Isarbrodeln
aber doch nichts. Wie schon die ganze Zeit über. Und jetzt lasse ich die Sache erst mal eine Weile lang ruhen.«
»Bis du deinen nächsten Geistesblitz hast?« Sie sah ihn weiter an, als würde sie ihn gar nicht sehen.
»Nein, bis ich einen wirklich überzeugenden Verdacht und Beweise habe. Oder ein Geständnis.« Max suchte ihre Augen. Doch sie wich seinem Blick aus. Ist sie wirklich diejenige welche? Die Frau, die ich immer gesucht habe? Oder ist sie auch bloß wie alle anderen bisher? Hübsch, verführerisch, klug und nett auf der einen Seite und grantig und besserwisserisch auf der anderen. Da kann ich auch gleich bei Moni bleiben. Der ihre Macken und Launen kenne ich wenigstens schon. Herrschaftszeiten. Was bin ich bloß für ein berechnendes Arschloch. Aber was bleibt einem auch anderes übrig in dieser komplizierten Welt?
»Sollen wir uns da drüben setzen?« Sie zeigte auf einen eingedeckten Tisch für zwei Personen gleich beim Fenster.
»Gerne. Dann haben wir es nicht so weit zum Büffet.« Er lächelte freundlich.
Sie holten sich ihre Teller und begannen, die herrlichsten Sachen aufzuladen: Schinken, Lachs, Eier, Heringssalat, Käse, Salami und Früchte. Es gab wirklich alles, was das Herz begehrte. Man sollte nie wieder zu Hause frühstücken und schon gar nicht alleine, dachte Max.
»Einfach köstlich!«, stöhnte er mit vollem Bauch, als sie fertig gegessen hatten. »Ich glaube, wenn ich das jeden Tag hätte, könnte ich bald keinen Sport mehr treiben, so dick und rund würde ich werden.«
»Ja. Gott sei Dank hat man es nicht jeden Tag«, leierte Annika, als würde sie ein Interview im Fernsehen geben oder mit ihrem Friseur tratschen. »Ich fürchte, ich muss zu Hause auch erst mal wieder etwas kürzer treten, was das Essen betrifft. Stell dir vor, ich habe doch glatt zwei Kilo zugelegt in den zwei Wochen, die ich jetzt hier bin. Jede Woche ein Kilo. In ein paar Jahren hätte ich das Gewicht einer Elefantenkuh, wenn es so weiterginge.«
Von was redet ihr da gerade eigentlich, Raintaler? Vom Essen und vom Dickwerden. Der reinste oberflächliche Small Talk wie bei irgend so einem bescheuerten Sektempfang. Das ist ja furchtbar. Willst du im Ernst immer noch ihr Herz gewinnen? Oder hast du nicht schon längst resigniert? Mit einem kurzen Tête-à-tête auf ihrem Zimmer wird es ja wohl sowieso nichts mehr, so unterkühlt wie sie tut. Außerdem muss sie bestimmt noch packen, bevor sie zum Flughafen fährt. Und mal ehrlich. So toll, wie du gedacht hast, ist sie auch wieder nicht. Schau dir bloß mal Moni dagegen an. Die hat doch viel mehr Klasse. Also komm. Verschieb das Ganze lieber auf eine unbestimmte Zukunft. Das ist im Moment wirklich das Beste, was du tun kannst.
»Annika, ich wollte dich mal was fragen«, begann er.
»Na, dann frag doch. Wir sind unter uns.«
Da war sie schon wieder. Diese ganz bestimmte, schnippische Art von ihr, die einfach nur nervte. Komisch. Das war ihm am Anfang noch gar nicht so aufgefallen. Sollte er etwa blind vor Verliebtheit gewesen sein?
»Also gut. Ich wollte dich fragen, ob du dir vorstellen könntest, dass ich mal zu dir nach Hamburg komme?«
»Na klar, Max. Wieso denn nicht? Ruf einfach vorher an. Würde mich freuen. Natürlich nur, wenn du da oben nicht einen deiner gefährlichen Fälle lösen musst. Ganz in der Nähe von meinem Haus gibt es eine nette, kleine Pension …«
»Wenn ich dich besuche, komme ich natürlich nicht in offizieller Mission, sondern privat«, beruhigte er sie. »Und wenn du mich mal wieder besuchen willst, bist du auch immer willkommen. Jederzeit.«
»Ich würde gerne noch ein bisschen rausgehen. Du auch?«, erwiderte sie, ohne auch nur im Mindesten auf sein Angebot zu reagieren.
»Das klingt nach einer vernünftigen Idee, Annika. Die frische Luft wird uns nach diesem opulenten Mahl guttun. Gehen wir für ein paar Minuten an die Isar?« Alles klar, dachte er. Die Sache ist gelaufen. Deutlicher geht es nicht. Vergiss sie einfach. Aber bleib höflich.
»Prima. Gute Idee.«
Sie saßen noch eine Weile lang mehr oder weniger schweigend auf einer Bank beim Fluss. Dann meinte Annika, dass es höchste Zeit für sie wäre, ihre Sachen zu packen. Sie küssten sich zum Abschied auf die Wangen wie gute Bekannte. Danach eilte sie in ihr Hotel und Max machte sich langsam auf den Heimweg. Um halb zwölf würden sich alle zum Fußballspiel treffen. Und vorher musste er nur noch seine Schuhe und das Trikot von zu Hause
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