Isarbrodeln
auf seinen Platz.
»Danke. Ich bin sowieso fast fertig«, erwiderte Franz. »Und was geschah dann? Wir wissen nämlich außerdem, dass Sie einen heftigen Streit wegen des Geldes mit Giovanni hatten. Warum haben Sie uns das eigentlich alles bei Ihrer Aussage verschwiegen?« Gleich habe ich dich an der Angel, dachte er und zog noch einmal kräftig an seiner Zigarette, bevor er sie hustend ausdrückte.
»Ich habe nichts gesagt, weil ich dachte, es ist nicht wichtig. Ich habe Giovanni nichts getan. Freunde streiten, aber sie bringen sich deswegen nicht gleich gegenseitig um.« Paolo zuckte nur mit den Achseln.
»Und wieso gab es diesen Streit überhaupt?« Franz ließ nicht locker.
»Giovanni wollte auf einmal das ganze Geld von mir zurück. Alles. Obwohl wir vorher die Ratenzahlung abgemacht hatten. Er hat gesagt, er wolle Clara ein neues Auto kaufen und deshalb müsse ich ihm sein ganzes Geld auf einmal und sofort zurückgeben. Und da gab es dann eben Streit.«
»Und dabei haben Sie Giovanni in Ihrer Wut erschlagen. So war es doch, oder?«
»Nein, um Gottes willen. Was denken Sie da bloß?« Paolo raufte sich genervt seine schwarzen Rastalocken. »Wir haben gestritten und dann bin ich wütend nach Hause gegangen«, fuhr er fort. »Meine Arbeit war an diesem Tag ja auch schon erledigt.« Er sah nicht so aus, als würde er jetzt immer noch mit irgendetwas hinter dem Berg halten.
»Und dann?«, fragte Franz weiter.
»Wie und dann? Nichts. Ich habe Giovanni nicht getötet.«
»Haben Sie ihm das Geld zurückgegeben?«
»Bis jetzt nicht. Ich hatte ja meine anderen Schulden damit bezahlt. Es war alles weg. Aber ich habe noch in der gleichen Nacht meine Eltern zu Hause in Italien angerufen, und sie versprachen mir, die Summe zu überweisen. Das haben sie auch getan. Heute Nachmittag. Und morgen gebe ich Clara Giovannis Geld zurück. Dann kann sie endlich ihr neues Auto kaufen. Wenn sie es jetzt, wo er tot ist, überhaupt noch braucht. Sie hat ja seins.«
Tja, damit entfällt dieses Motiv wohl. Oder? Franz sah zu Max hinüber. Der nickte nur langsam mit dem Kopf, als hätte er die Gedanken seines Freundes gehört und wollte ihm sagen, dass er es ja gleich gesagt habe.
»Werden Sie weiter bei Clara Vitali arbeiten?«, erkundigte sich der kleine, dicke Hauptkommissar etwas freundlicher als bisher. Wieso interessiert ihn denn das jetzt, wunderte sich Max. Das hat doch nichts mit dem Streit zu tun. Aber halt. Vielleicht will er einfach nur ganz sichergehen, dass Paolo kein schlechtes Gewissen hat. Wenn er der Mörder wäre, würde er wohl bestimmt nicht für die Frau seines Opfers arbeiten wollen, oder? Respekt. Gar nicht mal so dumm, Herr Wurmdobler.
»Mal sehen. In der nächsten Zeit schon noch«, antwortete Paolo und trank einen Schluck aus seinem Weinglas. »Aber sobald das Lokal meines Freundes hier etwas besser läuft, so dass zwei Leute genug Arbeit haben, werde ich wohl bei ihm einsteigen. Dein eigener Chef sein ist immer besser als alles andere.«
»Wo waren Sie letzten Montag zwischen kurz vor neun und zehn, Herr Gianni?«
»Zu Hause. Das habe ich Ihnen doch schon alles gesagt. Und meine Frau hat es bestätigt.«
Man merkte Paolos Stimme jetzt deutlich an, dass er keine Lust mehr auf die nervende Fragerei hatte.
»Erzählen Sie es mir trotzdem noch einmal.« Franz war es längst gewohnt, die Lustlosigkeit seiner Verdächtigen zu ignorieren. Er wollte sehen, ob der junge Mann das Gleiche sagte wie bei seiner ersten Aussage, oder ob er mit einer neuen Geschichte aufwartete. Und er würde es sehen. Auf jeden Fall. Logisch.
»Also gut. Wir sind zur selben Zeit aus dem Haus gegangen, weil meine Frau einen Friseurtermin hatte. Bis dahin waren wir zusammen. Und die Kinder waren auch da. Außerdem schaute ich auf dem Weg in die Arbeit noch kurz hier bei Lucio rein und holte mir ein ganz besonderes Messer, das ich ihm manchmal für seine Arbeit leihe. Es war sehr teuer. Das muss um kurz vor zehn gewesen sein.«
Alles klar, Wurmdobler. Genau dasselbe hat er das letzte Mal auch erzählt. Test bestanden. Der war es wohl wirklich nicht. Er schaltete das kleine Bandgerät ab.
»Na gut. Danke, Herr Gianni. Ich bin fertig. Wenn ich noch etwas wissen möchte, gebe ich Ihnen Bescheid. Sehr gutes Bier übrigens.« Franz hob sein Glas und die drei stießen miteinander an.
Als er wenig später mit Max im Taxi auf der Fahrt nach Hause saß, blieb es zunächst eine Weile still zwischen ihnen. Keiner wollte ein Gespräch
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