Isabellas Unterwerfung
Abend.
Um zehn war sie in der Galerie. Grinsend warf sie einen Blick auf Lucians Bild, da hörte sie bereits die ersten Besucher. Es wurde fast so voll wie am Tag der Eröffnung, und Isabella war mehr als einmal versucht, Jesse anzurufen. Doch Jesse hatte samstags seinen freien Tag, und der war ihm heilig. Außerdem hatte er in den vergangenen Wochen genug geschuftet. Auf jeden Fall hatte Isabella keine Zeit, um zu grübeln, und das genoss sie. Es war bereits fünf Uhr am Nachmittag, als sie fast alle Fotos verkauft hatte, auch das Bild von Lucian. Irgendwie hatte es ihr wehgetan, es zu verkaufen, aber sie war Geschäftsfrau. In einer der Nischen traf sie auf Benni Duttly.
„Können Sie sich die Bilder von Ihrem Schreiberling-Gehalt überhaupt leisten, Duttly?“
„Charmant, charmant, wie immer.“ Mit einem breiten Grinsen drehte er sich zu ihr um. „Die Ausstellung war ein Riesenerfolg, nicht wahr? An fast allen Bildern sehe ich rote Punkte.“ Er deutete auf das Bild, das vor ihm hing. Es zeigte eine Frau in einem Käfig. Sie hatte langes blondes Haar, das sich wie ein Vorhang um ihren zusammengekauerten Körper ergoss. Das Foto war im Weichzeichner-Stil und verhüllte somit die Identität der Person.
„Ja. Scheint ganz so, als steht New York derzeit auf Erotik.“
„Das ist schon lange so. Ich hätte nur nicht gedacht, dass Sie das merken.“
„Sie sind unverschämt, Duttly, aber das ist nichts Neues. Haben Sie nun Interesse an einem der Bilder?“
„Wie Sie schon sagten, sie sind zu teuer und außerdem für meine kleine Wohnung zu groß. Wäre es nicht möglich, kleinere Abzüge herzustellen, für den Otto-Normal-Verbraucher?“
„Das ist eine Kunstgalerie, Duttly, kein Ramschladen. Meine Kunden bezahlen viel Geld, damit sie ein Einzelstück bekommen und nichts von der Stange.“
„Es gibt von allen Gemälden Kunstdrucke und da beschwert sich auch niemand.“
Etwas an Duttlys Stimme irritierte Isabella. Er hatte ernsthaftes Interesse an diesem Bild. Isabella sah es sich noch einmal genau an. Die Frau hatte etwas sehr Verletzliches, wie sie da so durch die Gitterstäbe sah, etwas Flehendes.
Duttlys Grinsen irritierte sie. „Ich werde mich dann mal um meine zahlende Kundschaft kümmern.“
„Warum können Sie mich nicht leiden, Isabella?“, fragte er unvermittelt.
Sie stutzte. „Weil Sie mich mal zu einem Sexobjekt degradieren wollten, Duttly.“ Ihre Stimme war eisig, genau wie ihr Blick.
„Das ist über vier Jahre her, und Sie müssen zugeben, dass Sie eine schöne Frau sind. Welcher Mann gerät da nicht ins Schwärmen?“
„Ich neige dazu, nachtragend zu sein. Und was Ihre Männerfantasien betrifft, die interessieren mich rein gar nicht. Sie werden mich nicht in die Schublade eines kleinen Dummchens hineinpressen.“
„Das hatte ich nie vor, Isabella. Sie sind eine bemerkenswerte Frau, in vielerlei Hinsicht, bemerkenswert schön, bemerkenswert intelligent und bemerkenswert kalt. Warum gibt es keinen Mann an Ihrer Seite?“
„Weil es nur sehr wenige Männer gibt, die nicht so sind wie Sie, Duttly, und ich musste die Erfahrung machen, dass diese Männer dann alle schwul sind. Schreiben Sie doch einfach, dass Isabella Steen lesbisch ist, und damit haben die Spekulationen dann ein Ende.“
„Aber ich weiß, dass es nicht so ist.“
„Woher wollen Sie das wissen?“, fragte sie provozierend.
„Lesbische Frauen haben nicht eine solche Ausstrahlung wie Sie.“
Er grinste nicht und machte auch sonst keine schlüpfrigen Äußerungen. Benni Duttly stand einfach nur vor ihr und sah sie ernst an.
„Sie bedienen ein Klischee. Und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, Sie versuchen mit mir zu flirten.“
„Und was spricht dagegen?“
Für einen kurzen Moment verlor sie den Boden unter den Füßen. Was war nur los mit den Männern? Jahrelang war sie die Eisprinzessin gewesen, kalt, unnahbar, gefühllos. So hatte Duttly sie in einem seiner ersten Artikel beschrieben. Jetzt war er heute schon der Zweite, der sie anmachte. In dieser Position fühlte sie sich nicht wohl, und Duttly war nicht der Typ Mann, der ihr Interesse wecken würde, selbst wenn die ersten Begegnungen weniger unerfreulich gelaufen wären. Sie drehte sich einfach um und wollte ihn stehen lassen.
„Bitte überlegen Sie sich das mit den Bildern noch mal, Isabella. Ich bin sicher, dass es noch mehr Kunden wie mich gibt, die die Bilder fantastisch finden, sie sich aber nicht leisten können.“
Sie war
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