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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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weit. Wir sind die Vorhut«, erwiderte der Ostmann knapp.
    »Wenn sie sich nicht bald melden, dann sind die anderen gewarnt«, fügte Yamina hinzu. Sie hatte sich vor dem Großen aufgebaut und reckte ihm herausfordernd ihr Kinn entgegen.
    »Das solltest du lieber lassen, Yamina«, knurrte der.
    »Und warum?«
    »Weil du deine eigene Familie verrätst.«
    »Dein Gehirn scheint noch weiter geschrumpft zu sein, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, San-Yahib. Man kann seine Familie nur an Feinde verraten, aber nicht an Freunde.«
    »Wer ist der Grünschnabel überhaupt?«
    »Das habe ich dir bereits gesagt.«
    »Geschan?«
    »Du kannst dich also daran erinnern. Alle Achtung!«
    »Er ist noch ein Junge.«
    »Das ist es, was man sich vom siebten Richter erzählt.«
    »Warum bist du nicht bei Fling?«
    »Er hat mich verloren.«
    »Mädchen verliert man nicht so einfach.«
    »Sag das mal deinem Onkel.«
    »Red nicht so respektlos von deinem Vater.«
    »Er hat mich an Fling verschachert. Das vergesse ich nicht.«
    »Und wie kommst du wieder hierher?«
    »Der ›Grünschnabel‹, wie du ihn nennst, hat mich gewonnen.«
    »Jetzt hast du dich selbst verraten. Der Richter von Neschan würde niemals um Mädchen spielen.«
    »Du hast nichts als getrocknetes Steppengras im Kopf, San. Er wollte mich befreien. Nur deshalb hat er sich mit Fling eingelassen. Das ist edel. Die neschanischen Richter sind so. Aber das kannst du ja nicht wissen.«
    »Na, ihr habt euch ja sehr gern!«, warf Gimbar ein. Er und Yonathan hatten fasziniert dem Dialog der beiden gelauscht.
    »Du scheinst diese Leute gut zu kennen«, bemerkte Yonathan.
    Yamina lachte kurz auf – ohne dabei den Hünen aus den Augen zu lassen. »San-Yahib ist mein Vetter.«
    Gimbar stöhnte. »Bist du eigentlich mit allen Leuten auf dieser großen Wiese verwandt?«
    »Mit fast allen. Wieso?«
    »Schon gut. War nur so eine Frage.«
    Yonathan wurde allmählich ungeduldig. »Wir können ja hier auf die Ankunft der Sippe warten, aber die Kundschafter sollten jetzt aufbrechen. Ich möchte nicht, dass man falsche Schlüsse zieht und die Lichtung mit Pfeilen eindeckt, bevor sich jemand hertraut.«
    Er bemerkte ein seltsames Aufblitzen in San-Yahibs Augen, aber ehe der gewichtige Ostmann zustimmen konnte, mischte sich Yamina ein.
    »Unter uns Ostleuten ist es Sitte Besucher ein Stück Weges zu begleiten. Da wir zuerst hier waren, sollten wir unseren Pflichten nachkommen, Geschan.«
    Etwas in Yaminas Stimme ließ Yonathan aufhorchen. Als er in ihre Augen sah, reagierte er sofort.
    »Also gut. Wir wollen Eurer Auffassung von Gastfreundschaft natürlich die gebührende Ehre erweisen, guter San-Yahib. Deshalb werden wir Euch noch eine Weile Gesellschaft leisten.«
    »Was hat die armen Kerle eigentlich so erschreckt? Hast du wieder ihre Dolche und Bogen in Brand gesetzt?«
    Yonathan blickte Gimbar geistesabwesend an.
    »Warum haben die Zopfträger sich so überstürzt entschieden uns doch nicht aufzuschlitzen?«
    Die von Gimbar erwähnten Ostleute ritten hundert Fuß voraus. Sie waren schlecht gelaunt und flüsterten miteinander.
    In Yonathans Kopf hatte sich eine Idee eingenistet. Seit sie aufgebrochen waren, hatte sie ihn ganz mit Beschlag belegt. Deshalb antwortete er knapp, fast unwillig: »Ich habe ihnen ein Tier gezeigt, ein Wasserwesen, das uns einmal im Verborgenen Land begegnete, als Din-Mikkith ein paar Fische fing, weil Yomi kein Grünzeug mehr essen wollte.«
    »Du meinst, es gibt wirklich Geschöpfe, die solche wilden Burschen derart erschrecken können?«
    »Es gibt noch viel schlimmere Wesen, Gimbar. Ich schätze, wir sind gerade auf dem Wege zu einem.« Yonathan wendete den Oberkörper Yamina zu. »Warum war es dir überhaupt so wichtig, dass wir deinen Bekannten da vorn Gesellschaft leisten? Hätten wir die Sippe nicht ebenso gut auf der Lichtung erwarten können?«
    Yamina lächelte. »Du musst noch viel lernen, Geschan – vor allem über unsere Gesetze der Gastfreundschaft.«
    »Ich glaube, das musst du mir genauer erklären.«
    »Wenn wir im Wäldchen auf die Sippe meines Onkels gewartet hätten, müssten sie sich uns gegenüber nicht verpflichtet fühlen. Möglicherweise hätten sie uns sogar als Feinde betrachtet und angegriffen.«
    »Und wenn wir mitten in ihre Reisegesellschaft platzen, ist das nicht der Fall?«
    »Dann sind wir ihre Gäste. Sie müssen uns für mindestens eine Nacht aufnehmen, uns Nahrung und eine Schlaf statt anbieten. So verlangt es das

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