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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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Isenhart noch einen staunenden Blick zu, bevor er folgte. Dann stutzte er und wandte sich um, weil er Isenharts Zögern bemerkte. »Was ist mit dir?«
    »Ich bleibe noch draußen.«
    Walther wollte schon nach dem Grund fragen, aber etwas an Isenhart, an seiner Haltung, seinem Blick, sagte ihm, er würde keine Antwort erhalten. Daher nickte er und wollte sich abwenden, als Isenhart doch noch etwas sagte. »Wusstet Ihr, dass ich nicht der Sohn von Ida und Chlodio bin?«
    Walther von Ascisberg hatte diese Frage über all die Jahre fast mehr als alles andere gefürchtet. Und sich doch gegen alle Wahrscheinlichkeit der widersinnigen Hoffnung hingegeben, sie würde ihm vielleicht – mit etwas Glück – nie gestellt werden.
    Nun war es so weit. Lange hatte er Gelegenheit gehabt, sich darauf einzustellen und zu wappnen. Trotzdem fanden ihn Isenharts Worte unvorbereitet.
    Er warf kurz einen Blick zu Boden, um sich zu sammeln, bevor er dem jungen Schmied in die Augen schaute. »Wer hat das behauptet?«
    »Chlodio.«
    Walther von Ascisberg runzelte die Stirn. »Vielleicht hat er es gesagt, um dich nicht an der Flucht mit Konrad zu hindern. Vielleicht hat er gehofft, du würdest deswegen keine Rücksicht auf ihn nehmen.«
    Isenhart schüttelte ganz leicht den Kopf. Andere bewegten ihr Haupt dabei mehrmals nach links und rechts. Isenhart dagegen hatte die Angewohnheit, ihn nur ein einziges Mal zwei Fingerbreit nach beiden Seiten zu schwenken. »Er hat keine Rücksicht genommen.« Eine Prise Bitterkeit schwang in den Worten des jungen Schmieds mit.
    »Hat er denn gesagt, wer dein leiblicher Vater ist, Isenhart?«
    »Nein.«
    Eine gewaltige Erleichterung durchströmte Walther. Natürlich: Chlodio wusste nicht, wer Isenharts Vater war. Aber die Hebamme hatte noch ein Jahr gelebt, gut möglich, dass sie sich etwas zusammengereimt und es unters Gesinde gebracht hatte. Und von dort war es erfahrungsgemäß nicht mehr weit bis zur Schmiede.
    Diese Möglichkeit hatte stets bestanden. Diese eine Möglichkeit.
    Die beiden anderen Möglichkeiten hatte Walther damals umgehend ausgeschlossen, und das tat er auch heute, hier in Bruchsal, während Isenhart ihn erwartungsvoll ansah. Die eine war Chlodio selbst gewesen, dem die Sache eventuell keine Ruhe hätte lassen können und der hätte Erkundigungen einholen können über seinen Ziehsohn. Allerdings erschien Walther Sigimunds Wahl, die damals auf Chlodio gefallen war, in diesem Sinne als gut, denn Chlodio war ein Phlegmatiker, er würde niemals die Initiative ergreifen und sich auf die Suche nach der wahren Identität Isenharts machen.
    Die andere Möglichkeit war Sigimund von Laurin. Sigimund wusste um Isenharts Herkunft. Aber Sigimund hatte mit Sicherheit zeit seines Lebens keine Silbe darüber verloren. Zu brisant war die Angelegenheit, die der Herr von Laurin nun mit ins Grab genommen hatte.
    Der einzige Hüter des Geheimnisses um Isenharts Herkunft war nun also Walther selbst. Und der verschwand im Inneren des Hauses.
    Isenhart schloss die Tür.
    Walther betete aufrichtig, selbst einige der Ritter, die Simon Rubinstein zu ihrem Schutz zurückgelassen hatte, gesellten sich dazu. Sie beschworen den Herrgott, diesen guten Mann, der da vor ihnen im Stroh lag und schwer atmete, noch nicht zu sich zu rufen.
    Als sie sich endlich zur Ruhe betteten, die Lippen trocken und aufgesprungen von all den gemurmelten Fürbitten, dunkelte es bereits. Sophia erwachte, ihr Zustand hatte sich gebessert. Nachdem sie ihren Bruder in Augenschein genommen hatte, dessen Kopf in Maries Schoß lag, die ihm unermüdlich den Schweiß vom Gesicht tupfte, erkundigte sie sich nach Isenhart.
    Draußen trafen sie auf niemanden, das Gehöft lag verlassen da, der Nebel war nicht gewichen.
    »Isenhart«, rief Sophia, doch die Antwort blieb aus. Walther spähte in den dichten Nebel auf der Suche nach einer Silhouette. Erfolglos.
    Sie stießen in den Stallungen beim Durchzählen auf vierzehn statt auf sechzehn Pferde.
    »Zwei fehlen«, stellte Sophia fest, »es müssten sechzehn sein.«
    »Richtig«, antwortete Walther und wollte umkehren, als ihn die Erkenntnis über Sophias Leistung einholte und mitten in der Bewegung verharren ließ. Er sah sie verblüfft an. »Woher weißt du das?«
    »Weil wir sechzehn Personen sind. Die zwölf Ritter, Vater Hieronymus, Ihr …«
    »Das meinte ich nicht«, unterbrach von Ascisberg, » woher kannst du rechnen, Sophia?«
    »Ich hab’s mir beigebracht«, erwiderte das Mädchen.

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