Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
Vom Netzwerk:
erstarrte.
    Sein Vater sah ihm in die Augen. »Ein kühler Kopf ist das A und O. Überlass dich niemals dem Zorn.«
    Er nahm das Schwert zurück, und Konrad rappelte sich auf. »Walther von Ascisberg hat vier Ungläubige im Zorn enthauptet«, hielt er seinem Vater entgegen.
    Der atmete einmal tief durch. »Es war die Hand Gottes«, erwiderte er dann.
    »Ja, sie hat sein Schwert geführt.«
    Sein Vater schüttelte den Kopf: »Nein, die Hand hat Gott über Walther gehalten in diesem Moment. Sonst wäre er tot. Man hätte ihn in Stücke gerissen an jenem Tag.«
    Konrad keuchte. Die Kämpfe mit seinem Vater entmutigten ihn, er hatte das Gefühl, alle würden zuschauen und heimlich über ihn lachen. »Ich mache Euch nichts recht«, konstatierte er und ließ das Schwert zu Boden fallen.
    Sigimund von Laurin trat dicht an ihn heran, kurz funkelte der Zorn in seinen Augen auf, wich dann aber dem Mitleid. »Ich lehredich das, was mein Vater mich gelehrt hat. Jedes Mal, wenn ich dich treffe, bereitet es mir mehr Schmerzen als dir.«
    Konrad hob den Blick. Sein Vater meinte jedes Wort so, wie er es sagte.
    »Du bist mein Stammhalter, Konrad. Du wirst dieses Haus führen. Deine Mutter und ich haben dich aufgezogen, es würde mir das Herz brechen, wenn du viel zu früh den Weg zum Herrgott antrittst, weil ich dich nicht gut genug vorbereitet habe.«
    Konrad spürte einen dicken Kloß in seinem Hals. Im gleichen Augenblick bemerkte Sigimund von Laurin, dass er möglicherweise zwei, drei Wörter mehr verloren hatte, als ihm lieb war.
    »Vater«, sagte Konrad leise und griff mit beiden Händen nach der Rechten seines Vaters, »ich wusste nicht …«
    »Schon gut«, unterbrach Sigimund, »verschwenden wir die Zeit nicht mit Empfindeleien. Heb dein Schwert auf.«
    Konrad tat wie ihm geheißen, und sie nahmen die Übung wieder auf.
    Die Schläge aus dem Burghof drangen nur noch von ferne an Isenharts Ohr. Er versank regelrecht in Chrétiens Buch. Er vergaß die Welt um sich herum, denn das, was der Franzose zu Pergament gebracht hatte, erschien ihm ebenso radikal wie bewundernswert.
    »Was liest du da?«
    Er fuhr herum.
    »Was Verbotenes?«, fragte Anna und lächelte neugierig. In ihrem Blick flackerte aber noch etwas anderes mit, etwas Freches.
    »Ja«, sagte Isenhart, kniff die Augen kurz zusammen und schüttelte dann den Kopf, »ich meine natürlich nein.«
    Wieder hatte sie ihn durcheinandergebracht, er hätte sich ohrfeigen können. Ihre Lippen waren roter und voller als sonst, ihr dünnes Sommerkleid war vorteilhaft geschnürt und – spielten seine Augen ihm etwa einen Streich? – sogar ein klein wenig durchsichtig, wenn das Sonnenlicht günstig fiel.
    Anna hatte rote Beeren gegessen und ihre Lippen damit eingerieben. Seit ein paar Monaten veränderte sich ihr Körper. Auch ihre Umwelt unterlag einer interessanten Metamorphose. JungeBurschen und gestandene Männer, die sie früher keines Blickes gewürdigt hatten, sahen ihr nach. Manche starrten sogar.
    Anna empfand Genugtuung.
    Natürlich genoss sie eine Kindheit in relativem Wohlstand, gemeine Entbehrungen waren ihr fremd. Man behandelte sie freundlich und mit Respekt – aber sie spürte auch, dass diese Behandlung nicht ihr Verdienst war. Der Respekt nicht natürlich gewachsen. Er war dem Umstand geschuldet, Tochter des Fürsten von Laurin zu sein – und nichts sonst.
    Diese Blicke aber, die sie seit einigen Monaten erntete, galten ihr allein. Endlich wurde Anna nicht aufgrund ihres Standes beachtet, sondern wegen ihrer Schönheit. Es waren Blicke, die ihre Mutter immer weniger auf sich zog, und Sophia noch gar nicht.
    Schnell fand sie heraus, wie sie ihre Erscheinung einsetzen konnte. An jenem Abend mit Alexander von Westheim hatte sie gelernt, dass ein vorteilhaftes Äußeres Macht über Männer bedeutete, sofern man es nicht übertrieb oder an ein besonderes Exemplar geriet.
    Anna hatte mit von Westheim am Feuer gesessen, es war schon spät geworden. In einem fort lächelte sie ihn an, strich sich durch die Haare, ließ ihren Umhang versehentlich über die Schulter rutschen und registrierte haargenau jede seiner Reaktionen. Dann geschahen zwei Dinge fast gleichzeitig. Im ersten Augenblick veränderte sich der Glanz in seinen Augen, er wurde durchdringend und zielgerichtet. Im zweiten Moment griff er ihr zwischen die Beine. Anna war erschrocken, sie sprang auf.
    Von Westheim seufzte. »Anna«, sagte er, als sei gar nichts geschehen, »du bist ein Backfisch.«
    Anna

Weitere Kostenlose Bücher