Isabellas Unterwerfung
brauche.“
Da war ein merkwürdiger Unterton in Jesses Stimme, den Isabella nicht zuordnen konnte. „Das klingt ziemlich egoistisch.“
„Vielleicht ist das so, ja. Damian gibt und ich nehme. Auf diese Weise leben wir unsere unterschiedlichen Neigungen aus.“
Isabella hatte das Gefühl, ein Schatten glitt über Jesses Gesicht, doch der Augenblick war so schnell vorbei, dass sie glaubte, sich geirrt zu haben. „Und das Schlagen? Ich kann nicht verstehen, wieso es ausgerechnet Schmerz ist, der einem Erfüllung gibt.“ Die Art und Weise, wie Isabella das sagte, verwirrte Jesse. Es klang ganz so, als hätte sie bereits Erfahrung in dieser Richtung. Sie sagte ihm nicht alles, das stand für ihn fest.
„Es geht nicht um Gewalt, Bell. Ja, es ist Schmerz, aber es ist nicht so, dass man einfach drauflos schlägt. Ein guter Dom erkennt die Wünsche und vor allem die Grenzen seines Subs. Am Anfang ist der Schmerz nicht schlimm, er ist ein Reiz, ein Impuls. Wenn sich die Intensität dann erhöht, wandelst du den Schmerz bereits in Lust um. Jeder Schlag erhöht deinen Hunger. Außerdem besteht S/M nicht nur aus Schlagen. Es gibt andere Dominanzformen oder Rollenspiele. Wichtig ist, was dir gefällt. Dein Dom wird sich immer nach deinen Grenzen und Tabus richten. Er ist für deine geistige und körperliche Gesundheit verantwortlich. Und für deine Lust natürlich!“, fügte Jesse mit einem anzüglichen Grinsen hinzu. „Es ist wichtig, einen Partner zu finden, dessen Neigungen die eigenen ergänzen.“
Mittlerweile saßen sie im Schneidersitz auf dem Boden und Isabella bekam ihre erste Theoriestunde in Sachen S/M. „Und Lucian ist ein Dom?“
„Der Beste, den ich je gesehen habe. Er hat die absolute Selbstkontrolle. Bis auf gestern A…“ Jesse brach den Satz ab. Verdammt, das war mehr als er hätte sagen dürfen.
„Gestern Abend?“ Isabellas Wangen färbten sich rot. „Was war gestern Abend? Hast du ihn noch gesehen?“
„Bell, bitte dräng mich nicht. Ich werde dir nichts weiter sagen. Lucian würde mich wahrscheinlich jetzt schon in der Luft zerreißen.“
„Wieso sollte er? Du erzählst ja nicht ein Wort über ihn.“
Jesse musste über ihren Schmollmund lachen, doch dann wurde er wieder ernst.
„Er hat wirklich Eindruck auf dich gemacht, stimmt’s?“
„Es ist mehr, irgendwie tiefer. Er geht mir unter die Haut. Ich bin noch nie einem Mann wie ihm begegnet. Seine bloße Anwesenheit bewirkte komische Sachen bei mir. Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Alles kribbelt in mir, wenn ich nur an ihn denke.“
Ob sie wohl merkte, wie sie sich öffnete und Einblicke in ihr Innerstes zuließ? Jesse bezweifelte das. Was ihn allerdings wirklich irritierte, war die Tatsache, dass sie und Lucian fast die gleichen Worte benutzt hatten. Er geht mir unter die Haut. Genau das hatte Lucian auch von ihr gesagt.
Isabella dachte verlegen an den Morgen, als sie mit wilden Fantasien über diesen Mann erwacht war und sich selbst befriedigt hatte. Jetzt hatte sie einen Namen für ihre Fantasien, und ihr wurde schon wieder heiß. An diesem Morgen hatte sie die ersten Höhepunkte ihres Lebens gehabt, und dass es der kurze Impuls des Schmerzes gewesen war, der ihr den Kick gebracht hatte, beschämte sie zutiefst. Allerdings war die Befriedigung durch den erlebten Orgasmus nicht aus ihrem Körper gewichen. Eine tiefe Zufriedenheit und Ruhe erfüllte sie. Was konnte daran schlecht sein?
Jesse grinste sie frech an. „Ich bringe mich in Teufels Küche, aber ich sag es dir trotzdem. Damian war sehr wütend auf seinen Bruder, als er dich so aufgewühlt erlebt hat. Er wollte ihn zur Rede stellen und wir sind noch in den Club gefahren. Lucian war genauso durch den Wind wie du.“
Das Erste, was Isabella durch den Kopf ging, war eine giftige Antwort. Keine Sekunde glaubte sie daran, dass Damian wütend würde, weil Isabella durcheinander war. Sie war sicher, dass Damian sich nur für einen interessierte und das war Damian selbst. Doch dann versetzte es Isabella einen Stich, zu hören, dass Lucian gestern noch in diesem Club war. Hatte er die Frau getroffen, die sie auf dem Foto gesehen hatte und die er offenbar kannte? Hatte er mit ihr geschlafen, während Isabella sich nur ihren unerfüllten Fantasien hingeben konnte?
Jesse sah, wie sich Isabellas Miene verschloss und deutete ihre Gedanken richtig. „Er war nicht bei den Frauen. Er hat sich betrunken, und dass du das jetzt weißt, wird ihm nicht
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