Isarblues: Der dritte Fall für Max Raintaler (German Edition)
selbst
ziemlich nett war. Wenn sie nicht gerade beleidigt war.
»Dann sei
doch froh, dass du bei Holzer und Nagel gekündigt hast«, meinte er. »Da musstest
du dich doch total unter Wert verkaufen.«
»Lieb von
dir, dass du das sagst.« Sie schenkte ihm einen zärtlichen Blick.
Was für
eine tolle Frau, dachte er. Sie sieht aus wie ein Filmstar. Sie ist intelligent
wie eine Professorin. Sie trinkt Bier wie ein Fuhrknecht. Und sie nimmt dich zum
zweiten Mal zu sich nach Hause mit. Das reinste Gottesgeschenk, Raintaler. Versau
es bloß nicht wieder.
»Wieso hast
du eigentlich gekündigt?«
»Ich habe
die Fotos auf Holzers Schreibtisch und ihre roten Gesichter gesehen, als ich zu
euch reinkam. Da hat es mir dann irgendwie endgültig gereicht. Diese miesen Typen!«
»Braves
Mädchen.« Er umarmte sie und küsste sie innig.
»Nur Geduld.
Es ist nicht mehr weit, Max.« Irene spürte, dass er sie nicht nur küssen wollte.
»Hoffentlich«,
raunte er.
Sie überquerten
die große Brücke, über die der Tag und Nacht von Autos überfüllte, mittlere Ring
führte. Die Isar wälzte sich silbrig im Mondlicht aufflackernd darunter hinweg.
An ihren Ufern leuchteten zahlreiche Feuer. Etliche Cliquen junger Leute feierten
wie jeden Sommer zur Ferienzeit ihre Grillpartys. Trotz des Autolärms war die Musik
aus ihren tragbaren CD-Playern, ihr lautes Lachen und ihr Geschrei bis zu Max und
Irene herauf zu hören.
Max dachte
daran, wie er Ende der Siebzigerjahre selbst sein Abitur gefeiert hatte. Damals
hatten sie keine tragbaren Radios oder CD-Player gehabt. Er und seine Freunde hatten
selbst musiziert. Der Geist von Flowerpower und Hippiefeeling war nach wie vor in
der Luft gelegen. Man hörte und sang überall Songs von Bob Dylan oder C.C.R. oder
Crosby, Stills, Nash and Young. Die Burschen trugen zum Teil längere Haare als die
Mädchen und jeder sprach von freier Liebe und Selbstbestimmung. ›Wer zweimal mit
derselben pennt, gehört schon zum Establishment‹ hieß es in den Kommunenkreisen.
Sie hatten
endlos Zeit damals. Ihr ganzes Leben lag noch vor ihnen. Kein Aids, keine Angst
davor, keinen Job zu bekommen. Stattdessen jeden Tag neue Ideen und neue Drogen,
die den Kopf vom spießigen Mief der Vorväter befreien sollten. Freiheit und Liebe.
Doch auch der Tod gehörte dazu. Viele seiner Freunde waren viel zu jung gestorben.
Meist wegen zu viel Drogen. Ihre Idole hatten es ihnen vorgemacht. Jimi Hendrix,
Janis Joplin, Jim Morrison und all die anderen. Neil Young
sang damals ›Its’s better to burn out, than to fade away‹. Was dachten
die Kids eigentlich heute? Safety first? Wie viel Arbeitslosengeld werde ich bekommen?
Und für wie lange? Es ist sowieso alles sinnlos? Herrschaftszeiten. Was hatte er
alles in allem doch für ein Glück mit seiner Jugend gehabt. Arm in Arm verließen
sie die Brücke und bogen nach links ab.
Bald darauf
kamen sie an dem Fußballplatz vorbei, auf dem damals schon der junge Obergiesinger
Franz Beckenbauer gegen die Untergiesinger gespielt hatte. Heiliger Rasen! Dann
folgten die Bahnunterführung und das Schwimmbad, in dem Irene sich so gerne abkühlte.
Sie bogen rechts ab und marschierten zurück in Richtung der Gleise zur nächsten
Bahnunterführung. Irene wollte Max unbedingt ein kleines griechisches Lokal ganz
in der Nähe zeigen. Mit einem schnuckeligen überwucherten Biergarten, wie sie meinte.
Ein neuer Biergarten! Dafür nahm er den kleinen Umweg gern in Kauf. Schon von weitem
hörten sie fröhliches Geplauder und Gelächter. Dann standen sie davor. Man hatte
ein paar einfache Plastiktische vor der Tür, und seitlich vom Haus Biergartenbänke
und -tische in einer Art Garageneinfahrt aufgestellt. Fast alle Plätze waren belegt.
»Hier trinken
wir noch eins. Der Laden gefällt mir«, stieß Max erfreut hervor. »Komisch, dass
ich noch nie hier war. Es liegt doch sozusagen gleich ums Eck.«
»Manche
Preziosen entdeckt man eben erst spät im Leben«, wusste Irene und lächelte ihn vielsagend
an.
»Da magst
du wohl recht haben«, erwiderte er und küsste sie.
Sie setzten
sich zu zwei Paaren im mittleren Alter, an deren Tisch gerade zwei Plätze frei geworden
waren. Die Frauen waren ausnehmend hübsch und blond und, so wie es aussah, genauso
angetrunken und fröhlich wie ihre ebenfalls blonden Begleiter.
»Hallo.
Was darf ich Ihnen bringen?« Eine weitere, ausnehmend gutaussehende Blondine war
am Tisch aufgetaucht und hielt freundlich lächelnd ihren Quittungsblock und einen
Kuli
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