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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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drei Heißsporne lebendig und unversehrt zum Ascisberg hatte zurückkehren lassen?
    Da war er wieder, der alte Hieronymus, der gesunde, der sich an diese Einzelheiten zu erinnern vermochte und damit kurz für ungläubiges Staunen bei den anderen sorgte.
    »Das wisst Ihr noch?«, fragte Marie.
    »Selbstverständlich. Der Herrgott hat mich mit einem hervorragenden Gedächtnis ausgestattet. Ihr erscheint mir bekannt. Wie ist Euer Name?«
    »Marie, Vater. Ich bin’s: Marie.«
    »Marie, ja. Natürlich.«
    Aber sie alle sahen die Leere in seinem Blick, die seine Worte begleitete und sie ins Gegenteil verkehrte. Dann schlugen die Wellen erneut über diesem wachen Moment zusammen, begruben ihn in einem Meer, dessen Oberfläche eine klare Grenze zog. Hieronymus gelang es nur noch äußerst selten, diese Linie zu durchbrechen. Den anderen aber war es nicht gegeben, sie zu übertreten. Sie vermochten nicht, dem Geistlichen in seine neue Welt zu folgen, die sich aus den wenig verbliebenen Resten der alten neu zusammengesetzt hatte und in der Regeln und Zusammenhänge wirkten, die niemandem außer Hieronymus bekannt waren.
    Sophia erfasste als Erste, dass sie einem Verstand beiwohnten, der sich in kleinen Dosen täglich verringerte, als fräße er sich selbst auf, immer kleiner wurden die Wege, die die Gedanken des Geistlichen zu gehen in der Lage waren.
    »Sein Verstand erlischt«, stellte Sophia leise fest.
    Genau so kam es. Die Beschädigungen seines Geistes, die Hieronymus durch den Schlag Gottes erlitten hatte und die seinem Erinnerungsvermögen zugesetzt zu haben schienen, waren keinesfalls beendet. Wie ein Wundfraß oder ein Schimmelgewächs wucherte der Schlag weiter und vernichtete Erinnerung um Erinnerung, er brachte Hieronymus’ geistige Fähigkeiten ins Wanken, beschädigte seine räumliche Koordination, sodass aus den festen, ruhigen Schritten überaus kurze wurden, die seinen Gang zu einem Schlurfen verkümmern ließen, und er merzte Stück um Stück mehr von dem aus, was es hieß, Hieronymus zu sein. Der Schlag Gottes raubte ihm mit der gemächlichen Langsamkeit des Siegers seine Identität.
    Das, so begriff Isenhart, war unaufhaltsam. Doch wenn dem Geistlichen Speichel aus dem Mundwinkel rann, wischte er ihn ab, und wenn sein ehemaliger Lehrer dieselbe Frage das dritte, vierte oder achtzehnte Mal an ihn richtete, disziplinierte er sich, jede Wut aus seiner Stimme zu bannen und ihm freundlich zu antworten, als täte er es das erste Mal. Was sich als kräftezehrend herausstellte –aber Hieronymus’ Würde nicht auch noch der Krankheit überließ. Zumindest nicht kampflos.
    Hieronymus würde niemals zu ihnen nach Heiligster zurückkehren, nur ein Schatten war geblieben, ein wohlbekannter, und auch der verlor von Tag zu Tag an Substanz.
    »Was gibt es Neues zu berichten?«, fragte der junge Mann mit dem schmalen Gesicht, der sein Maultier eng bei sich hielt, während der Ältere der beiden, vielleicht der Vater, sich auf den Sack aus Leinen setzte, in dem er vermutlich seine Habseligkeiten mit sich führte.
    Isenhart packte den Staken mit beiden Händen und stieß das Floß, auf dem sie sich alle befanden, von der Uferböschung ab. Er schob es in das Wasser des Rheins, bevor er den Stab zu Boden legte und ihn mit einem Lederriemen sicherte, den er dort angebracht hatte, nachdem ihm zwei Staken ins Wasser gerollt und flussabwärts verschwunden waren.
    »Wir hatten Unwetter«, erzählte Isenhart. Er stellte sich neben Hieronymus, der krampfhaft das Seil festhielt, das die beiden Ufer miteinander verband. Isenhart schlüpfte mit den Füßen in zwei lederne Schlaufen, die mittels Holzschrauben fest mit den Stämmen des Floßes verbunden waren. Mit flinken Fingern verschloss er sie über dem Rist der Füße und legte die Hände auf das Seil.
    »Gut. Ihr könnt loslassen.«
    »Wirklich?«, vergewisserte Vater Hieronymus sich mit leerem Blick.
    »Ganz bestimmt.«
    Hieronymus nickte und löste die Hände. Isenhart packte das Seil und zog daran, während er sich mit dem Körper gegen die Strömung des Rheins stemmte, die die hölzerne Fläche, auf der Isenhart seine Kundschaft übersetzte, flussabwärts drückte. Der Geistliche nahm neben ihm auf einem Schemel Platz, den Marie mit Hühnerfedern gepolstert hatte.
    »Jesus Christus hat diesen Platz gesegnet«, hatte Sophia Vater Hieronymus versichert.
    »Christus? Er war hier?«
    »O ja. Auf seinem Weg nach … Jerusalem«, log Konrad.
    Die Ehrerbietung, die Vater

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