Isau, Ralf - Neschan 03
Teile Gan Edens und pflanzte sie in die Welt Neschan. Jenen Garten, in dem der Baum des Lebens steht, verlegte er auf diese Insel, fernab von jeglicher menschlichen Gier. Aus dem dritten Teil aber… Na, kannst du es dir jetzt denken?«
»Machte er den Garten Ras, der auf alle Zeit über Neschan wandert und den in Not geratenen Dienern Yehwohs beisteht.«
»Goel hat dich gut unterwiesen.«
Yonathan musste lachen. »In diesem Fall musste er es gar nicht. Ich werde nie vergessen, wie die Oase Ras uns in der Mara vor dem Verdursten gerettet hat.«
»Der wandernde Garten ist nur ein Werkzeug Yehwohs, ebenso wie die anderen beiden Gärten oder der Stab Haschevet. Allein die Macht des Höchsten hat dich und deine Gefährten bis jetzt bewahrt.«
Yonathan wurde wieder ernst. »Ich weiß. Etwas würde mich aber trotzdem noch interessieren.«
Benel runzelte die Stirn. »Deine Zeit ist knapp bemessen, Yonathan. Du solltest sie nicht mit unnötigen Fragen vergeuden.«
»Verzeiht, aber ich glaube, dass sie wichtig sind.«
Benel nickte zum Einverständnis.
Yonathan holte tief Luft. »Woher stammt der Stab Haschevet?« Er ahnte, wie die Antwort lauten würde, aber er wollte Gewissheit haben.
»Dies ist eine lange Geschichte«, antwortete Benel, »zu lang, um sie jetzt zu erzählen. Nur so viel: Yehwoh beauftragte einst Olam, einen Mann mit lauterem Herzen, an den Keruvim vorbeizugehen und Haschevet aus einem Zweig des Lebensbaumes herauszuschneiden. Olam gab dem Stab seine heutige Form und er war es auch, der ihn Henoch überbrachte, der später Yenoach, der erste neschanische Richter, wurde.«
Yonathan erinnerte sich an seine Auseinandersetzung mit dem Baum Zephon im Verborgenen Land. Das boshafte Gewächs hatte gesagt, der Stab stamme von seinem Erzfeind. Yonathan hatte den ersten Richter für diesen Feind gehalten, doch nun wusste er, dass Zephon damals den Baum des Lebens gemeint hatte, einen von seiner Art. Doch wer war Olam? Yonathan wiederholte leise den von Benel genannten Namen. »Ich habe nie von diesem Mann gehört.«
»Das ist nicht verwunderlich. Obwohl du ihn kennst. Er hat dir einmal geholfen ein altes Manuskript zu entziffern.«
»Etwa das Pergament mit der Zeichnung von Felin und mir, in der Thronhalle von Cedanor?« Yonathan geriet erneut in Aufregung. »Aber wie kann Mister Marshall, mein früherer Privatlehrer in Schottland, die gleiche Person sein wie der Olam, der Jahrtausende zuvor den Stab Haschevet schuf?«
»Olam geht seinen eigenen Weg, wie du deinen gehst. Yehwoh hat ihn bestimmt, durch die Äonen hindurch denjenigen beizustehen, die zu Richtern für Neschan berufen sind. Habe ich damit alle deine Fragen beantwortet?«
Ganz im Gegenteil, dachte Yonathan. Er hatte plötzlich mehr Fragen als jemals zuvor. Aber er ahnte, dass er aus Benel nichts herausbekommen würde, was dieser ihm nicht freiwillig anvertrauen wollte. Eines interessierte ihn aber doch noch: Warum hatten die Behmische das Vorrecht erhalten, sich in diesem Teil Gan Edens niederzulassen, wo doch seit Urzeiten kein Mensch mehr die beiden Keruvim passieren durfte?
Benels Erklärung war knapp und doch erschöpfend. Nachdem Yehwoh die entarteten Geschöpfe des Melech-Arez geheilt hatte, erwiesen sich die Behmische als das friedlichste aller Völker Neschans. Vor allem aber war keines so eng mit den Lebenden Dingen verbunden wie die grünen Vorfahren Din-Mikkiths. Deshalb wurden sie beauftragt jenen Teil Gan Edens, in dem der Baum des Lebens stand, so lange zu hegen, bis die ganze Schöpfung wieder mit ihrem Erschaffer in Harmonie vereint sein würde.
»Dann wird Gan Eden an seinen ursprünglichen Platz zurückkehren«, schloss Benel seinen Bericht. »Bis dahin aber pflegten – und pflegen, im Falle Baru-Sirikkiths – die Behmische den Garten der Wonne.«
»Ich hatte es gehofft und für Din-Mikkith gewünscht. Es wäre schön gewesen, mehr als nur einen Behmisch zu finden, aber selbst über diesen einen freue ich mich mehr als über einen ganzen Berg von Gold. Sein Name lautet Baru-Sirikkith, sagtet Ihr?«
»Ja, in der Behmisch-Sprache bedeutet er ›Spross des Lebensbaumes‹«, bestätigte Benel.
Baru-Sirikkith war nicht entgangen, dass die Unterhaltung sich nun um ihn drehte. Insbesondere aber die mehrfache Erwähnung von Din-Mikkiths Namen hatte ihn hellhörig werden lassen. Seine Neugier ließ sich gut an der ins Hellgrüne wechselnden Hautfarbe ablesen. Der Behmisch gab ein paar zischelnde Laute von sich, durch sein
Weitere Kostenlose Bücher