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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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sein Überleben die eigene Hinrichtung riskierte. Konnte es eine größere Zugewandtheit geben?
    Was mochte in Henning vorgegangen sein, als sie in das Gewölbein Tarup hinabstiegen? Ein ruhiges Wort an von Bremen und nur eine, vielleicht zwei Erwiderungen seinerseits hätten genügt, um der Illusion vom wahren Täter, den man in der eigenen Burg gestellt hatte, ein Ende zu machen. Henning und Günther, begriff Isenhart, mussten um jeden Preis einen Austausch zwischen Michael von Bremen und ihm verhindern. Kein Wort hatte fallen dürfen, oder alles wäre in Gefahr gewesen.
    Isenhart erreichte eine Anhöhe und stieg vom Pferd. Von hier aus schob sich das Kloster Sunnisheim in sein Blickfeld, eine Benediktinerabtei, die auf dem Michaelsberg oberhalb des Ortes Sunnisheim errichtet worden war. Im Jahre 1100, wie Zolner berichtet hatte.
    Das Kloster, das die Bräute Christi beherbergte. Eine von ihnen war Sophia.
    Doch bevor er ihr gegenübertreten konnte, wollte Isenhart das, was passiert war, durchdacht wissen. Und hinter sich lassen.
    Bevor er auf die Pergamente im Gewölbe der Burgruine stieß, hatte Henning sie von allen unbemerkt dort abgelegt. Er und sein Vater setzten überraschte Mienen auf. Aufzeichnungen! Womöglich von Michael von Bremen selbst!
    Was für ein Ungeheuer. Das war Konrad angesichts der anatomischen Zeichnungen über die Lippen gekommen. Und weder ihm noch Isenhart war bewusst, dass dieses Ungeheuer neben ihnen stand.
    Isenhart jedoch hatte spätestens an jenem Punkt begriffen, keinem Wiedergänger oder Wahnsinnigem auf den Fersen zu sein – sondern vielleicht einem Genie.
    Vielleicht einem Genie. Was für ein Balsam mussten seine Worte für Hennings gepeinigte Seele gewesen sein. Der junge von der Braake, der bis dahin niemand Ebenbürtigen getroffen hatte, der dazu verdammt war, Schach mit sich selbst zu spielen, und der daher von keinem neuen Zug überrascht werden konnte, der für seine eigenen Züge stets ohne Anerkennung blieb, ebendiesem Henning von der Braake mussten Isenharts Worte die reinste Wonne bereitet haben.
    Endlich jemand, der seine Taten als das beurteilte, was sie waren: bahnbrechend und einem begnadeten Kopf entsprungen.
    Mitten in diesen Moment platzte Michael von Bremen. Durchauseine Respekt einflößende Erscheinung, ein Mann, der nicht wissen konnte, wie ihm geschah. Der diese Zeichnungen nicht angefertigt, nicht gemordet und der nur als Sündenbock für Henning von der Braake gedient hatte. Der diesem vermutlich nur aus den Erzählungen Sydals von Friedberg bekannt gewesen war, den wiederum sein Vater getroffen hatte – damals in der Puente.
    Isenhart schüttelte den Kopf, den Blick auf das Kloster Sunnisheim gerichtet. Ein Mückenschwarm kreuzte seine Position und verharrte über ihm und seinem Pferd. Isenhart setzte seinen Weg auf das Benediktinerstift zu Fuß fort. Und jeder Schritt erschien ihm schwerer als diejenigen, die ihn über das Alpenmassiv geführt hatten.
    Michael von Bremen war in den Ruinen seiner Wohnstatt vier Fremden begegnet, verstand Isenhart. Vier Männern, die behauptet hatten, aus Spira zu stammen, und ihn wegen irgendwelcher Morde zur Verantwortung zu ziehen gedachten. Und einer von ihnen stürmte schon auf ihn zu: Konrad. Michael von Bremen entschloss sich zum Kampf – aber nicht, weil er die Morde an drei Jungfrauen begangen hätte, sondern um sich seiner Haut zu erwehren. Jeder Austausch zwischen Isenhart und von Bremen musste aus der Sicht der von Braakes unterbunden werden. Das war der Grund gewesen, begriff Isenhart, der Grund für Günther, den Armbrustbolzen auf den rothaarigen Hünen abzufeuern, der diesem in den Oberschenkel fuhr.
    Und nachdem sie sich getrennt hatten – es ist klüger, wenn wir uns aufteilen  –, während sie zu dritt, Konrad, Isenhart und Henning, in der Ruine nach dem verletzten Mann suchten, folgte Günther von der Braake der Blutspur, traf auf den Mann und erdrosselte ihn.
    Nun war Günther nicht besonders kräftig gewesen, dachte Isenhart, er entsann sich Brids Schilderung, wie Michael von Bremen den Herrn des Frauenhauses mit nur einem Arm gepackt und die Treppe hinabgestoßen hatte.
    Doch Michael von Bremen mochte die Kraft eines jungen Pferdes entfesseln können, aber nur, wenn er seinen verbliebenen Arm einsetzen konnte. Brachte man es fertig, von Bremens Arm zu fixieren,war der Mann quasi hilflos. Günther von der Braake hatte sich vermutlich eines Stockes und eines Stückes Tuch bedient, dem Hünen

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