Isabellas Unterwerfung
Damian vor sich, als er dreizehn Jahre alt war. Tränenüberströmt klammerte sich der kleine Kerl an ihn und wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Auch Lucian hatte nicht gewusst, wie er es schaffen sollte, seinem Bruder die Eltern zu ersetzen. Irgendwie hatte er es geschafft. Er hatte gearbeitet wie ein Tier, hatte Damian die beste Ausbildung ermöglicht, hatte seine Zukunft gesichert. Aber bei alldem hatte er einen entscheidenden Punkt nicht berücksichtigt. Liebe! Es war ihm nicht möglich gewesen, seinem Bruder die Liebe zu geben, die er in diesem Alter gebraucht hätte. Lucian war immer sehr verschlossen gewesen. Schon als Kind hatte er seine Probleme lieber mit sich allein ausgemacht, statt um Hilfe zu bitten. Und das hatte er auch von Damian erwartet, doch Damian war nicht wie er. Damian war weicher, sensibler, und Lucian hatte das nicht gesehen.
Damian stand auf und räumte das Geschirr zusammen. „Es ist besser, wenn du gehst.“
„Es tut mir leid. Ja, ich hätte mehr für dich da sein sollen, ich hätte dir meine Liebe mehr zeigen müssen. Aber ich war genauso überfordert wie du. Du hast mich nicht enttäuscht. Ich bin stolz, dass du den Mut gefunden hast, dich dem zu stellen.“
Damian setzte sich erschöpft auf seinen Stuhl zurück. „Das hatte nichts mit Mut zu tun. Es war reine Verzweiflung. Ich spürte, dass ich Jesse verliere, wenn ich mich nicht oute.“
Lucian drehte sein Glas in der Hand, sah die rote Flüssigkeit und erinnerte sich an das Blut auf Jesses Brust. „Ist schon komisch. Wir sollten besser wissen als andere Menschen, was es bedeutet, sein wahres Ich zu verleugnen“, sagte Lucian traurig. „Vergessen wir die Lektion unseres ersten Outings so schnell?“ Und dann sah er Isabellas entsetzten Blick, ihre Angst und Verunsicherung. Wenn er mit Damian früher geredet hätte, wäre das alles nicht passiert. Dann hätte er sie nicht verloren. Es war allein seine Schuld.
„Lu?“
Lucian blickte zu Damian auf.
„Was ist los mit dir?“ Damian kannte seinen Bruder besser, als er sich selbst. Das Lächeln auf seinem Gesicht konnte die Einsamkeit und Verzweiflung in seinen Augen nicht verbergen.
„Sie hat mich verlassen.“ Lucian blickte wieder in sein Rotweinglas.
„Wer? Isabella?“
Lucian nickte. Sein Gesicht war eine marmorne Maske, unbewegt, kalt, emotionslos. Ein sicheres Zeichen für Damian, das Lucian heftige Gefühle vor ihm verbarg. „Sie ist fort, und ich weiß nicht, wie ich das ertragen soll.“
„Was findest du an ihr? Sie ist zickig und gefühlskalt und arrogant.“ Als Damian das sagte, bemerkte er, dass all diese Eigenschaften auch auf Lucian zutrafen, wenn man ihn nicht so kannte wie er. Alle sahen nur den berechnenden Geschäftsmann oder den kontrollierten Dom, doch Damian kannte einen anderen Lucian, der sich nachts aus dem Haus schlich, zum Grab ihrer Eltern ging und sie um Rat fragte. Oder den Lucian, der nächtelang am Bett seines Bruders saß und über ihn wachte, wenn er krank war.
Es war dieser Lucian, der jetzt mit fester Stimme sagte: „Das ist nur eine Fassade. Sie ist nicht so.“ Das Grün in seinen Augen wurde dunkler, als er begann, Isabella zu beschreiben. „Sie hat eine Fähigkeit zur Hingabe, die ist unglaublich. Isabella ist eine starke, selbstbewusste Frau, und gleichzeitig so verletzlich. Sie bringt mich zum Lachen, Damian. Sie kann wild und hemmungslos sein, und im nächsten Augenblick steigt ihr die Schamesröte ins Gesicht. Sie ist so gegensätzlich, so aufregend. Ich bin unzähligen Frauen begegnet, aber keiner wie ihr. Sie kann Hure und Heilige sein, Kind und erwachsen. Isabella ist die eine für mich.“
„Mein Gott, Lu, du bist verknallt.“
„Nein, das ist er nicht. Er ist verliebt. Zum ersten Mal in seinem ist Lucian Green verliebt.“ Jesse stand im Türrahmen.
Lucians Blick ging durch ihn hindurch, in die Ferne, hin zu Isabella. „Ja.“, hauchte er. „Und ich weiß nicht, wie ich damit klarkommen soll.“
Jesse setzte sich neben Lucian. „Sie vermisst dich. Sie wird zurückkommen.“
„Aber sie vertraut mir nicht mehr.“
„Sie vertraut sich selbst nicht mehr. Isabella ist keine Frau, die vor einem Problem davonläuft. Wenn sie mit sich im Reinen ist, wird sie zu dir kommen. Beweis ihr, dass du ihr Vertrauen nicht missbrauchst.“
Jesse warf Damian einen vielsagenden Blick zu. „Ihr müsst ehrlich und offen miteinander sein. Das Einzige, was Isabella dir nie verzeihen wird, ist lügen.“
„Wie
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