Isenhart
Armbrust wurde auf dem Zweiten Lateranischen Konzil verboten«, wand Isenhart ein.
Konrad verdrehte die Augen: »Wen interessiert das?«
»Sie wurde als unritterlich gebannt«, stimmte von Ascisberg zu, »aber sie ist erlaubt und erwünscht im Kampf gegen Araber und Juden.«
Konrad warf Isenhart einen triumphierenden Blick zu. Und damit war er bei seinem Lieblingsthema: »Welche Waffe bevorzugt Ihr im Kampf?«
Isenhart meinte, bei von Ascisberg ein kurzes Schmunzeln bemerkt zu haben. Dieser verfügte jetzt noch über dreizehn Zähne und richtete seinen Blick, der mit den Jahren an Schärfe verloren und Güte gewonnen hatte, auf den Sohn von Sigimund von Laurin. »Immer die angemessene.«
Diese Antwort enttäuschte Konrad zwar, verdoppelte aber seine Neugier. »Welche Waffe würdet Ihr gegen mich wählen?«
Walther von Ascisberg musterte ihn kurz. »Zwei«, erwiderte er dann. »Ein Streithammer würde dich nicht beeindrucken. Also ein leichtes Schwert und einen Dolch.«
Konrad war ehrlich überrascht. »Warum?«
»Die Jugend ist immer ungestüm. Jungs … junge Männer wiedu können ihre Ungeduld nicht zügeln, sie greifen an. Deshalb das leichte Schwert für die Parade und den Dolch für deine Kehle.«
Konrad schluckte. Ihm war, als besäße Walther von Ascisberg freien Blick in seinen Kopf. »Und bei Isenhart?«, fragte er schnell, um seine Verblüffung zu überspielen; und auch aus echter Neugier.
Walther von Ascisberg nahm Isenhart ins Visier, dem schon alleine der Gedanke, gegen seinen Lehrer zu kämpfen, unangenehm war. »Die Armbrust«, erwiderte er schlicht. Woraufhin Isenhart dasselbe Gefühl beschlichen hatte, das Konrad soeben empfunden hatte.
»Welche Waffe würdest du wählen, wenn du gegen mich kämpfen müsstest?«
Isenhart und Konrad marschierten immer noch durch den Wald.
»Ich muss nicht gegen dich kämpfen.«
Konrad seufzte. Hätte Walther von Ascisberg »Geduld« unterrichtet, wäre er an Konrad von Laurin verzweifelt.
»Ich bin ein Knecht, schon vergessen? Knechte erheben nicht die Waffe gegen einen Herrn«, erinnerte Isenhart ihn.
»Ich hab vor ein paar Jahren mal so etwas gesagt. Willst du mir das jetzt bis ans Ende meiner Tage vorwerfen?«
»Ich fürchte schon, ja.«
Konrad sah Isenhart von der Seite an. Er kannte ihn mittlerweile gut genug, um zu erkennen, dass es ihm ernst war. Kurz war er versucht, Isenhart in den Schwitzkasten zu nehmen, unterließ es dann aber. Schweigend setzten sie ihren Weg fort.
Aber die Frage ließ Konrad keine Ruhe. »Also«, begann er erneut und wählte seine Worte mit Bedacht, »wenn du jemandem wie mir begegnen würdest, der auch ein Knecht wäre. Und du müsstest gegen ihn kämpfen, welche Waffe …«
»Jede, die in Reichweite ist«, unterbrach ihn Isenhart und lächelte.
Sie hatten eine Lichtung erreicht, auf der eine kleine Hütte stand. Sie war dem Norden zugeneigt, Moos hatte sie überwuchert. Das Holz war verwittert. Trotzdem strahlte sie eine gewisse Behaglichkeit aus, wie Isenhart fand.
Eine große, hagere Gestalt stand vor der Hütte und ließ das Beil auf einen Holzscheit sausen, der in zwei Stücke zersprang.
»Das ist Giselbert«, sagte Konrad voller Ehrfurcht, »er hat in Spira gerade einen Mörder enthauptet – mit nur zwei Schlägen.« Wenn er sich bemüht hatte, seine Begeisterung zu verbergen, war es ihm nicht gelungen.
Isenhart dagegen schauderte es bei der Vorstellung daran. Er hatte schon von dem Mann im Wald gehört.
Wie sie von Sigimund von Laurin erfahren hatten, oblag es Kaiser Friedrich Barbarossa aus dem Geschlecht der Staufer die Scharfrichter im Reich zu ernennen. Giselbert war einer von ihnen und stand damit unter dem persönlichen Schutz des Kaisers, er war unantastbar. Wie alle, die durch das scharfe Schwert richteten, musste Giselbert ein Leben außerhalb der Gemeinschaft fristen, da man seinem Stand magische Kräfte nachsagte, und Giselbert hatte keine Frau gefunden, die sein Eremitendasein zu teilen bereit gewesen wäre.
Er blickte auf und sah den beiden jungen Männern entgegen, die über die Lichtung auf ihn zukamen. In seinen Augen lag eine unbestimmte Traurigkeit. »Konrad, nicht wahr?«
Konrad nickte.
Selbst seine Stimme wirkte niedergeschlagen, dachte Isenhart. Er konnte sich nicht erinnern, jemals eine traurigere Gestalt gesehen zu haben.
»Das ist Isenhart, der Sohn vom Pinkepank.«
Kurz flackerte Interesse in den Augen des Scharfrichters auf, er musterte den Jungen mit unverhohlener
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