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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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gewinnen, durfte sich nicht auf die Verunsicherungstaktik seines Gegners einlassen. »Du behauptest nur, dass er nichts gegen dich ausrichten kann«, schrie er gegen den Schneesturm an. »In Wirklichkeit fürchtest du Haschevet sehr wohl.«
    Ein eisklirrendes Lachen ließ Yonathan erstarren. »Ich werde dir zeigen, wie sehr ich mich ängstige.« Das karminrote Strahlen auf Kopfhöhe des Wächters verwandelte sich in eine schreckliche Fratze und einer der unzähligen Stachelarme wurde wie ein Pfeil vom stämmigen Rumpf weggeschleudert.
    Dem Stabträger blieb nur der Mantel aus Licht. Das Geschoss riss ihn, nachdem es auf den Schild geprallt und vergangen war, allein durch seine Wucht von den Beinen, eisige Kälte durchströmte seinen Körper, erneut rutschte er einige hundert Fuß den Hang hinab, bis eine lange Eisrille ihn auffing.
    Noch ehe er auf die Beine kam, war der Wächter über ihm. Ein Dutzend seiner seltsamen Arme wanden sich wie Tentakel nach Yonathan. Ein triumphierendes Lachen erklang. Er wurde ergriffen, umschlungen und emporgehoben. Er wehrte sich verzweifelt, sandte Feuerbälle aus, versuchte seinen Schutzschirm aufzublähen – Feuer gegen Eis, es musste klappen! Doch die verzweifelte Gegenwehr hatte keinen Erfolg, nur seine Kräfte schwanden rasch dahin.
    Dann schleuderten ihn die Stachelarme zu Boden, pressten ihm die Luft aus den Lungen. Ein dunkler Schleier legte sich über seine Augen. Ohne Haschevets Schirm wäre er ohne Zweifel zerquetscht worden. Aber auch so war er am Ende seiner Kräfte, nahezu wehrlos dem Wächter ausgesetzt. Der Schutz des Stabes begann schwächer zu werden, Yonathan lag einfach nur da, rang vergeblich nach Luft. Sein Körper erstarrte, verwandelte sich bereits zu Eis, als der Druck der Tentakeln nachließ.
    Es konnte nicht mehr lange dauern. Sein Feind würde gleich zum letzten, zum vernichtenden Schlag ausholen. Langsam klärte sich Yonathans Blick und er konnte wieder sehen, was um ihn herum vorging. Der Hüter hatte sich ein paar hundert Fuß zurückgezogen. Gerade setzte er sich wieder in Bewegung und raste auf Yonathan zu. Mitten im Flug verwandelte sich das Eiswesen in einen Kometen, eine karminrot glühende Kugel, die einen Schweif aus glitzernden Eiskristallen hinter sich herzog.
    Nur noch wenige Augenblicke und es würde vorbei sein. Yonathan erkannte seinen Fehler. Er hatte die eigene Kraft überschätzt, hatte sich zu sicher gefühlt und die Zerstörung des fünften Auges fast als selbstverständlich vorausgesetzt. War es nicht auch diese Spielart des Hochmuts gewesen, die Goel einst verleitet hatte sich selbst zu wichtig zu nehmen, als er Grantor gegenüberstand?
    Yonathan stählte sich in Erwartung des tödlichen Hiebs, erhob mit letzter Kraft die Hand, die Haschevet umklammert hielt, und schrie: »Yehwoh verfluche dich!«
    Da gab das Eis krachend unter ihm nach.
    Ein karminroter Morgenstern sauste über seinen Kopf hinweg- er hatte ihn nur um Haaresbreite verfehlt. Yonathan schoss in einer fast senkrecht abfallenden Spalte in die Tiefe. Das Eis musste Risse bekommen haben, als der Wächter sein Opfer mit voller Wucht zu Boden geschleudert hatte. Schnell verschwand der helle, grauweiße Strich über ihm, die einzige Verbindung zur Oberfläche. Bald umschloss ihn die Dunkelheit.
    Yonathan spürte, wie die Wand des Spaltes, an der er mit halsbrecherischer Geschwindigkeit hinunterrutschte, abflachte, zu einer nahezu waagrechten Bahn wurde. Doch noch immer flog er dahin und konnte seine rasende Fahrt nicht abbremsen. Und wenn er nun gegen eine Eiswand prallte?
    Nur einen Herzschlag später nahm Yonathans Rutschpartie ein jähes Ende. Das Eis war verschwunden und er war mit einem heftigen Ruck auf irgendwelchen Erdklumpen wie auf einem Kissen gelandet.
    Noch ganz benommen von dem Kampf und der anschließenden Schussfahrt tasteten seine Hände die nähere Umgebung ab. Er konnte zwar nichts sehen, aber er hatte lange genug in der Nordregion gelebt, um schnell herauszufinden, dass es Torfballen waren, die ihn gerettet hatten. Große, sogar trockene Brocken aus Torf. Der Geruch war unverkennbar. Noch ehe er sich fragen konnte, auf welchem Weg der Torf wohl hierher gelangt sei, bemerkte er den Verlust.
    »Haschevet!«, rief er entsetzt. Er musste ihn verloren haben, als der Boden unter ihm nachgegeben hatte. Yonathan begann, der Panik nahe, im Torf herumzusuchen. Das durfte nicht sein! Nicht nach all dem, was er durchgestanden hatte. Plötzlich hielt er verwundert

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