Irsud
schmetterte Angst und Unruhe und Antipathie aus sich heraus, als sei sie entsetzt von mir – und als würde sie mich gleichzeitig hassen. Warum?“
„Die Alte.“ Burash lehnte sich gegen die Rückenlehne des Stuhls und streichelte ihr Haar. „Und ich glaube, sie gehört zu Gapp. Leyta …“
„Hm?“ Sie rieb den Kopf verträumt gegen seine Hand, eine plötzliche Wärme in ihrem Unterleib, die Brustwarzen verhärteten sich.
„Du hast mich einmal gefragt, weshalb ich an jenem ersten Morgen zu dir gekommen bin.“
„Du hast gesagt …“
„Ich weiß.“ Seine Hand glitt tiefer, schmiegte sich an ihren Hals. „Ich weiß. Als ich dich sah, mit dir redete … Danach konnte ich nicht …“ Obwohl er nicht weitersprach, streichelten seine Finger weiter an ihrem Hals auf und ab; sein Inneres war von einem Komplex von Emotionen bewegt, den Aleytys beunruhigend und verwirrend fand, der sie frösteln ließ. Sie lehnte sich zurück und starrte in sein geistesabwesendes Gesicht.
Seine Hand hörte auf, sich zu bewegen. „Ich kam in der Absicht, dich umzubringen, Leyta. Deinen Hals mit meinen Händen zu umklammern und zuzudrücken, bis das Leben dich verlassen hätte. Diese Welt von jenem Fluch zu befreien. Sie hat zu viele, viele Jahre das Leben hier vergiftet. Ich konnte es nicht tun.“ Seine Stimme zerfaserte, und sie fühlte, wie Zorn und Schmerz ihn beherrschten. „Wenn du anders gewesen wärst? Ich weiß nicht. Wenn ich dieses Ding in dir töten könnte, ohne … Ich kann es nicht.“ Er riß sich von ihr los und rannte aus dem Zimmer.
Aleytys glitt von dem Stuhl herunter, wollte ihm nachlaufen. „Burash, mi-Naram, warte …“ Die Tür des Aufzugs glitt zurück, und die Kipu trat heraus. Augenblicklich straffte sich Aleytys, ließ die Maske auf ihrem Gesicht erstarren und verfluchte die ungelegene Ankunft der Nayid. Als die Kipu zur Seite trat, um die Ehrenwache herausmarschieren zu lassen, machte Aleytys den Rücken kerzengerade und schritt geziert einen halben Schritt vor der Kipu her zu ihrem Stuhl. Ohnmächtiger Zorn brodelte in ihr, sie kämpfte dagegen an, versuchte ihre Beherrschung aufrecht zu erhalten, während sie schweigend neben der dürren, unerträglich selbstgefälligen Kipu einhertrippelte; die Schritte der Wache kamen mit militärischer Gleichheit hinter ihnen: klick-klick-klack.
„Gutes Mädchen, Leyta.“
„Ruhig, Kind.“
„Bleu es ihnen ein, Freyka.“
Die drei Flüsterstimmen, Sopran, Alt, Baß, wehten durch ihren Kopf, machten sie kühl und ruhig, auf ein Doppelziel konzentriert: entkommen und vernichten. Entkommen. Vernichten.
14
Hiiri-Augen, dunkel, lebhaft, neugierig, forschend, Blicke, die ihnen in listiger Verschlagenheit folgten, Hiiri-Körper, die sich in heuchlerischer Demut vor der Nayid-Arroganz verneigten, blinder Arroganz, sich hinter Nayid-Rücken wieder aufrichteten, mit spöttischen, düsteren Blicken, die ihrer Unterwürfigkeit Hohn sprachen. Ein Gespinst von Haß und feuriger Wut bildete sich aus ihnen heraus, umhüllte die tauben, nichtsahnenden Körper der Nayids, überflutete Aleytys’ Verstand, bis sie hinter der harten Maske zitterte, die sie unsicher auf dem Gesicht behielt. Gehen –automatisch glitten die Füße über die Fliesen, Meilen um Meilen von ockerfarbenen Tunnels, Vorratsräume, muffig von staubbedeckten Behältnissen, Namen, Namen, Namen, so viele Namen, Bubutt Lapashana Patret Mastitana-uzzin Shiru Nunnana Kurmat Alpapana Shikarun, die Namen glitten geschmeidig von der Zunge der Küchenmeisterin, bis ihr der Kopf schmerzte, ihr Herz hämmerte in dunklem Entsetzen, weil sie so tief unter der Erde war, eingeschlossen in schwach beleuchteten Räumen, dickwandigen Gefängnissen, sie litt, doch ihr Rückgrat versteifte sich des sardonischen Vergnügens wegen, das sich aus der drahtigen, arroganten Kipu heraus ergoß.
Augen. Nayid-Augen, die sich auf sie richteten, neugierig, forschend, halb geschlossen, das Vibrieren von Entsetzen, und von der Kipu kalte Ruhe; sie wartete darauf, daß sie zerbrach, daß sie die Gewalt über das Spiel verlor, drängend, probierend, sie trieb sie bis an die Grenze der Belastbarkeit und weiter, von ihr keine Furcht, Belustigung, zynisch und grausam, die Katze, die mit der Maus spielt, sie dehnte die Illusion der Freiheit aus und wartete bis zum allerletzten Augenblick, um die mit rasiermesserscharfen Klauen bewehrte Pfote auf den Schwanz der fliehenden Maus zu knallen; hartnäckige, störrische
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