Isarbrodeln
verdrehte die Augen.
»Aber du hast sie noch nie angehabt. Oder?«
»Ich habe sie einige Male angehabt. Und du hast mich auch schon ein paar Mal gefragt, ob sie neu sei, Max. Kommt jetzt zu deiner andauernden Hypochondrie auch noch Alzheimer dazu? Oder gar Rinderwahn?«
Monika konnte schon immer extrem genervt dreinschauen, wenn es sein musste.
»Echt? Du hast sie schon angehabt?« Max wollte gar nicht glauben, dass er gerade wieder mal einen Aussetzer hatte.
»Ja, echt.«
»Merkwürdig, weiß ich gar nicht mehr.« Wahrscheinlich irrt sie sich … Bestimmt.
»Wo wart ihr denn gestern? Haben sie dir was ins Bier geschüttet? Vergesslichkeitspulver vielleicht?«
Was ist denn los? Wieso wird sie denn gleich so aggressiv?
»Erst im ›Keller in der Au‹. Und danach sind wir noch in ›Rosis Bierstuben‹ gelandet. Hätte Rosi mir doch bloß Vergesslichkeitspulver hineingetan. Dann müsste ich nicht andauernd an Giovanni denken.« Er sah sie lange an. Die Tränen stiegen ihm in die Augen.
»Entschuldige, Max. Ich bin manchmal echt ekelhaft. Aber mir geht Giovanni auch nicht aus dem Kopf. Und du weißt ja, dass ich ungenießbar sein kann, wenn mich was beschäftigt.« Sie legte ihre Hand an seine Wange und streichelte ihn.
»Passt schon, Moni. Lass uns losgehen!« Er schniefte kurz und setzte ein schiefes Lächeln auf.
»Was meinst du? Sollen wir zum Biergarten nach Großhesselohe runtermarschieren und dort zur Abwechslung mal kein Bier, sondern einen Kaffee trinken?«
»Gute Idee. Machen wir, Moni.«
»Was war denn jetzt genau mit diesen Lucabrüdern?«, wollte sie wissen, nachdem sie eine Zeit lang unterwegs gewesen waren.
»Sie haben beide, wie gesagt, ein wasserdichtes Alibi. Wurden von etlichen Zeugen in der Großmarkthalle gesehen, die jeden Eid darauf schwören würden, dass sie sich von dort den ganzen Vormittag lang nicht wegbewegt haben.«
»Und jetzt?«
»Jetzt fange ich wieder von vorne an. Wie schon so oft.« Max warf einen der Kiesel, die er gerade aufgehoben hatte, so weit er konnte ins Flussbett hinein. Den nächsten, einen breiten flachen, ließ er auf dem Wasser springen. Mist! Nur dreimal. Das konnte er besser.
»Mir wird schon was einfallen«, meinte er dann. »Auf jeden Fall muss ich Clara noch mal genau befragen. Und Paolo. Sie sind im Moment die einzigen Anhaltspunkte, die ich habe. Nur sie wissen letztlich, wie viele und welche Feinde Giovanni hatte, wenn er denn welche hatte. Meinst du, wir können auf dem Rückweg noch kurz bei ihr im Krankenhaus vorbeischauen? Es liegt ja fast auf dem Weg.« Er blickte sie fragend an.
»Na klar. Ich wollte sie sowieso noch mal besuchen.« Monika trat einen Schritt beiseite, um einen wild klingelnden Radfahrer vorbeizulassen. Der bedankte sich dafür auf seine ganz eigene Art, indem er im Vorbeifahren mit ausgestrecktem, erhobenem Mittelfinger laut über die »Scheißfußgänger überall« schimpfte. Auf einem Fußweg im Grünen wohlgemerkt.
»Geh, schleich dich doch, du Arschloch«, grantelte Max ärgerlich und warf ihm den letzten Kiesel, den er noch von seinen Wasserwurfspielen her in der Hand hatte, hinterher.
Dass er den unfreundlichen Zeitgenossen damit voll am Hinterkopf treffen würde, hatte er gar nicht erwartet. Und der rasende Rambo im grellbunten, hautengen Radleroutfit bestimmt auch nicht. Er hielt an, rieb sich fluchend die Stelle, wo er getroffen worden war, stieg ab und drehte sich um.
»Komm her, du Wichser, dann hau ich dir eine aufs Maul!«, tönte er aus seiner sicheren Entfernung.
Statt seiner Einladung zu folgen, hob Max blitzschnell noch ein paar weitere Steine vom Boden auf und begann, ihn damit zu bombardieren. Ein Stein nach dem anderen. Immer weiter. Solange, bis sein Kontrahent laut um Hilfe rufend auf seinen Drahtesel kletterte und sich davonmachte, so schnell er nur konnte.
»Hau bloß ab, du Traumtänzer! Aber ganz schnell!«, plärrte ihm Max wutentbrannt mit rot angelaufenem Gesicht hinterher.
Er hatte die Nase schon lange gestrichen voll von den vielen aggressiven Deppen, die Münchens Wege und Straßen unsicher machten. Egal ob Fußgänger, Radfahrer oder Autofahrer, fast jeder benahm sich rücksichtslos wie der letzte Mensch und beschwerte sich dabei aber immer nur über die anderen. Schon als junger Polizist war ihm diese egomanische Platzhirschmentalität gegen den Strich gegangen. Vor allem dann, wenn deswegen auch noch Verletzte oder sogar Tote zu beklagen waren. Was gar nicht so selten vorkam, wenn
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