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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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schimmerte, fragte nach einem Haarwuchsmittel.
    Von Westheim zog sofort eine Ampulle hervor, in der eine rötliche Flüssigkeit glitzerte. »Es ist aus dem Morgenland«, setzte er an und wurde sofort von Hieronymus, der das Treiben mit offener Skepsis beobachtete, unterbrochen: »Wir erwerben nichts von den Gottlosen!«
    Einige zuckten zusammen, auch Isenhart hatte ihren Lehrmeister zuvor nicht bemerkt.
    »Ah, Vater Hieronymus«, rief von Westheim mit aufgesetzter Fröhlichkeit, »ich hatte gehofft, Euch anzutreffen. Ich habe etwas für Euch, tretet näher.«
    Hieronymus war für einen Augenblick hin- und hergerissen, der fahrende Händler hatte ihn aus dem Konzept gebracht, und nun richteten sich die Augen der Versammelten auf ihn. Von Westheim ermunterte ihn mit einer Geste, zu ihm zu kommen.
    Der Geistliche trat an den Wagen, von dem Alexander von Westheim jetzt herabstieg. Er zauberte ein kleines Stück Stoff hervor.
    »Zeigt mir Eure Hand«, sagte er freundlich. Hieronymus zögerte kurz, gab dann aber nach. Der Händler legte das Stück Stoff auf die Handfläche des Geistlichen.
    »Tuch? Was soll das?«, fragte Hieronymus mit jenem gereizten Ton in der Stimme, den Konrad und Isenhart zu fürchten gelernt hatten.
    Von Westheim entfaltete den Stoff, sodass ein kleiner Holzsplitter zum Vorschein kam. Hieronymus legte die Stirn in Falten. Was trieb der Jude für ein Spiel mit ihm? Auch den anderen im Burghof wollte sich die Bedeutung des Splitters nicht erschließen.
    »Dieser Splitter hat eine weite Reise hinter sich. Von Metz hierher nach Schwaben. Nach Metz gelangte er zuvor von Marseille. Und davor«, spannte von Westheim sie weiter auf die Folter, »musste er eine gefährliche Seereise überstehen. Denn er stammt aus Jerusalem.«
    Hieronymus war wie vom Schlag getroffen, er blickte dem Mann in die Augen. Suchte in ihnen nach einem Anzeichen der Belustigung. Erfolglos. Die linke Hand, die er nach dem Splitter ausstreckte, begann vor Erregung zu zittern. Sanft fuhren seine Finger überden kleinen Span. Tiefste freudige Erschütterung erfasste ihn, ein Schauer nach dem anderen durchfuhr seinen gesamten Körper, eine solche Welle an Glücksgefühlen hatte er noch nie erlebt.
    Während Konrad durchaus begriffen hatte, mit welchem Geschick es Alexander von Westheim gelungen war, von dem Haarwasser aus dem Morgenland abzulenken, verstand er den Grund für Hieronymus’ plötzliche Ehrfurcht nicht.
    Isenhart hingegen war ebenfalls ergriffen, er erhaschte einen Blick auf den Holzsplitter. Auf den Span aus Jerusalem, der Stadt des Königs der Christenheit.
    Der Holzsplitter stammt vom Kreuz des Herrn.
    »Ist das auch wahr?«, fragte Hieronymus. Sofort hing auch Isenhart an den Lippen des Juden.
    »Ritter des Templerordens haben einen Teil des Heiligen Kreuzes in den Gewölben von Salomons Tempel gefunden. Sie verwahren ihren Fund dort seit mehr als zwei Jahren. Gérard de Ridefort lässt es alle sieben Tage an einem anderen Platz verstecken.«
    Jetzt begriffen es alle. Staunend betrachteten sie den kleinen Splitter auf der Handfläche ihres Geistlichen, der das Kreuz schlug. Ohne Ausnahme bekreuzigten sie sich ebenfalls.
    Gérard de Ridefort war Isenhart nur deshalb ein Begriff, weil er in Jerusalem weilte, ohne zu wissen, dass er in Konrad seinen glühendsten Verehrer gefunden hatte.
    Der Großmeister des Templerordens hatte Ende April von einem 7000 Mann starken Heer erfahren, das Saladin bei Nazareth zusammengezogen hatte. Schnell rekrutierte er aus den eigenen Reihen 140 Männer – und attackierte Saladin am 1. Mai bei Cresson, einem kleinen Ort vor Nazareths Toren.
    Konrad hatte unentwegt den Kopf geschüttelt, als er davon gehört hatte. Welch eine zahlenmäßige Unterlegenheit! Welch ein Mut! Welche Todesverachtung! Gérard de Ridefort war sein neuer Held, Konrad träumte davon, an seiner Seite als Tempelritter durch Jerusalem zu reiten und Abenteuer zu bestehen.
    Isenhart dagegen hielt de Ridefort für einen Dummkopf. Denn wie beschränkt im Geist musste man sein, um seine eigenen Glaubensbrüder ohne jede Not in einen aussichtslosen Kampf und in den sicheren Tod zu führen?
    Und als er Konrads Lobeshymnen überdrüssig wurde, sagte er ihm das auch.
    Der junge Laurin war außer sich, erst recht, als er Walther von Ascisberg Isenharts Meinung auftischte und dieser Isenhart – wenn auch mit anderen Worten – zustimmte. Lediglich in Hieronymus hatte Konrad von Laurin in dieser Angelegenheit ausnahmsweise

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