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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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inne.
    In nicht allzu großer Entfernung entdeckte er – ein wenig erhöht – eine helle Öffnung. Warmes, goldenes Licht strömte von dort oben herein. Und vor ihr zeichnete sich die dunkle Silhouette einer kleinen, schrumpeligen Gestalt ab. Wahrscheinlich hatte sie Yonathan ebenfalls bemerkt, denn sie winkte ihm mit einem biegsamen Arm zu. Keine Frage: Es war eine Einladung näher zu treten.
    Yonathan traute seinen Augen nicht. Er wollte aufstehen – aber alles drehte sich – und sank gleich wieder zurück. Der Schatten an der anderen Seite der Höhle wiederholte seine Geste, sie fiel nun eindringlicher aus als beim ersten Mal.
    »Din?«, rief Yonathan verunsichert. »Bist du das, Din-Mikkith?«
    Ehe der Angesprochene ihm antworten konnte, drang wütendes Fauchen den schrägen Eisschlund herab. Der Wächter! Yonathan hatte ihn für einen Moment ganz vergessen. Er versuchte mit den Augen die Dunkelheit zu durchdringen, aber ohne das Koach konnte er nicht das Geringste erkennen. Der Spalt, durch den er heruntergekommen war, lag jetzt völlig im Dunkeln. Erneut vernahm Yonathan den beängstigenden Laut. Mit Entsetzen stellte er fest, dass dieser jetzt näher klang.
    Endlich gelang es Yonathan sich aufzurichten. Anstatt sofort loszulaufen schaute er unsicher zu dem kleinen faltigen Schatten hin, der jetzt heftig winkte. Wenn auch das eine Falle war…
    Ein kurzer Blick zurück setzte seiner Unentschlossenheit ein Ende. Er sah den roten Kometen auf sich zurasen. Und rannte los.
    So schnell er konnte, lief Yonathan auf das gelbe Licht zu. Der Schattenriss war offenbar zufrieden mit seiner Reaktion, denn er gab ihm noch ein letztes Mal ein Zeichen, machte dann kehrt und tauchte in den Sonnenschein.
    Yonathan rannte weiter, kämpfte sich keuchend den ansteigenden Höhlengang hinauf. Hinter sich hörte er siegesgewisses Lachen und schauerliches Fauchen, als hätte der Wahnsinn Gestalt angenommen. Das Eiswesen war sich seiner Beute sicher, denn wohin konnte Yonathan schon fliehen?
    Zum Licht. Hauptsache, du erreichst das Licht. Er hatte keine Ahnung, warum ihn dieser Gedanke vorwärts trieb, aber seine Füße schienen es wenigstens zu wissen.
    In das helle Strahlen mischten sich grüne Farben und… Nein, das war unmöglich, bestimmt nur ein Trugbild, wegen seiner Erschöpfung. Denn wie konnte das Wirklichkeit sein, was er da vor sich sah?
    Sein Fluchtweg verlief nun zu ebener Erde, der Durchlass vor ihm war höher und breiter geworden! Zwischen steinernen Pfeilern hindurch fiel sein Blick auf eine üppige, sonnenbeschienene Pflanzenwelt. Im Hintergrund konnte man hohe Bäume erkennen, davor breitete sich eine saftige grüne Wiese aus. Und dicht hinter dem Eingang befanden sich zwei regungslose Gestalten! Sie schwebten höchstens eine Handbreit über dem Boden und flankierten dabei das Tor von der Innenseite her. Ihr Abstand zueinander betrug wenig mehr als zwei Schritte; die Luft zwischen ihnen flirrte. Und in der Mitte stand winkend der Behmisch.
    Das Fauchen im Rücken trieb Yonathan weiter. Die beiden schwebenden Gestalten allerdings waren ihm nicht geheuer. Sie glichen sich wie ein Ei dem anderen: Jede von ihnen maß mindestens sieben Fuß und die Körper schienen menschlich zu sein, wenn man einmal davon absah, dass sie je zwei Paar Flügel besaßen. Das eine Schwingenpaar war halb ausgebreitet, mit dem anderen bedeckten die Wesen ihre strahlenden Leiber. Und dann begann Yonathan an seinem Verstand zu zweifeln: Jede der beiden Gestalten hatte einen Kopf mit vier Gesichtern: dem eines Menschen, eines Adlers und eines Stiers. Das vierte Antlitz war ihm abgewandt, aber er konnte sich auch so vorstellen, wie es aussah.
    Ihn beschlich eine sonderbare Ahnung, die zu phantastisch schien, um wahr zu sein. Er rannte weiter, lief direkt auf die Lücke zwischen den beiden leuchtenden Gestalten zu, dorthin, wo die Luft flimmerte und rauschte – und wo eben noch der Behmisch gestanden hatte.
    Die Menschengesichter der beiden Hüter zeigten keine Regung, wirkten weder aufmunternd noch ablehnend, gerade so, als wollten sie Yonathan sagen: Es ist an dir, die richtige Entscheidung zu treffen.
    Ein triumphierendes Aufkreischen hinter ihm bestärkte Yonathan in seinem Entschluss, ein Blick über die Schulter gab ihm letzte Gewissheit: Der Verfolger würde ihn jeden Moment einholen. Also warf er sich in den flirrenden Kreis zwischen den Flügelwesen.
    Augenblicklich wurde Yonathan hochgerissen wie von einer gewaltigen Sturmbö. Ein

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