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Isarbrodeln

Isarbrodeln

Titel: Isarbrodeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerwien
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graue Plastiktablett vor sich ab und deutete mit der Hand auf die Schankbude, während er sich setzte. Erfreut stellte er dabei fest, dass sie den Tisch jetzt für sich alleine hatten. Die Geschäftsleute waren offenbar gegangen, während er weg gewesen war.
    »Wahnsinn. Eine echt große Schlange. Und so viele hübsche, junge Blondinen stehen darin.« Monikas Stimme triefte vor Ironie.
    »Wie?« Er sah sie an, als hätte sie Mandarin gesprochen. Auch eine der vielen Sprachen dieser Welt, die ihm nicht geläufig waren. Obwohl er durchaus mehrere Sprachen beherrschte. Nämlich Bayrisch, Hochdeutsch und Englisch, um genau zu sein. Und Französisch. Das aber nur mangelhaft.
    »Sag mal, mein Bester. Glaubst du im Ernst, du könntest deiner ältesten Freundin etwas verheimlichen? Ich habe dich natürlich mit deiner attraktiven Gesprächspartnerin gesehen. Euer nettes Versteckspielchen war ja auch nicht zu übersehen. Wer ist sie denn?«
    »Ach so, die. Das war eine Bekannte vom Revier. Die hat früher bei uns Praktikum gemacht.«
    »Ja, da schau her. Schon wieder mal eine Praktikantin. Fast ein bisserl alt dafür. Oder?«
    »Wieso? Früher war sie noch jung.«
    »Was es nicht alles gibt.«
    Was hat sie bloß schon wieder?, dachte Max. Schließlich ist es doch sie, die absolut keine feste Beziehung will. Da darf sie dann aber auch nicht giftig werden, wenn ich andere Frauen kenne. Oder zufällig mit ihnen rede. Herrschaftszeiten.
    »Ja, so ist das«, konstatierte er mit fester Stimme. »Ob Giovanni im Himmel wohl auch mit anderen Frauen spricht? Oder Engeln? Oder wartet er auf Clara? Was meinst du, Moni?«
    »Keine Ahnung, Max.«
    »Ich auch nicht.«

12
     
     
    Max betrat, trotz seiner latent vorhandenen Angst vor einer Ansteckung mit dem berüchtigten Krankenhausvirus, todesmutig die kleine Privatklinik nahe der Isar, in der Clara lag. Er ignorierte die unfreundliche mollige Empfangsdame, über die Monika sich bei ihrem letzten Besuch so aufgeregt hatte, geflissentlich und steuerte direkt den Aufzug an. Monika hatte ihm vorhin im Biergarten noch erklärt, dass man Clara von der Intensivstation gleich in den zweiten Stock auf Zimmer zweiundzwanzig verlegt hatte. Oben angelangt ging er den Flur hinunter, bis er vor der besagten Tür stand. Er klopfte an.
    »Herein«, hörte er es leise von drinnen.
    Als er im Zimmer stand, erschrak er. Clara, die ganz hinten neben dem Fenster lag, bot einen erbarmungswürdigen Anblick. Ihr Gesicht war totenblass und ihre Augen ragten dick angeschwollen und rot vom Weinen daraus hervor.
    »Hallo, Max. Schön, dass du mich besuchen kommst. Wo ist Monika?« Sie klang, als hätte sie zu viel geraucht und getrunken und anschließend noch mit einem Kilo Sand gegurgelt.
    »Hallo, Clara«, erwiderte er leise, während er sich mit vorsichtigen Schritten ihrem Bett näherte. »Du klingst total sexy mit deiner heiseren Stimme … Nur ein Scherz. Egal. Tja. Moni hat es leider nicht mehr geschafft. Sie musste in ihre Kneipe, weil eine Bierlieferung kommt. Wie geht es dir? Du siehst krank aus. Hast du dich hier etwa mit irgendwas angesteckt? Einem Virus?«
    »Nein, wie kommst du denn darauf? Aber es geht mir trotzdem nicht so toll.« Sie schniefte kurz. Zwei kleine Tränen schossen ihr in die Augenwinkel. Erleichtert über die gute Nachricht mit dem nichtvorhandenen Virus, setzte sich Max zu ihr auf die Bettkante, gab ihr ein Küsschen auf die Wange und nahm ihre rechte Hand zwischen seine Hände.
    »Geben sie dir auch genug zu essen?«, erkundigte er sich, weil er keine Ahnung hatte, was man bei einem Krankenbesuch normalerweise so sagte. Schließlich war er erst einmal in einem Krankenhaus gewesen. Damals vor 15 Jahren, als sein Vater die Lungenentzündung gehabt hatte.
    »Doch, schon. Aber mein Giovanni …« Sie schluchzte laut auf. »Ich kann ihn einfach nicht vergessen. Und dann ist letzte Nacht auch noch die nette alte Frau im Bett neben mir gestorben. Ich will nach Hause, Max.« Sie drückte seine Hände mit ihrer Hand.
    »Bist du ganz sicher?« Er drückte vorsichtig zurück.
    »Ja, zu Hause kann ich wenigstens etwas tun. Hier drinnen werde ich noch verrückt. Andauernd drehen sich nur die Gedanken an Giovanni in meinem Kopf.«
    »Das verstehe ich gut, Clara. Ich muss auch andauernd an ihn denken. Und die vielen Viren in so einem Krankenhaus sind auch nicht ganz ungefährlich. Glaube mir. Ich gehe mal vor die Tür und versuche einen Arzt aufzutreiben. Und wenn der sagt, dass es in Ordnung geht,

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