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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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Geschmack war da noch etwas anderes, was ihm Unbehagen bereitete.
    Der Händler konnte ein Lachen nicht unterdrücken. »Nein, nein, Ihr müsst die Orange schälen, bevor Ihr esst. Gebt her.«
    Und schon nahm er sie Konrad wieder aus der Hand, zückte ein Messer und befreite sie mit geschickten, routinierten Schnitten von ihrer Schale. Konrad spie ein Stück der Schale wieder aus.
    »Seht, so könnt Ihr einzelne Stücke zu Euch nehmen«, fuhr der Iberer fort und trennte ein Stück mit der Hand ab, das er dem Sohn Sigimunds reichte, während Isenhart sich für eine gelbe Frucht entschieden hatte, die er nun seinerseits zu schälen begann.
    »Nein, nein«, sagte der Händler, und Isenhart hielt inne.
    »Die kann man so essen?«, fragte er.
    Der Iberer schüttelte den Kopf: »Diese muss man schneiden, schaut.« Der Mann teilte die gelbe Frucht hälftig, legte den Kopf in den Nacken, hob einen Teil der Frucht über seinen zurückgelegten Kopf und presste sie mit der Hand zusammen, sodass der Fruchtsaft in seinen Mund träufelte. Er schüttelte sich leicht, lachte dann aber und reichte Isenhart das zweite Stück. »Probiert.«
    Isenhart ahmte die Prozedur nach, aber als der Saft auf seine Zunge fiel, wurde er jeden Speichels beraubt, seine Wangen zogen sich nach innen, er kam nicht umhin, die Augen zusammenzukneifen.
    »Wie nennt man diese Frucht?«, fragte Konrad.
    »Citrus«, sagte der Händler in dem Augenblick, in dem der Junge mit zwei prall gefüllten Lederbeuteln wieder auftauchte, die er ihnen reichte, bevor er zu den anderen Kindern zurückkehrte, um sich wieder dem Spiel anzuschließen.
    Isenhart sah ihm nach. Ein Kind trommelte mit einem Stock auf einem Stein. Die anderen Kinder liefen langsam um die anderen Findlinge herum. Sobald das Trommeln endete, stürzten die Kinder sich jeweils auf einen Stein. Da die Anzahl der Steine die Anzahl der Kinder um eins unterschritt, blieb eines der Kinder ohne Stein und musste sich – so wollte es offenbar die Regel – an die Seite stellen. Anschließend begann das Trommeln wieder, und die restlichen Kinder erhoben sich und liefern erneut um die Steine herum.
    »Was spielen sie da?«, fragte Isenhart den Händler.
    »Reise nach Jerusalem«, antwortete der Iberer, »jede Runde stirbt einer.«
    Für die Wasserschläuche mussten sie einen hohen Preis zahlen, aber der Iberer begründete ihn mit dem Umstand, dass frisches Wasser hier in der Gegend nur sehr schwer zu beschaffen sei.
    Eine Viertelstunde später verließen sie Barcelona in nordwestlicher Richtung, wo sie ein herrlicher Ausblick auf den breiten Lauf eines Flusses erwartete. Konrad war drauf und dran, sofort wieder umzukehren, aber Isenhart war sich sicher, dass der Händler seinen Stand längst geräumt hatte. In Anbetracht des kleinen Vermögens, das sie ihm für das Wasser überlassen hatten, bestand für den Spanier keine Notwendigkeit, sich den Rest der Woche hinter seinem Stand die Beine in den Bauch zu stehen.
    »Vielleicht hat dieser Schalk uns auch noch in die falsche Richtung geschickt«, argwöhnte Konrad.
    Isenhart mochte daran nicht glauben, weil es dem Mann keinenVorteil verschafft hätte. Überdies hatten sie trotz der Gluthitze, mit der die Sonne diesen Landstrich malträtierte, nichts zu befürchten, da ihr Weg am Fluss entlang verlief.
    Nach anderthalb Meilen legten sie die erste Rast ein und tränkten die schwitzenden und schnaufenden Pferde.
    Manchmal bildeten sich in der Ferne kleine Seen, über denen die Luft flimmerte. Nur dreihundert Fuß weiter verschwanden sie mit einem Mal. Isenhart und Konrad tauschten besorgte Blicke. Griff ihr Schöpfer in ihre Mission ein? Oder walteten hier andere Kräfte?
    Am späten Nachmittag, als die Frequenz des Kommens und Gehens der kleinen Seen merklich nachließ, hatten sie sich an dieses sonderbare Phänomen gewöhnt.
    »Ich habe mal von Kobolden gehört, die Reisende auf diese Art ängstigen wollen«, bemerkte Konrad. Er trug ein Stück Leinen über dem Kopf, das den Nacken bedeckte und an der Vorderseite bis knapp über die Augen reichte. Gegen Mittag waren sie einigen Pilgern begegnet, die sich auf diese Weise vor der Hitze schützten.
    Spätestens nach jeder zurückgelegten Meile suchten sie Abkühlung im Fluss, Isenhart schwamm sogar ein paar Züge. Bevor sie wieder auf ihre Pferde stiegen, tauchten sie das Leinen ins Wasser und legten es sich aufs Haupt.
    Mit Rücksicht auf die Tiere verzichteten sie auf jede schnelle Gangart. Die Pferde waren ein

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