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Isabelle

Isabelle

Titel: Isabelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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die schönen Erinnerungen. Er betrachtete die Fältchen und Linien rund um ihre grünen Augen und die schmalen Lippen, die bei den einen vom Lachen und bei den anderen vom Gegenteil stammten, und fing an, sich ihre Angaben zu notieren.
    »Ihr Mann hieß Visser, richtig?«
    »Ich habe meinen Namen aus praktischen Erwägungen heraus behalten«, erklärte sie abweisend. »Meine Firma läuft auf den Namen Colijn.«
    Max legte seinen angenagten Kuli hin. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Sie wissen, was mit meinem Mann geschehen ist?«
    Max antwortete ganz unverblümt: »Ihr Mann wurde in einem Gasthaus erschossen, während er mit einer Serviererin im Bett lag.« Er sah, wie sie schluckte. »Ich möchte Sie gleich von Anfang an warnen. Es ist unklug, der Polizei ins Handwerk zu pfuschen.«
    »Ich will nur wissen, wer dieses Mädchen ist. Die Polizei ermittelt in einer ganz anderen Richtung. Ich will alles über sie wissen. Ich weiß noch nicht einmal, wo sie wohnt. Sie heißt Isabelle Mertens. Die Polizei hat ihre Adresse nicht an die Presse weitergegeben, offenbar um ihre Privatsphäre zu schützen, und auch mir haben sie sie nicht verraten.«
    »Um zu verhindern, dass Sie ihr den Schädel einschlagen?«, erkundigte sich Max.
    Judiths Augen blitzten. »Sie verstehen überhaupt nichts!«
    »Dann erklären Sie es mir.«
    Sie spitzte die Lippen. »Ihr Arbeitgeber bezeichnete es als einen einfachen Auftrag: Sie sollen lediglich eine Akte über eine Person anlegen. Wenn Ihnen das zu kompliziert ist, suche ich mir eben jemand anderen.« Ihr Griff um die Tasche auf ihrem Schoß wurde fester.
    Max ließ ihr den »Arbeitgeber« durchgehen. »Das steht Ihnen frei«, sagte er. »Aber ich habe nun einmal das Problem, dass ich nicht nach Dingen suchen kann, wenn ich nicht weiß, warum ich nach ihnen suche.«
    Meulendijk musste ihn in den höchsten Tönen gelobt haben, dachte Max, als die Frau sitzen blieb. Sie seufzte. »Sie meinen, dass ich noch einmal dieselben Fragen be antworten muss. Über meine Ehe und so weiter.«
    »Das wäre ein Anfang.«
    »Ich habe immer geglaubt, wir führten eine normale Ehe, obwohl wir beide recht verschieden waren. Für mich ist meine Firma sehr wichtig, während er diese Dinge weniger ernst nahm. Er war nicht so ehrgeizig wie ich. Was sonst noch? Wir haben keine Kinder.«
    »Warum nicht?«, fragte Max.
    Wieder biss sie sich auf die Unterlippe. Max sah eine Reihe schneeweißer Zähne. Ein Vorderzahn stand ein wenig schief, eine weitere Eigenschaft, durch die sie viel leicht wirklich hinreißend gewesen wäre, wenn sie nur jemand mit auf eine einsame Insel genommen und ihr dort den bitteren Zug um den Mund weggeliebt hätte, sodass ihre gesellschaftlichen Ambitionen bedeutungslos geworden wären. »Ben konnte keine Kinder zeugen. Aber das war nicht … Mit unserer Ehe war alles in Ordnung.« Sie suchte nach Worten. Ihre Verwirrung hinterließ einen Riss in ihrem Panzer und verlieh ihr etwas Verletzliches. »Ich hätte nie gedacht, dass es für ihn einen Grund gab, sich eine Geliebte zu nehmen. Natürlich war nicht immer alles eitel Sonnenschein, aber das gilt schließlich für jede Ehe. Glaube ich jedenfalls.« Letzteres fügte sie zögernd hinzu, während sie den Staub auf dem Holz seines Ak tenschranks betrachtete.
    »Sie glauben, dass die Frau ihn verführt hat«, half ihr Max. »Aber er wird doch zumindest daran beteiligt gewe sen sein.«
    Sie antwortete mit einem kurzen Nicken, legte aber so fort danach den Kopf schief, als wolle sie ihre Zustim mung verschleiern. »Welche Frau geht denn schon in der ersten Nacht mit einem Mann ins Bett?«
    »Wer sagt denn, dass es das erste Mal war?«
    »Wenn nicht, hätte ich es gewusst. Ich bin doch nicht blind. Ben und ich wollten an diesem Abend mit einem Bankier zu Abend essen. Es war ein wichtiger Termin. Wenn er dieses Mädchen schon länger gekannt hätte, hätte er sich an einem anderen Abend mit ihr verabredet.
    Sie sind sich an diesem Tag zum ersten Mal begegnet, und er war so aus der Fassung, dass er es noch nicht einmal für nötig hielt, mich anzurufen und sich eine Ausrede einfallen zu lassen.« Sie schaute Max an. »Ich glaube, dass sie eine Prostituierte ist.«
    »Der erste Teil ihrer Argumentation klingt vernünftig«, sagte Max nach einer kurzen Pause. »Ihre Verabredung zum Essen, kein Anruf, das erste Mal, das kann alles hin hauen. Aber das heißt noch nicht, dass sie eine Prostitu ierte sein muss. Liebe auf den ersten Blick gibt es durch

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