Isarblues: Der dritte Fall für Max Raintaler (German Edition)
eigentlich seinen letzten persönlichen Brief bekommen? Von seinen
Eltern? Kurz bevor sie vor fünf Jahren ihren tödlichen Unfall hatten? Nein, nein.
Tante Isolde hatte ihm danach noch zwei-, dreimal geschrieben. Richtig. Damals hatte
sie noch hier in der Wohnung gewohnt. Und jetzt lag sie auch schon seit gut zwei
Jahren auf dem Ostfriedhof, nicht weit von den Eltern entfernt. Ja, so war das.
Das Leben veränderte sich ständig. Bis man sich eines Tages selbst vom Acker machte.
Hoffentlich noch nicht so bald. Ein paar Bierchen sollte man vorher schon noch trinken.
Und ein paar Asse beim Tennis schlagen. Er stellte sich unter die Dusche. Als ihn
die ersten eiskalten Tropfen trafen, stöhnte er wohlig auf.
Um halb
vier mit Frau Bauer einkaufen gehen, rekapitulierte er währenddessen für sich. Na
gut. Und danach würde er noch mal bei Fritz Bär vorbeischauen. Wenn der die Bänder
geklaut hatte, würde Max es herauskriegen. Bald würde Licht in die verzwickte Angelegenheit
kommen. Das roch er. Als er genügend abgekühlt war, trocknete er sich ab, begab
sich ins Schlafzimmer, zog sich an, trat fröhlich pfeifend ins Treppenhaus hinaus
und klingelte an der Tür seiner Nachbarin. Sie öffnete ihm lächelnd in ihrem hellblauen
leichten Baumwollkleid mit dem Blumenmuster.
»Ach, wie
schön, dass Sie mitkommen, Herr Raintaler. Mein Bertram ist einfach zu schwach bei
der Hitze. Und mir fällt das Gehen zur Zeit, ehrlich gesagt, auch nicht gerade leicht.«
»Kein Problem,
Frau Bauer. Wo fahren wir denn hin?«
»Zum Supermarkt
und zum Bäcker müsste ich. Sonst nichts.«
»Na, das
schaffen wir doch locker. Tragen Sie mich die Treppe hinunter?«
»Ach, Sie
immer mit Ihren Scherzen, Herr Raintaler.«
Er nahm
ihr die Einkaufstaschen ab. Dann stiegen sie lachend zu seinem Auto hinunter. Als
sie davor ankamen, öffnete Max ihr galant die Beifahrertür, half ihr beim Einsteigen
und schnallte sie an. Es konnte losgehen.
Im Supermarkt
schob er den Einkaufswagen und Frau Bauer lud fleißig alles ein, was sie brauchte.
Ehe er sich versah, war das wackelige Drahtgefährt voll bis an den Rand.
»Sagen Sie
mal, Frau Bauer. Rechnen Sie in nächster Zeit mit einer Hungersnot?«, erkundigte
er sich mit Blick auf die gestapelten Massen von Nudeln, Kartoffeln, Reis, Zucker,
Mehl, Gemüse, Obst, Wurst und Käse. Und wer durfte das ganze Zeug nachher in ihre
Wohnung rauftragen? Er natürlich, Herrschaftszeiten.
»Ach, Herr
Raintaler. Das reicht doch gerade mal für die nächsten zwei Wochen. Und für Sie
fällt natürlich auch wieder etwas ab.« Sie zwinkerte ihm verschwörerisch zu.
»Gulasch
mit Nudeln?«
»Natürlich.«
»Und original
Bauer’scher Käsekuchen?«
»Auch das.«
»Dann gehe
ich schnell und hole noch einen Einkaufswagen. Laden Sie ein soviel Sie wollen,
Frau Bauer.« Beide lachten.
Wieder zuhause
angekommen trug Max ihr die schweren Taschen nach oben. Zweimal die Treppen rauf
und runter. Genau genommen hätte er danach gleich wieder duschen können.
»Vielen
Dank, Herr Raintaler. Ihre Tante Isolde, Gott hab sie selig, wäre stolz auf Sie.«
Frau Bauer strich ihm großmütterlich mit den Fingern über die Wange, als er die
letzte Fuhre vor ihrer Tür abgestellt hatte.
»Gern geschehen,
Frau Bauer. So, jetzt muss ich aber weiter.« Max nahm ihre faltige Hand und tätschelte
sie.
»Ein neuer
Fall für den Sherlock Holmes aus Thalkirchen?«
»Sie haben
es erfasst. Eine mysteriöse Angelegenheit.« Er setzte ein geheimnisvolles Gesicht
auf.
»Ach, wirklich?
Um was geht es denn?«
»Ich sage
nur – Diebstahl.«
»Oh!«
»Und dann
sage ich noch – Mord. Es wird gefährlich.«
»Oh je!
Um Himmels willen, Herr Raintaler! Passen Sie bloß gut auf sich auf. Was sollte
ich denn bloß ohne Sie anfangen?« Sie riss erschrocken die Augen auf.
»Mach ich,
Frau Bauer. Einen schönen Tag noch und Gruß an Ihren Bertram. Legen Sie ihm einen
kalten Lappen auf die Stirn, damit ihm kühler wird.«
»Mach ich.
Auf Wiedersehen. Und vielen Dank noch mal. Sie sind wirklich ein Engel.« Das Lächeln,
mit dem sie ihn bedachte, war hingebungsvoll.
»Das Kompliment
kann ich nur zurückgeben.« Max grinste und stieg die Treppe hinunter. Die gute Frau
Bauer, dachte er. Sie ist und bleibt die reizendste alte Dame der Welt. Durch und
durch nett und anständig. Wenn auch manchmal ein bisschen übereifrig. Zum Beispiel
dann, wenn sie ihm ungefragt ihre Haushaltstipps zu den Themen Spülen, Staubsaugen
und Ordnung halten gab. Aber sie
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