Isarblues: Der dritte Fall für Max Raintaler (German Edition)
Max hatte den Wink mit dem Zaunpfahl kapiert. Logisch, Getränk
gegen Information. Wie im Krimi. Aber allemal ein günstiges Geschäft. Solange es
bei einem Glas blieb. Oder zwei. Oder drei.
»Ein Bierchen
wäre nett, Max. Dann spuckt dein Informant auch gleich alles aus.« Josef grinste
breit.
Max bestellte
zwei Bier bei dem glatzköpfigen Gentlemanbarmann im dunklen Anzug nebst weißem Hemd
und Schlips. Als der die vollen Gläser wenig später mit einem professionellen augenbrauenlosen
Lächeln vor ihnen auf dem Tresen platzierte, griffen sie gleichzeitig zu, stießen
an und tranken erst mal einen großen Schluck.
»Das war
bitter nötig bei der Hitzewelle zur Zeit. Das hört ja nicht mal nachts auf.« Josef
stöhnte wohlig und wischte sich mit dem Handrücken den weißen Schaum aus dem dunklen
Bart. »Hey, passt doch auf, ihr Deppen«, rief er gleich darauf den übermütigen Mitgliedern
eines vorbeiziehenden Polonaisetrupps zu, die ihn der Reihe nach anrempelten und
dabei sein kostbares Bier zum Überschwappen brachten. »Also gut, Max«, fuhr er fort,
sobald wieder Ruhe eingekehrt war. »Es gibt da ein Gerücht über Holzer und Nagel,
das sich seit Jahren hartnäckig hält. Demnach sollen sie von Zeit zu Zeit sehr junge
Mädchen in ihr Studio zum Casting einladen. Und wenn ich sehr jung sage, meine ich
auch sehr jung. Den Rest kannst du dir denken.«
»Und woher
weißt du das?«
»Jeder weiß
es. Aber keiner redet laut darüber. Auch die Mädchen sagen nichts. Sie werden von
den beiden eingeschüchtert, wenn sie mit ihnen fertig sind. Oder mit kleinen finanziellen
Abfindungen mundtot gemacht. Oder beides. Das habe ich aber alles nur gehört. Beweisen
könnte ich es dir nicht.«
»Dann hat
die beiden bestimmt auch noch niemand direkt darauf angesprochen.« Max schaute nachdenklich
über die Köpfe der Anwesenden hinweg.
»Soviel
ich weiß, nicht. Davon hätte man gehört. Bisher konnte ihnen wohl niemand etwas
nachweisen.«
»Nun. Einen
Versuch wäre es vielleicht wert. Danke, Josef. Hm. Alte Deppen aus dem Musikbusiness,
die auf junges Gemüse stehen. Schau mal einer an. Wie fallen die Mädchen bloß immer
wieder auf so miese Typen rein. Versteh ich nicht. Du etwa?« Max schüttelte konsterniert
den Kopf.
»Nein. Jung
ist schön und gut. Und ein bisschen zu jung auch. Du kennst mich ja, Max. Aber gerade
mal sechzehn oder siebzehn finde sogar ich kriminell.« Josef trank noch einen Schluck
Bier.
»Eben, Josef.
Genau so sehe ich das auch. Das Bier hast du dir redlich verdient. Willst du noch
eins?«
»Da sage
ich natürlich nicht nein.« Josef zwirbelte an den zitternden Enden seines langen
Schnurrbartes, während Max noch einmal zwei Bier bestellte. Der Gastraum war inzwischen
bis auf den letzten Stehplatz gefüllt und die Musik wurde immer lauter. Fetzige
Partyschlager im Discofoxtempo von Udo Jürgens, Roland Kaiser, Bernhard Brink, Wolfgang
Petry, Peter Wackel, Andrea Berg und wie sie alle hießen. Die bunt gemischte Meute
tanzte überall im Lokal. Eine Gruppe älterer Geschäftsleute stand auf ihrem Tisch
und alle Gäste brüllten begeistert die Refrains mit. Wahnsinnsstimmung, dachte Max.
Das geht hier ja noch mehr ab als bei jedem Rockkonzert. Gar nicht schlecht. Hätte
ich nicht gedacht. Jemand klopfte ihm auf die Schulter. Er drehte sich um.
»Hallo,
Max. Was macht denn ein alter Rocker wie du hier bei den Schlagerfans?« Irene stand
vor ihm. Ihr rotes Minikleid von vorhin hatte sie gegen ein goldverziertes, dunkelblaues
T-Shirt und ein paar hautenge Hotpants, wie man sie aus den Siebzigerjahren kannte,
eingetauscht. Ihre blonde Mähne hatte sie hochgesteckt, sodass ihr mehr als ansehnlicher
Nacken frei war.
»Ja, hallo,
Irene.« Er hob erstaunt die Brauen. Was wollte die denn hier? Sollte sie nicht längst
im Bett sein? Hatte sie ihn vorhin bewusst angeschwindelt? Und wieso schlich sie
sich eigentlich jedes Mal von hinten an? Verfolgte sie ihn am Ende etwa doch im
Auftrag ihrer verlogenen Arbeitgeber? »Das Gleiche hat mich mein Freund Josef hier
gerade auch gefragt«, fuhr er mit einem kurzen Kopfnicken in Josefs Richtung fort.
»Nennen wir es mal Milieustudien für meinen Artikel über Burgl. Witzig, dass du
auch hier bist. Hast du vorhin im Biergarten nicht gesagt, dass du genau wie ich
keine Schlager magst? Keine Lust zum Schlafen gehabt?«
»Hallo,
Josef. Ich bin Irene«, stellte sie sich zunächst einmal vor, wie es sich gehörte.
»Hallo,
Irene. Josef Stirner. Freut mich sehr,
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