Isarbrodeln
unterhielten sie sich über Musik und die manchmal echt lahme Münchner Szene und tranken gemütlich vor sich hin. Die Gläser waren schnell geleert und Max holte noch einmal zwei volle. Sie tranken weiter und bemerkten dabei gar nicht, wie die Zeit verging, und dass Annika und Jane eigentlich längst von der Toilette hätten zurück sein müssen. Nach einer halben Stunde sah Max zufällig auf die Uhr und blickte sich anschließend suchend um.
»Wo bleiben eigentlich unsere beiden Hübschen?«, fragte er. »Haben die zwei fesche Millionäre aufgerissen und sich gedacht, lass uns die Musiker in die Wüste schicken?«
»Kann schon sein. Reich wird man ja auf keinen Fall mit unserem schönen Hobby«, antwortete Mike und lachte.
»Aber eine halbe Stunde ist wirklich lange für einmal was auch immer auf der Toilette. Ich glaube, ich schau mal nach, was da los ist. Bleibst du so lange hier, Mike?«
»Mach ich. Aber vorher hole ich noch zwei Weißbier. Okay?«
»Ich habe es fast befürchtet«, antwortete Max. »Aber gut. Zwei mehr können jetzt auch nicht mehr schaden. Stimmt’s?«
»Stimmt. Den kürzesten Musikerwitz kennst du ja, oder?«
»Welchen?«
»Welchen? Es gibt bloß einen. Pass auf, er geht so. Gehen zwei Musiker an einer Kneipe vorbei.«
»Ja, so ein Schmarrn.« Natürlich kannte er den Witz. Trotzdem musste Max lachen. Nach drei Weißbieren sah man die Welt eben mit anderen Augen. Da konnte es dann sogar vorkommen, dass man sich ausgiebig über Witze amüsierte, die man bereits in- und auswendig kannte. Ach, Giovanni, könntest du das hier doch noch miterleben. Du hättest deinen Spaß mit uns gehabt. Garantiert, mein alter Freund.
Als er bei den Toiletten ankam, fiel ihm ein Krankenwagen auf, der ein paar Meter davon entfernt geparkt war. Daneben erkannte er Jane, die mit den Händen zu gestikulieren begann, als sie ihn kommen sah. Da wird doch niemand ins Klo gefallen sein, dachte er kurz, rief sich aber gleich wieder zur Ordnung. Herrschaftszeiten, Raintaler. Etwas mehr Ernst bitte. Was, wenn Annika etwas zugestoßen ist?
»Hey, Jane. Wo bleibt ihr denn? Wo ist Annika?«, fragte er, als er vor Mikes platinblonder Managerin und Stilistin stand.
»Ich bin hier, Max«, meldete sich daraufhin Annikas Stimme aus dem Inneren des ockerfarbenen Transporters.
Er ließ Jane stehen, wo sie stand, und lief um den Wagen herum, bis er vor der geöffneten hinteren Tür ankam. Annika lag auf einer Bahre und bekam gerade eine Spritze.
»Ja, um Gottes willen, Annika. Was ist denn passiert?«
»Nichts Schlimmes, Max. Ein Hund hat mich mit seinen scharfen Krallen gekratzt, als er an mir hochsprang. Hier schau mal hin.« Sie streckte ihm ihr linkes Bein hin. Die weiße Jeans hatte einen langen, rot gefärbten Riss unter dem Knie.
»Oha! Und wozu die Spritze?« Max sah sie verwirrt an.
»Tetanus. Mein Retter hier hat gemeint, das müsse sein.« Sie zeigte auf den jungen, gut aussehenden Notarzt neben ihr.
»Ich hatte Glück. Zufällig stand der Krankenwagen hier, weil eine ältere Touristin einen Kreislaufkollaps hatte.«
»Ach so. Na, Gott sei Dank. Ja, und wo ist das Herrchen von dem Untier? Oder das Frauchen?«, wollte Max wissen.
»Der Kerl dürfte inzwischen über alle Berge sein. Ich soll dir übrigens etwas von ihm ausrichten: ›Sag dem Bullen, er soll sich raushalten‹. Da hat er doch bestimmt dich gemeint, oder?«
»Keine Ahnung. Wie sah er denn aus?«
»Es war so ein kleiner, schwarzhaariger Lockenkopf. Seinem Akzent nach hätte er Italiener sein können.«
»Na, schau mal an. Und der Hund?«
»Ich glaube, das war so ein Pitbull.«
Max horchte auf. Kampfhund? Kleiner italienischer Lockenkopf? Das kommt mir doch bekannt vor. Wenn das mal nicht einer der abgängigen Burschen aus der ›Bar Verona‹ ist. Wäre zwar schon ein Riesenzufall. Aber auf keinen Fall unmöglich. Vielleicht verfolgt er mich ja, weil er sauer auf mich ist. Immerhin habe ich seinen Boss ausgeknockt. Auf jeden Fall schien er gewusst zu haben, dass ich hier bin. Sonst hätte er Annika nicht diese Botschaft hinterlassen. Am Ende war es auch er, der die Drohbotschaft an meine Windschutzscheibe geklemmt hat. Logisch. Bestimmt hat er mich bereits von der ›Bar Verona‹ aus verfolgt, als ich mit Annika dort war. Hat er aus irgendeinem Grund etwa da schon gewusst, dass ich Giovannis Mörder jage?
»Na, da hast du aber Glück gehabt. Wenn der dich gebissen hätte, würde dein Bein bestimmt ganz anders ausschauen«, sagte er und
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