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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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war, als hätte der Kampf um das Haus Laurin nie stattgefunden, als sei der Verlust von so vielen, der Tod von Sigimund und Mechthild, nur einem Albtraum entsprungen. Plötzlich schien es nicht mehr unwahrscheinlich, dass der Hausherr um die Ecke schritt, vielleicht in ein Gespräch vertieft mit Walther.
    Isenhart warf Sophia daraufhin einen Blick zu, der das nicht entging. Sie reckte ein wenig den Hals und sah ihm in die Augen. Die verkrusteten, rötlich braunen Linien, die ihr Gesicht auf unterschiedlichen Bahnen durchkreuzten, konnten ihrer Anmut nichts anhaben, wie er erstaunt registrierte. In ihren Augen lag ein Lächeln, das ihm galt. Während die ersten Kinder wie befürchtet auf die entstellte Frau starrten und mit Fingern auf sie und den Mann mit den verbrannten Augen zeigten, bewegte Sophia von Laurin sich, als sei nichts geschehen. Jeder Schritt eine echte Fürstentochter.
    Isenhart fragte sich, womit er die Zuneigung dieser Frau verdiente, deren innerer Stärke er nicht das Wasser zu reichen vermochte. Henning, in dessen Gesicht ein tiefer Schnitt vom Wangenknochen, an dem Sophia mit der Klinge abgerutscht war, bis zum Ohr von dem Angriff der gestrigen Nacht zeugte, hatte sie zur Seite geführt. Und Simon von Hainfeld, der ihnen gefolgt war, hatte Isenhart die Sicht genommen, sodass dieser nicht hatte sehen können, wohin seine Frau gebracht wurde.
    Und nun fand er sich in dem Raum wieder, in dem Vater Hieronymus und Walther sie unterrichtet hatten, in dem ihm dieses Privileg eines Adligen zuteilgeworden war. Trotz der Rohrstockhiebe, die er hier erlitten hatte, wurde ihm bei dem Anblick warm ums Herz. Viele Erinnerungen seiner Kindheit waren mit diesem Ort verbunden, in dem sie standen und auf jemanden warteten. Bis diese Gestalt eintrat, von der Isenhart überzeugt war, sie im Diesseits nicht mehr anzutreffen.
    »Es ist Wilbrand von Mulenbrunnen«, flüsterte er Konrad zu,dem sich der Abt als dunkler Fleck vor hellem Hintergrund präsentierte.
    »Das kann nicht sein«, sagte Konrad fassungslos.
    Isenhart nahm an, der Freund dachte dabei ebenso wie er selbst zurück an die letzten Worte, die ihm aus dem Mund des Abts in Erinnerung waren: Du kannst mich nicht töten. Diese fünf Worte hatte er in jener Nacht in der Puente ausgestoßen, während ihm Konrads Messer im Bauch stak.
    Der Abt musterte sie, und der Fang, den man ihm präsentierte, schien seine Laune zu steigern. Seine Mundwinkel hoben sich ein wenig. »Konrad von Laurin. Es ist mir eine große Freude, Euch zu sehen. Leider könnt Ihr das wohl nicht ehrlich erwidern.«
    Die Worte verfehlten ihre Wirkung keineswegs. Aber es war nur Isenhart, der jene kaum merkliche Versteifung Konrads wahrnahm, diese Spannung, die ihn durchlief. Wie eine Wildkatze vor dem Angriff.
    Wilbrand blieb ahnungslos. Er musste annehmen, Konrad würde diese Schmähung an sich abperlen lassen. »Ihr seid in den Schoß Eurer Familie zurückgekehrt – freilich ist er nicht mehr fruchtbar. Ich weiß das, weil einige Soldritter Eure Mutter geschändet haben, als sie schon kalt war.«
    Konrad schoss vor. All die Abstumpfung, die er als Wachmann Spiras durchlaufen hatte, die Abkühlung seines Gemüts, war dahin. Mit der Hitzigkeit und Kraft der Jugend griff er den dunklen Fleck an. Von Lauffen riss den Ellbogen hoch, der Konrad ins Gesicht traf und zu Boden gehen ließ.
    Isenhart hockte sich neben Konrad und half dem Benommenen wieder auf die Beine. »Unsere Stunde kommt«, flüsterte er ihm zu.
    »Habt Ihr genug Schneid, um gegen einen Mann anzutreten, der sein Augenlicht verloren hat?«, rief Konrad. »Oder ist Euch das zu gewagt?«
    »Mein Anstand verbietet es mir, auf Euren Vorschlag einzugehen, Konrad.«
    »Dann kämpfe ich anstelle meines Herrn«, stieß Isenhart hervor.
    Wilbrand von Mulenbrunnen nahm ihn ins Visier, jedwede Herablassung und Ironie verflüchtigte sich, ja, er musterte den Begleiter Konrads, dem er ein drittes Mal gegenüberstand. Die Haltung des Abtes war von Neugier geprägt. Von der Art, mit der man ein seltenes Tier in Augenschein nahm. »Isenhart, so nennt man dich, nicht wahr?«
    Isenhart rührte sich nicht, mittlerweile hatte Konrad wieder festen Stand neben ihm gefunden. Hannes von Lauffen stieß ihm den Stab einer Lanze in die Rippen, sodass Isenhart kurz nach Luft schnappen musste. »Ja«, brachte er dann gepresst hervor.
    Der Abt nickte, und das Interesse in seinem Blick wich nicht, die Neugier war noch nicht gesättigt.
    Isenhart spürte

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