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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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geschehen, keine Explosion, kein Donnern, kein karminrotes Aufblitzen. Der Wächter war längst besiegt und der Bannstein ohne diesen Beistand zu einem einfachen Mineral geworden, genauso machtlos wie all die Götzenbilder in den temánahischen Tempeln.
    Von Bar-Hazzats fünftem Auge blieb nichts zurück. Selbst der feine rote Staub wurde schnell vom Wind davongetragen.
    Als Yonathan sich erneut Benel zuwandte, war auch der Behmisch da. Er stand dicht bei Yehwohs Boten und wirkte dabei völlig unbefangen. Möglich, dass der Umgang mit übernatürlichen Gästen für ihn nichts Außergewöhnliches darstellte, gab es doch diese zwei Flügelwesen an seiner Gartenpforte. Benel nahm sich im Vergleich zu ihnen noch nahezu menschlich aus.
    Andererseits war für einen Behmisch alles Unbehmische wohl gleichermaßen fremd. »Gibt es hier weitere Angehörige seines Volkes?«, fragte Yonathan.
    »Er ist der Letzte auf der Vergessenen Insel«, antwortete Benel.
    Yonathan nickte ernst. »Ich hatte gehofft, einige von Din-Mikkiths Volk könnten an diesem Ort überlebt haben. Als wir die Insel anliefen, fühlte ich, dass der Wächter des Auges nicht das einzige vernunftbegabte Wesen auf ihr sein konnte, aber die Gefühle von Bar-Hazzats Diener waren zu stark, um mehr zu erkennen.«
    »Früher gab es tatsächlich einmal einen kleinen Überrest von Behmischen, die den Einzug des karminroten Auges und seines kalten Wächters überlebt hatten. Sie verbargen sich in diesem Garten, denn selbst die Macht des Melech-Arez kann seine Grenzen nicht überschreiten.«
    Yonathan ließ ehrfürchtig den Blick über die Bäume schweifen. Er spürte, dass dieser Ort älter war als selbst die Welt Neschan. »Wo befinden wir uns hier?«, fragte er leise.
    Benel lächelte. »Du weißt es bereits, Yonathan.«
    »Aber wie…?«
    »Die Menschen wurden einst aus Gan Eden vertrieben, weil sie selbst entscheiden wollten, was gut und was böse ist. Zugegeben, Melech-Arez hat mit seinen Lügen gehörig nachgeholfen, aber es war ihr eigener freier Wille, der sie Yehwoh entfremdete. In ihrer Rebellion wären sie schließlich nicht einmal davor zurückgeschreckt, vom Baum des Lebens zu essen, um Unsterblichkeit zu erlangen. Deshalb stellte Yehwoh die Keruvim am Osteingang des Gartens auf, deren sich immerfort drehendes Schwert jedem, der nicht reinen Herzens war, den Zutritt verwehrte.«
    »Gan Eden!«, hauchte Yonathan den uralten Namen aus der Sprache der Schöpfung. »Der Garten der Wonne!« Benels Erklärung verwirrte ihn mehr, als dass sie ihm weiterhalf. Wie kam der Garten hierher? Der Grenznebel von Gan Mischpad kam ihm in den Sinn. Hatte er nicht schon immer vermutet, dass auch der Garten der Weisheit nicht von dieser Welt war? Endlich brachte er trotz seiner Aufregung einen zusammenhängenden Satz zustande. »Sind Neschan und die Erde in Wirklichkeit nur zwei Spiegelbilder ein und derselben Welt?«
    Benel lächelte anerkennend. »Deine Frage kommt der Wahrheit sehr nahe.«
    Das war nicht die Antwort, die Yonathan erwartet hatte. Der Bote Yehwohs brachte ihn mehr und mehr durcheinander mit seinen vieldeutigen Bemerkungen. »Könntet Ihr es bitte etwas klarer ausdrücken, Herr?«, wagte er einzuwenden.
    »Neschan und die Erde haben tatsächlich sehr viel gemein«, gab Benel nach. »Aber so, wie eine Spiegelung nur ein Abbilder Wirklichkeit ist, stellt Neschan nur eine unvollkommene Kopie der Welt dar, die Yehwoh einst erschaffen hat.«
    »Eine Kopie, die Melech-Arez anfertigte?«
    »Genau so ist es. Vor langer Zeit stahl er einen Teil der Erde und formte daraus seine eigene Welt.«
    »Aber warum hat Yehwoh dann den Garten der Wonne gerade hierher verpflanzt? War Neschan nicht zu… unrein dafür?«
    »Um die Tränenwelt stand es tatsächlich schlecht, als die Geschöpfe des Melech-Arez einander durch Bosheit und Niedertracht hinschlachteten. Aber wie du dich erinnern wirst, hat Yehwoh sie durch seine Tränen geheilt. Wenn man so will, bestand unter anderem seine Behandlung darin, Gan Mischpad in diese Welt zu setzen.«
    »Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Was hat der Garten der Weisheit mit diesem Ort hier zu tun?«
    »Das ist in Wirklichkeit ganz einfach: Yehwoh spaltete Gan Eden in drei Teile. Den größten, in dem der Baum der Erkenntnis steht, setzte er zusammen mit dem ersten Richter, Yenoach, in diese Welt. Yenoach nannte ihn den Garten der Weisheit. Später, als die Wasser der großen Flut die Erde überschwemmten, nahm er auch die beiden übrigen

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