Isarbrodeln
Eine seiner leichtesten Übungen, da er schon im Lokal seiner Eltern von klein auf mitgeholfen hatte. Ist doch Ehrensache, dass du sie unterstützt, Raintaler. So toll geht es ihr bestimmt auch nicht nach diesem mörderischen Geburtstagskater gestern. Und eins ist sicher: Sie wird in Zukunft immer an Giovannis Tod denken, sobald sie Geburtstag hat. Genau wie du. Also was soll’s? Gehst du halt in dich, führst dir noch mal die Fakten, die du hast, vor Augen und spülst dabei Biergläser. Aber vorher rufst du bei Paolo an. Am besten jetzt gleich. Er hat schließlich jeden Tag mit Giovanni zusammengearbeitet und geredet. Da wäre es doch geradezu ein Witz, wenn ihm nicht wenigstens irgendeine Kleinigkeit aufgefallen wäre, die Rückschlüsse auf den Mörder zulässt. Herrschaftszeiten.
13
»Hallo, Max! Hier bin ich. Hier drüben.« Annika winkte ihm vom selben Ecktisch aus zu, an dem sie sich vorgestern kennengelernt hatten.
Es war kurz vor acht. Ja, gibt es denn so was? Eine pünktliche Frau. Respekt. Und fesch sieht sie obendrein aus in ihrer dunkelblauen Jacke und mit den langen blonden Haaren.
»Hallo, Annika. Schön, dass du hergefunden hast«, begrüßte er sie forsch, als er bei ihr ankam.
»Wäre das nicht mein Text gewesen? Schließlich sitze ich schon eine Weile«, erwiderte sie ironisch lächelnd.
Sieh mal an. Auf den Mund gefallen ist sie wirklich nicht. Er musste grinsen. Dann zog er seine schwarze Lederjacke aus, hängte sie an einen der Garderobehaken in der Wand und ließ sich auf dem dunkelbraunen Polster des breiten Stuhls ihr schräg gegenüber nieder.
Sein Anruf bei Paolo gestern Abend hatte keine konkreten Erkenntnisse im Mordfall Giovanni gebracht. Außer der, dass anscheinend sehr viele Leute scharf auf Giovannis geheimes Pizzarezept gewesen waren. Der junge Koch hatte ihm versprochen, sich umzuhören, wer alles deswegen Ärger mit Giovanni gehabt hatte. Man würde sehen. Heute Vormittag hatte er dann noch bei Franz angerufen. Aber der wusste im Moment auch nichts, was Max in Sachen Mord an Giovanni weitergebracht hätte. Also hatte er, um sich von den Gedanken an seinen toten Freund abzulenken, nach langer Zeit mal wieder seine Wohnung durchgeputzt. Monika und Frau Bauer würden nicht das Geringste auszusetzen haben, wenn sie ihn das nächste Mal besuchen kämen. Als er damit fertig gewesen war, hatte er noch ausgiebig geduscht und anschließend ein Tennisspiel im Fernsehen verfolgt. Dann war es auch schon Zeit gewesen, sich für das Treffen mit Annika anzuziehen.
»Wie geht es dir?«, fragte er sie jetzt.
»Ganz gut«, antwortete sie. »Nur ein bisschen kaputt. Die EDV-Kurse, die wir besuchen, sind teilweise ganz schön ermüdend.«
»Ich hasse diese Computer. Schon bei der Kripo habe ich mich immer um die Arbeit daran gedrückt. Aber hilfreich sind sie schon. Ich hab sogar selbst einen daheim, für E-Mails und so.«
»Merkwürdig. Mein Ex hat ungefähr dasselbe gesagt.« Sie sah ihn nachdenklich an.
»Und? Was hast du gestern noch so gemacht? Warst du noch mal im Biergarten?« Max beeilte sich, das Thema zu wechseln. Was habe ich mit ihrem Ex zu tun? Doch wohl nicht das Geringste.
»Nein. Ich war bis fünf in meinem Kurs und dann bin ich ins Hotel zurückgefahren.«
»Und deine Freundinnen, diese Jutta und … äh …«
»… Bärbel?«
»Ja genau, Bärbel. Sind die auch dabei gewesen?«
»Wird das jetzt ein Verhör, Herr Exkommissar?« Sie sah ihn irritiert an.
»Nein, natürlich nicht.« Mann, klingt die auf einmal genervt. Max blickte ebenso irritiert zurück. »Ich wollte einfach nur freundlich sein«, fuhr er schnell fort. »Nur so. Smalltalk, du weißt schon. Wir können gerne über etwas anderes reden.«
»Entschuldige, Max. War nicht böse gemeint«, lenkte sie etwas freundlicher ein. »Ich bin manchmal ein bisschen empfindlich. Natürlich waren Bärbel und Jutta dabei. Sie sind ja meine Kolleginnen. Und meine Freundinnen. Wir haben zusammen noch was an der Hotelbar getrunken und sind dann bald ins Bett gegangen. Jeden Abend auf der Piste zu sein, halte ich nicht mehr so gut durch wie früher. Ich bekomme Kopfweh davon.«
»Geht mir genauso. Aber ich bemühe mich trotzdem, es zu schaffen. Und ich muss sagen, es sieht gut aus.«
Na also. Sie kann ja sogar lachen. Und wie! Wann hat Monika eigentlich das letzte Mal so herzhaft über einen Spruch von mir gelacht?
Rosi erschien professionell gut gelaunt und hektisch wie immer an ihrem Tisch. »Servus, Max.
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