Isenhart
übersetzte Urs, »überlegen, worauf Ihr verzichten könnt.«
Konrad speiste ihn mit einem Nicken ab, für ihn war etwas anderes von Interesse: »Heißt Ihr tatsächlich Kuhfuss, ja?«
»Mmh«, anwortete Urs’ Vater, der in einem Kupferkessel Rohmilch umrührte.
Konrad konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
»Wie haben nur Kleidung dabei, unsere Waffen, etwas Proviant«, zählte Isenhart auf, »nichts, was überflüssig wäre.«
Jetzt erst sah Linardin Kuhfuss zum ersten Mal richtig auf und nahm den Fremden in Augenschein. Es war, als hätte Isenhart das entscheidende Stichwort geliefert. »Man kann alles kaufen«, beschied Kuhfuss ihn.
»Ihr könnt«, vermittelte Urs erneut, »Eure Kleidung und Eure Waffen hier verkaufen. Dann habt Ihr und Eure Pferde weniger zu tragen. Und wenn die Alpen hinter Euch liegen, kauft Ihr Euch einfach, was Ihr hier zurückgelassen habt.«
»Wir brauchen unsere Waffen«, beharrte Konrad von Laurin.
»Niemand wartet in den Bergen«, widersprach Linardin, »würde erfrieren.«
Er spart selbst an Worten, dachte Konrad.
»Gut«, ging Isenhart darauf ein, »wir lassen etwas von der Bewaffnung zurück, ein paar Kleidungsstücke … wir haben auch noch Silber.«
Konrad klappte die Kinnlade herunter, Urs und sein Vater sahen interessiert auf. »Viel?«, wollte Kuhfuss wissen.
»Nein«, sagte Konrad.
»Ja«, erwiderte Isenhart im selben Augenblick.
Sie sahen sich vorwurfsvoll an.
Ein helles, hohes Wimmern ertönte hinter Linardin, es war, als würde ein Kalb vor Schmerzen meckern. Doch es war nur Urs’ Mutter, die angesichts der gegensätzlichen Aussagen Konrads und Isenharts nicht länger an sich halten konnte.
»Lachen schickt sich nicht, Weib«, maßregelte ihr Gatte sie mit verkniffener Miene.
Doch dieser Verweis ließ seine Frau nur umso lauter prusten. Urs starrte derweil angestrengt an die Decke der Stube. Das helle Lachen seiner Mutter war indessen so ungestüm wie ein Sturzbach aus den Bergen, dass es ihn mitriss. Und nicht nur ihn. Auch Konrad und Isenhart ließen sich anstecken, sie krümmten sich bald, alle vier lachten sie, was das Zeug hielt. Selbst Linardin Kuhfuss platzte lauthals und stoßweise heraus. Verschwendung der Atemluft natürlich, wie er für sich feststellte, aber wenigstens eine heitere.
»Wir können das Silber wohl schwerlich hierlassen«, sagte Isenhart, nachdem die Erheiterung ihren Zenit überschritten hatte, »und gleichzeitig davon unsere Auslagen bestreiten.«
»Schick sie zu Meige Schütterkuss«, riet Linardins Frau.
»Zur Meige«, vergewisserte der sich, »mit ihren merkwürdigen Ideen?«
»Genau«, bestätigte ihm sein Weib.
Urs führte die beiden zwei Gassen weiter, nachdem Isenhart die Haller Silbermünzen aus seinem Versteck geholt und in ein schmutziges Stück Leinen gehüllt hatte.
Die Gassen in Luceria hatten sich gelehrt, die Nacht kehrte ein. Die Menschen kamen von ihrem Tagwerk, füllten sich den Magen und fielen aufs Strohlager oder kehrten noch schnell in die Schänke ein.
»Sie sorgt dafür, dass das Silber die Berge überquert, ohne dass wir es tragen müssen?«, fragte Konrad. Er zog als Ausdruck seiner Skepsis die linke Augenbraue hoch, eine Fertigkeit in Sachen Muskelbeherrschung, die aus dem Wettstreit zwischen ihm und Isenhart heraus entstanden war, wer von ihnen wohl als Erster dazu in der Lage sein würde, das mimische Meisterstück ihres Scholasticus Walther von Ascisberg nachzuahmen. »Wie soll das gehen?«
Isenhart deutete ein Achselzucken an.
Urs führte sie eine schmale, enge Treppe hinab in einen Vorraum, in dem ein modriger Geruch in der Luft hing. An einem runden Tisch saß ein Mann, der die drei musterte. Gelassen.
Hinter ihm, ins Gestein gestoßen, befand sich eine Tür, die aus Gitterstäben bestand. Irgendwo dahinter musste sich eine Lichtquelle befinden, Isenhart sah, wie der Schein an der Felswand hin und her tanzte.
»Wir müssen zu Meige Schütterkuss«, sagte Urs.
»Wir«, fragte der Mann, und außer seinem Mund regte sich dabei nichts, »wer seid Ihr?«
»Konrad von Laurin und Isenhart«, stellte Isenhart sie beide vor, »wir müssen über die Berge und wollen unser Reisegewicht verringern.«
»Dann legt mal Eure Waffen ab«, trug der Mann ihnen an.
Isenhart hörte, wie Konrad einmal tief Luft holte. Dann trat dieser vor, blickte dem Mann in die Augen und sagte: »Ihr haltet uns wohl für sehr dumm. Natürlich legen wir das Schwert nicht ab – und jetzt führt uns zu Meige
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