den weiten Ärmeln der Robe geborgen, schritt Aleytys verwöhnt durch die Menge der Höflinge und trieb mit Ausstrahlungen subtil beunruhigender Emotionen eine Öffnung vor sich her, so daß sie den Thronsessel in dem Augenblick erreichte, in dem sich Asshrud unbeholfen daraus erhob. Sie erstieg die Stufen und ließ sich nieder, zog die Robe eng um ihren Körper, um bewußt den Unterschied zwischen sich und der ungeschlachten Asshrud zu betonen, eine Grausamkeit, die es ihr schlecht werden ließ, aber zu der Rolle gehörte, die sie spielte, und die Erwartungen der Kipu und Asshruds und all der anderen namenlosen Nayids, die sich in dem Raum drängten, erfüllte. Aber eigenartige Gefühle bewegten sich in ihr … bewegten sich … Ich bin nicht so, dachte sie. Gott, ich bin …
Ohne Asshrud zu beachten, wandte sie sich an die Kipu, sprach sie an, ihre sanfte, leicht zischelnde Stimme schnitt durch die emotionsgesättigte Luft. „Macht mich bekannt.“
Augen. Unbehaglich funkelnde Augen, Insektenaugen, die in einem Traum
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