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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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Lager mit den Frauen. Von den sieben Frauen wurden sechs schwanger. Sie gebaren zwei Knaben und vier Mädchen. Drei der Mädchen starben.«
    »Und?«
    »Sydal von Friedberg hat die beiden Knaben nach ihrer Geburt geküsst. Beide sind bei Männern aufgewachsen, die sie als ihre Väter betrachteten. Der eine war ein Medicus – und der andere ein Schmied. Wir sind nicht nur Seelenverwandte, Isenhart.«
    Das war es, was er immer zwischen ihnen gespürt hatte, wurde Isenhart plötzlich bewusst. Es war etwas, was er nicht zu benennen imstande war, eine Nähe, die über die gemeinsame Neigung zu Erkenntnis und Neugier hinausging. Nur dass er sie sich nie hatte erklären können – bis heute.
    »Oh«, hörten sie eine Stimme, die Isenhart bekannt vorkam, »diesen Teil der Gewölbe kenne ich gar nicht.«
    »Ich verstehe, Ihr weilt selten hier, und die Burg befindet sich jaauch erst seit elf Jahren in Eurem Besitz«, antwortete eine zweite Stimme, durch die sich fein wie eine Spinnwebe die Ironie von Wort zu Wort spannte.
    Isenhart wich mit zwei Sätzen zur Seite, um im zweiten Durchlass eine Deckung zu suchen, als die Gestalten im Gewölbe erschienen: Wilbrand von Mulenbrunnen, dessen Stimme sie soeben vernommen hatten, und zwei Wachmänner, deren Wappen auf der Brust ihre Zugehörigkeit zu dem Mann symbolisierten, der als Erster in das Gewölbe getreten war.
    Er war hochgewachsen, Anfang vierzig. Das dichte, graue Haar fiel ihm auf die Schultern. Sein Talar war schwarz und frei von Staub, versehen nur mit Knöpfen aus roter Seide.
    Henning stand auf. Der Blick des Fremden glitt über die Präparate, wanderte anschließend zu von der Braake, dann zu Isenhart.
    Einer der Wachmänner übergab sich, als er die mit Harz konservierten Organe als solche identifizierte. Henning hielt dem Blick des Bischofs, um den es sich offenbar handelte, stand, während Wilbrand ihm auswich.
    »Was um alles in der Welt hat das hier zu bedeuten?«, fragte er und wedelte dabei mit seinem purpurnen Hut. Seine Geste umschloss die Präparate, die er wohl auch als das erkannte, was sie waren, die ihn aber nicht zurückweichen ließen.
    Isenhart widerstand seinem ersten Impuls, den Mann mit einem Schwerthieb zu töten, um sich den Fluchtweg zu bahnen. Es musste Konrad  III . von Scharfenberg sein, der nur wenige Fuß von ihm entfernt so agierte, als sei Isenhart gänzlich unbewaffnet.
    Um alles in der Welt, dachte Isenhart, das waren seine Worte gewesen. Nicht um Gottes willen. Und er trug den purpurnen Hut, der eigentlich den Kardinälen vorbehalten war und jene kennzeichnete, die direkt in päpstlicher Mission unterwegs waren. Der Bischof von Spira trug ihn nicht auf seinem Haupt, sondern nutzte ihn beim Gestikulieren als Verlängerung seines Armes.
    »Achtet nicht weiter auf … das hier«, schaltete Wilbrand sich ein und deutete mit dem Kopf in Isenharts Richtung, »das dort ist der andere, der versucht hat, mich zu töten. Isenhart von Laurin.«
    Konrad von Scharfenberg nahm ihn nun genauer ins Visier. Isenhart blickte ihm in die Augen, unverwandt und von provozierenderDauer. Von Scharfenberg wandte seinerseits die Augen nicht ab. Als ihre Blicke sich trafen, wusste Isenhart auf Anhieb, mit wem er es zu tun hatte. Es war einer von ihnen, ein Ebenbürtiger.
    »Isenhart von Laurin«, wiederholte Konrad  III . von Scharfenberg und vollführte einen Schritt auf ihn zu. Der zweite Wachmann trat ebenfalls vor, er griff nach dem Knauf seines Schwertes, doch der Bischof hob nur leicht die Hand, um dessen Absicht noch im Keim Einhalt zu gebieten. Von Scharfenberg wandte sich nicht einmal zu seiner Leibwache um: »Nicht. Das sollte nicht nötig sein.«
    Er trat mit einer wehrlosen Offenheit an Isenhart heran, die es diesem unmöglich machte, die Waffe gegen den Mann zu erheben.
    »Reicht mir Euer Schwert, Isenhart von Laurin, und ich versichere Euch, dass ich faires Gericht über Euch halten werde.«
    Der Bischof streckte die offene Hand aus. Niemand im Gewölbe rührte sich mehr, alle Blicke richteten sich auf Isenhart, der zögerte.
    Er las in den Augen des Bischofs eine Aufrichtigkeit, die ihn auf seltsame Weise berührte. Sie bezog ihre Seltsamkeit aus dem Umstand, dass Isenhart so etwas wie einen Plan dahinter erkannte.
    Er wendete die Schlagwaffe und reichte dem Mann Gottes das Schwert.
    Konrad  III . von Scharfenberg quittierte das mit einem Nicken, als hätten sie beide soeben einen Pakt geschlossen.

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40.

    er vierjährige Junge

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