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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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kleines Vermögen wert und konnten nicht ohne Weiteres ersetzt werden. Dieser Entschluss drosselte ihr Vorankommen merklich.
    Anfang Juli in Barcelona aufgebrochen, erreichten sie am Abend des 22. Juli die Stadtgrenzen Zaragozas und damit den Lauf des mächtigen Ebro.
    Isenhart und Konrad rasteten zwei Tage, um die Pferde für die letzte Etappe nach Toledo ausruhen und Kraft schöpfen zu lassen. Die Route, die es in Angriff zu nehmen galt, erstreckte sich über 60 Meilen und wurde anfangs von einem Nebenlauf des Ebro begleitet. Bevor sie aber auf den Tajo stoßen sollten, den größten Fluss der iberischen Halbinsel, würden sie eine nicht unerhebliche Teilstrecke ohne Trinkwasser zurücklegen müssen. Daher erstanden sieeine tiefe Tonschale und noch weitere sechs Wasserschläuche. Außerdem Bitterorangen, an denen Konrad Gefallen gefunden hatte.
    Wiederum wurden sie auf ihrer Reise von den Seen begleitet, die ohne erkennbare Gesetzmäßigkeiten kamen und gingen. Während der Durststrecke zwischen Ebro und Tajo begnügten sie sich hauptsächlich mit Orangen und überließen den Großteil des Wassers den Tieren, denen sie das Wasser, das sie am Ende des Ebros entnommen hatten, aus den Lederschläuchen in die Schale füllten.
    Am zehnten Tag tauchte endlich ein See auf, der nicht wieder verschwand, wenn man sich ihm näherte. Und er sollte sich eine Tagesreise später als ein besonders breites Becken des Tajo erweisen. Sie ließen die Pferde trinken und stürzten sich ins Wasser.
    Um den Tajo herum blühten die Pflanzen, wiegte sich das Gras, dass es eine Freude war. Sie hatten Tage in großer Ödnis hinter sich. Nur Steine und Geröll, ein paar Flechten am Boden hatten ihnen profane Gesellschaft geleistet. Der feine Staub lag in jedem Wurf ihrer Kleidung, in jeder Körperöffnung und – falte. Wenn sie Orangen aßen, knirschte es zwischen den Zähnen, und die verbrannte Haut blätterte sich trockenen Pergamentstücken gleich von ihren Gesichtern, die auch in der kühlsten Nacht noch zu glühen schienen.
    Noch nie war Isenhart die Abhängigkeit alles Lebendigen von Trinkwasser so erfahrbar vor Augen geführt worden. Nicht auszudenken, wenn eines Tages die Flüsse versiegen und kein Regen mehr vom Himmel fallen würde. Dann stünden sie vor riesigen Mengen an Meereswasser, das für sie und die Tiere nicht genießbar war. Es sei denn – dieser Gedanke kam ihm plötzlich, während er bis zum Hals im Tajo eingetaucht war –, es sei denn, es gelänge eine Prozedur zu finden, die das Wasser von seinem Salz befreite.
    Er wollte sich mit seinen Überlegungen an Konrad wenden, doch schon an der Haltung des Freundes erkannte Isenhart, dass möglicherweise Gefahr drohte. Konrad stand schräg abgewandt zu ihm knietief im Wasser. Er folgte Konrads Blick.
    Auf einer kleinen Anhöhe – genau auf dem Weg, den sie gekommen waren – machte er sechs Gestalten zu Pferde aus, allesamt in schwarze Tücher gekleidet. Die Form ihrer Schwertscheiden verliefin einer absurden Krümmung, ganz so, als seien sie Behältnisse für im Kampf verbogene Klingen.
    Isenhart gesellte sich zu Konrad. Die schwarz gekleideten Männer blickten unverwandt zu ihnen hinab. Und dann zu ihren Pferden.
    »Vielleicht wollen sie auch nur zum Wasser«, sagte Isenhart und bemühte sich, die Furcht vor einem Kampf aus seiner Stimme zu bannen.
    Konrad nickte: »Oder sich zum Christentum bekehren.«
    Die Mauren begannen miteinander zu sprechen. Isenhart hatte keinen Zweifel, um wen es dabei ging.
    Konrad stieg aus dem Wasser und ging auf sein Pferd zu. »Komm«, befahl er, ohne sich zu Isenhart umzudrehen. Der gab sich einen Ruck und folgte dem jungen Laurin.
    Konrad zog sein Schwert aus der Scheide, entnahm dem Beutel mit Proviant einen Schleifstein und begann herausfordernd, die Klinge zu schärfen. Prompt verstummte das Gespräch der Mauren.
    Isenhart fragte sich, ob sie ohne diese Provokation – denn nur so konnten die Muselmanen Konrads Verhalten auffassen – möglicherweise weitergezogen wären. Er stellte sich neben sein Pferd und nestelte am Sattel herum, als habe er etwas Unaufschiebbares zu erledigen. Sobald er die Augen nur ein wenig hob, nicht mehr als eine winzige Bewegung der Pupille, hatte er die sechs Reiter im Blick. Und die führten ihre Pferde nun die Anhöhe hinab und hielten auf sie zu. »Noch haben wir einen Vorsprung«, flüsterte Isenhart, »wenn wir sofort aufsitzen und …«
    »Und dann treiben sie uns genau in die Arme anderer

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