Isarbrodeln
einen wunderschönen Biergarten an einem kleinen See nicht weit von hier. Sollen wir auf ein Glas hinschauen?« Er blickte der hübschen Nordseefee fragend ins Gesicht.
»Na klar. Warum nicht? Wenn es bei einem Glas bleibt?«
»Das weiß man im Biergarten nie so genau. Kommt immer darauf an, wer einem über den Weg läuft. Da kann es auch auf einmal Abend werden, ohne dass man es richtig mitbekommt.«
»Na, gut. Dann lassen wir uns eben überraschen.« Annika lachte wieder und küsste ihn flüchtig auf die Wange.
Da schau her. Sie scheint heute wirklich besser drauf zu sein als letztes Mal. Nur weiter so.
»Was hast du eigentlich mit deinem Finger gemacht?«, wollte sie noch wissen, als sie gleich darauf aufbrachen. Sie zeigte auf den kleinen Verband an Max’ linker Hand.
»Ach, nichts weiter«, spielte er die Sache tapfer herunter. »Nur ein kleiner Schnitt. Brennt zwar manchmal noch höllisch, ist aber nicht weiter wild.«
Sie ließen die Liegewiesen hinter sich und spazierten unter riesigen Buchen, Linden und Eichen nordwärts zum Kleinhessloher See. Dem Treffpunkt von Wasservögeln jeder Art mitten in der Stadt. Wenn man ihnen ganz nahe sein wollte, konnte man sich ein Tretboot oder ein Ruderboot mieten. Das Bier in dem meist gut besuchten Biergarten am Ostufer war zwar etwas teurer als üblich, dafür wurde der Gast mit einer traumhaften Aussicht entschädigt.
»Wunderbar.« Annika seufzte überwältigt von der Schönheit der künstlich geschaffenen Natur rund um sie herum. »Wer hat denn diesen riesigen Garten eigentlich angelegt?«
»Das kann ich dir sogar ganz genau sagen. Der gute Mann hieß Friedrich Ludwig von Sckell. Den Auftrag dazu hat er vom pfälzischen Kurfürsten Carl Theodor bekommen, der das Land vom kinderlosen bayrischen Kurfürsten Maximilan geerbt hatte.«
»Aha. Und woher wissen Sie das so genau, Herr Fremdenführer?« Sie lachte und machte ein erstauntes Gesicht.
Ja, ja. Mit meinen profunden Geschichtskenntnissen konnte ich schon immer gut punkten, amüsierte sich Max innerlich.
»So was weiß man einfach. Gehört bei uns zur Schulbildung. Heimatkunde.« Er hob schulmeisterlich seinen intakten rechten Zeigefinger.
»Aha. Respekt. Gut gemerkt.« Sie lächelte immer noch.
Gott sei Dank. Bis jetzt hatte er anscheinend alles richtig gemacht.
»Ich hole uns was zu trinken. Du musst unbedingt ein Weißbier probieren. Okay?«
»Gerne. Kenne ich aber schon längst. Bei uns zu Hause in Hamburg gibt es das auch. Und zwar seit Jahren.«
»Aber so gut wie hier schmeckt es bestimmt nicht. Bis gleich. Übrigens, ich mag dein Lachen.« Er blickte sie offen an.
»Ich deins auch«, kam ihre prompte Antwort.
Herrschaftszeiten. Die war ja so was von freundlich heute. Unglaublich. War das wirklich dieselbe Frau, mit der er in ›Rosis Bierstuben‹ und in der ›Bar Verona‹ gewesen war?
»Diese Touristen, keine Ahnung von Weißbier«, murmelte er, als er sich gleich darauf umdrehte. »Ein Weißbier muss man da trinken, wo es gemacht wird. In der salzigen Nordseeluft kann das doch gar nicht so gut schmecken wie hier bei uns.« Er schlenderte gemütlich zum Ausschank und kam nach ein paar Minuten mit zwei vollen Gläsern wieder zurück.
»Verrätst du mir bitte, wo hier die Toiletten sind?«, fragte Annika, nachdem sie den ersten Schluck des heiligen Getränks genossen und höflich gewürdigt hatte.
»So schnell geht das bei dir?« Max lachte über seinen gelungenen Scherz. Doch sie gab sich nur gnädig. Er merkte sofort, dass sein Humor gerade nicht so gut bei ihr ankam. Oh je. Das Treffen hatte so nett begonnen. Hoffentlich rastete sie nicht gleich wieder aus.
»Pass auf«, fuhr er fort, um schnell von seiner misslungenen Pointe abzulenken. »Das ist ganz einfach. Du gehst erst dort hinter, dann ein kleines Stück rechts und dann siehst du sie schon auf der linken Seite. Es ist so ein kleines, gelb bemaltes Gebäude. Warte, ich gebe dir fünfzig Cent mit. Die kassieren dort fröhlich ab.«
»Echt, hier im Biergarten auch?« Sie runzelte die Stirn, so als würde sie ihm nicht glauben.
»Echt, Annika. Warte noch ein paar Jahre, dann bezahlen wir auch noch für die Luft, die wir einatmen. Oder sie erfinden eine Furzsteuer.«
»Also bitte, Max.« Sie rümpfte die Nase, schüttelte angewidert den Kopf und machte sich auf den Weg.
Schön ist es hier, dachte er währenddessen. Die Sonne scheint, dass der See nur so glitzert. Nicht zu viele Leute sind unterwegs. Und Annika macht
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