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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikka Bender
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Betttuch?»
    Erschrocken läuft der Zimmerjunge weg, nachdem er die Benutzungsspuren gesehen hat, und bringt nach einer Weile ein frisches. Er hält es Ramona hin: «Können Sie machen? Ich nicht können.»
    Frau Unkelbach macht das Bett, Herr Unkelbach gibt dem Boy seinen letzten Fünf-Euro-Schein. AI ist für die Arbeitnehmer vor Ort doch kein schlechtes Modell.
    Nun sind Ramona und Peter nicht zum Beziehen der Betten nach Hurghada gekommen. Sie packen die Strandtasche aus und machen sich auf in Richtung Meer. War der Weg von der Rezeption bis zum Zimmer schon endlos lang, so dauert es bis zum Wasser über eine halbe Stunde. Sie müssen durch Ödland, streifen einen unbewohnten und halb zerstörten Hotelkomplex, lassen ein freies Feld hinter sich, auf dem ein einsames Kamel unter einer genauso einsamen Palme döst. Noch weitere 600 Meter, dann ist es geschafft: Sie sind am Strand angelangt. Eigentlich hätte dort auch das Meer sein sollen, aber wegen Ebbe ist es einen halben Kilometer weiter draußen.
    Zwischen und auf den maroden Strandliegen, mit dem Roten Meer am Horizont, sonnen sich knapp 4000 Menschen aus Wladiwostok, Omsk, Nowosibirsk, Minsk, Kiew und Köln. Da ist kein Platz mehr für Peter und Ramona aus Pulheim.
    «Kannst du mir mal sagen, woher die ganzen Menschen kommen?», fragt Ramona.
    Peter weiß die Antwort: «Im Hotelprospekt steht, dass der ganze Komplex aus fünf Gebäuden besteht mit über 2000 Zimmern. Jeder will heutzutage Sonne, besonders die Menschen, die in kälteren Regionen als rund um Pulheim leben.»
    «Und sieh doch! Überall liegt Dreck herum!»
    «Na, da muss man einfach mal ein Auge zudrücken.»
    «Ich müsste da schon zwei Augen zudrücken, aber dann bin ich blind.»
    Ramona erkennt ihren Peter nicht mehr wieder. Zu Hause legt er so viel Wert auf ihre Sauberkeit, und hier gibt er sich in diesen Dingen ganz entspannt. Na warte, das zahl ich dir heim, denkt sie. Doch im selben Moment weiß sie, dass sie es sowieso nicht schaffen wird, ihr Heim auch nur kurzfristig, für eine kleine Racheaktion, in ein ägyptisches Vier-Sterne Hotel zu verwandeln.
    Der Pool ist die letzte Rettung, wenn im Meer schon kein Wasser ist. In dem Becken scheinen die Schwimmer zu stehen, so überfüllt ist es. Aber auch um ihn herum haben sich viele gutgelaunte und gut laute Feriengäste aus den ehemaligen Sowjetrepubliken versammelt.
    Leere Plastikbecher liegen am Beckenrand oder schwimmen im Wasser, Pappteller mit Fritten stehen mitten in der Sonne, aus den Boxen der Poolbar dröhnt Musik.
    «Ist das Gejaule ägyptische Musik?», fragt Ramona.
    «Nein, das ist Habibi-Musik.» Peter weiß es wieder besser.
    «Bist du sicher? Hör doch mal hin, die singen immer nur Habibi.»
    «Das ist Habibi-Musik.»
    Wütend macht sich Ramona auf zur Poolbar und fragt den Mann hinter dem Tresen: «Entschuldigung, ist das ägyptische Musik, oder ist das Habibi-Musik?»
    «Das ist ägyptische Musik. Habibi heißt nichts anderes als ‹mein Schatz› oder ‹mein Liebling›.»
    Zurück bei Peter, erzählt Ramona ihm brühwarm, was sie eben erfahren hat.
    «Siehst du, mein Schatz», feixt Peter. «Ägyptische Musik ist eben immer auch Habibi-Musik.» Er selbst gönnt sich mittlerweile ein Bier im Plastikbecher, obwohl die Sonne noch nicht untergegangen ist.
    Aber Ramona macht Druck. «Komm, gehen wir aufs Zimmer und ziehen uns fürs Abendessen um. Ich habe Hunger.»
    Nach einem schnellen Standbad im Pool – ganz umsonst soll die lange Tour ja nicht gewesen sein –, sind sie wieder auf ihrem Zimmer. Ramona will sich richtig chic machen. Nach fast zwei Stunden steht sie mit ihren frisch gefönten halblangen, blonden Haaren, ordentlich Lipgloss auf den Lippen, weißer Seidenbluse, schwarzem Rock und schwarzen Pumps vor Peter. Der Absatz ist nicht sehr hoch, das ist extra so ausgesucht, weil beide gleich groß sind und Peter es nicht mag, wenn er zu ihr aufschauen muss. Peter sieht mit seiner grauen Bundfaltenhose und einem blauen Kurzarmhemd, das er über der Hose trägt, im Vergleich zu seiner Frau ein wenig spießig aus.
    Auf der Terrasse vor dem Hauptrestaurant lassen sie sich einen Cocktail bringen, im Plastikbecher. Peter würde sich gern bei Ramona ein wenig revanchieren, wegen ihrer Top-Aufmachung. Aber was soll er ihr hier bieten?
    Ramona scheint ähnliche Gedanken zu haben, denn sie sagt: «Weißt du, Peter, es war einfach ein Fehler, ‹All Inclusive› zu buchen. Aber du wolltest das ja, bei deiner ewigen Angst,

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