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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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das? Ich habe dir doch schon einmal gesagt, was die Nomaden mit ihren Mädchen anstellen. Erinnerst du dich nicht mehr?«
    »Natürlich erinnere ich mich. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was der Sieger mit seinem ›Preis‹ anfangen würde.«
    »Da kann ich dich beruhigen, mein Freund. Bei diesem Spiel gibt es keinen Gewinner, außer dem, der die Becher schiebt.«
    »Wie meinst du das…?«
    »Du kannst einem ehemaligen Piraten ruhig glauben. Schau selbst hin: Der Große hat drei umgedrehte Lederbecher. Unter einem befindet sich eine Bohne. Er schiebt die Becher eine Weile hin und her und lässt seinen Mitspieler dann raten, wo sich das Böhnchen befindet. Eine Zeitlang wird der andere gewinnen und so zu immer höheren Einsätzen angestachelt. Aber zum Schluss, wenn es um alles geht, wird er verlieren. Dann hat er nichts mehr, und der Bohnenbesitzer ist wieder ein bisschen reicher geworden. So läuft das Spiel.«
    »Du willst damit sagen, er betrügt?«
    Gimbar schmunzelte nachsichtig. »Eine schlimme Anschuldigung. Man würde den Spieler auf der Stelle zerreißen, wenn man ihm irgendeinen Betrug nachweisen könnte. Aber das ist praktisch unmöglich.«
    »Und warum lässt sich immer wieder jemand auf dieses aussichtslose Spiel ein?«
    Gimbar zuckte die Achseln. »Vielleicht, um schnell reich zu werden.«
    Yonathan nickte. »Würde mich nicht wundern, wenn dieser Bursche in der letzten Zeit größeren Zulauf gehabt hätte als früher.« Er überlegte einen Moment, dann lächelte er.
    »Schlag dir das aus dem Kopf«, sagte Gimbar, dem dieser Stimmungsumschwung nicht entgangen war.
    »Wovon sprichst du?«
    »Tu nicht so, Yonathan. Ich weiß genau, woran du gerade denkst.«
    In diesem Moment unterbrach ein vielstimmiger Ausruf der Enttäuschung ihren Dialog. Der schmächtige Ostmann hatte nach einer vorübergehenden Glückssträhne alles verloren, was er besaß; sogar seine glattgewetzte Lederkappe.
    Der Spieler mit der Schramme im Gesicht grinste dagegen schadenfroh. »Tut mir leid, mein Kleiner«, donnerte er. »Vielleicht klappt’s ja beim nächsten Mal.« Während der Verlierer das Feld räumte, stülpte der massige Becherschieber seiner Sklavin die soeben gewonnene Lederkappe über den Kopf, machte dazu eine spöttische Bemerkung und wandte sich wieder an die Schaulustigen.
    »Wer will nochmal, wer hat noch nicht?«, dröhnte seine Stimme, und als sich nicht sofort jemand meldete, fuhr er fort: »Na? Keine Glücksritter mehr hier? Und ich glaubte doch tatsächlich, Mezillah sei voll von mutigen Männern. Hab mich wohl getäuscht!«
    »Wer mutig ist, muss sein Geld noch lange nicht auf die Straße werfen«, rief einer aus der Menge um den Tisch.
    »Wer hat das gesagt?«, schrie der Hüne zornig. »Bei mir hat jeder seine Chance!«
    Noch ehe er aber den Verantwortlichen für diesen respektlosen Einwurf ausmachen konnte, erhob sich eine andere Stimme.
    »Lass es mich versuchen, Ostmann.«
    Gimbar starrte Yonathan an. »Du kannst doch nicht wirklich…«
    Der lächelte, ein Bild strahlender Unschuld. »Pass gut auf, was der Stabträger alles kann.«
    Bevor Gimbar etwas einwenden konnte, hatte sich Yonathan schon dem Ostmann gegenübergesetzt. Er zog einen Beutel mit Goldmünzen hervor, ließ ihn demonstrativ auf die Tischplatte fallen und meinte: »Worauf warten wir noch? Lass uns endlich anfangen.«
    In den Augen des Spielers blitzte die Vorfreude; die Börse des anderen sah vielversprechend aus. »Endlich ein Mutiger«, rief er in die Runde, »wenn auch kein Ostmann. Na, mir soll’s gleich sein.« An Yonathan gewandt sagte er: »Wir fangen mit einem Einsatz von einem Goldeven an, einverstanden?«
    Yonathan nickte. Zwischen seinen Beinen stand der Stab Haschevet, das obere Ende lässig gegen seine linke Schulter gelehnt; das auffällige goldene Kopfstück war, wie auf der ganzen Reise schon, durch eine lederne Hülle getarnt. Der Stabträger legte eine Goldmünze auf die Tischplatte und richtete seinen Blick auf die drei kleinen Lederbecher.
    »Die Bohne liegt hier.« Der linke Becher wurde kurz angehoben, die Hülsenfrucht sichtbar. Dann schob der Ostmann die Behältnisse umeinander, zeigte noch zwei- oder dreimal, wohin inzwischen die Bohne gewandert war und reimte, nachdem er die Becher noch ein paarmal hatte kreisen lassen: »Sag mir, wo die Bohne liegt, dann bist du jener, der jetzt siegt.«
    Yonathan lächelte. Der Bärtige hatte es ihm leicht gemacht. »Hier«, sagte er und zeigte auf den mittleren Becher.

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