Isenhart
Vermutung zutraf – und einiges sprach dafür, dass das der Fall war –, vermochte Walther dem jungen Mann, der Isenhart inzwischen geworden war, nicht zu helfen. Konrads Zustand war bedenklich, Walther konnte Bruchsal nicht verlassen, ohne das Leben des jungen Stammhalters aufs Spiel zu setzen. Und Isenhart wusste das.
Walther von Ascisberg erwog, drei Ritter nach Isenhart auszusenden, verwarf diesen Einfall aber sofort wieder. Mit Sicherheit hatte Wilbrand von Mulenbrunnen nach dem Zusammenstoß seiner Männer an der Glems und dem Hinterhalt bei Fügingen ein schlagkräftigeres Kontingent entsandt. Denn man stellte keine Ritter gegen die des Abtes, wenn es nicht etwas Wertvolles zu schützen gab. Walther nahm an, dass Wilbrand sehr genau wusste, wen sie in Sicherheit zu bringen gedachten.
Dieses Kontingent aus Mulenbrunner Rittern suchte nach Konrad – nicht nach Isenhart. Dessen Chance, ihnen auszuweichen oder sie mit einem Trick zu umgehen, stand also gut. Noch dazu war Konrad von Laurin weit davon entfernt, sich selbst verteidigen zu können. Isenhart dagegen blieb immerhin noch die Möglichkeit, sich seiner Haut zu erwehren, wenn es hart auf hart kam.
Schweren Herzens beschloss Walther daher, dass es nichts gab, was er für ihn tun konnte.
Tatsächlich begegnete Isenhart den Häschern Wilbrands mitten in der Nacht in Höhe von Bretten. Er sah ihre Fackeln früh genug, umsich mit den beiden Pferden ins Unterholz zu schlagen und dort abzuwarten, bis sie ihn passiert hatten.
Isenhart zählte an die vierzig Mann. Und hoffte inbrünstig, die List, die Walther und Simon Rubinstein ersonnen hatten, möge funktionieren. Denn die zwölf Ritter, die der Jude zu Konrads Bewachung bei Bruchsal zurückgelassen hatte, wären bei einem Aufeinandertreffen mit dieser gepanzerten Schar, die nun wieder zusehends in der Dunkelheit verschwand, hoffnungslos unterlegen.
Vorsichtig führte er die Pferde zurück auf die Handelsstraße und setzte seinen Weg nach Südosten fort. Erst seitdem sich Konrad und Sophia in relativer Sicherheit befanden, war ihm Henrick wieder eingefallen. Ein wenig spät, wie er beschämt feststellte. Aber seinem Bruder, wie er ihn wider besseres Wissen immer noch nannte, war es in den vergangenen Jahren fast immer gelungen, sich vor anstrengender Arbeit zu drücken. Möglicherweise hatte er sein Geschick in diesem Zusammenhang auch bei der Erstürmung der Burg anwenden können und so sein Leben gerettet.
Simon Rubinstein hatte mit den knapp dreißig Rittern, die ihn noch begleiteten, rechtzeitig die Bruchsaler Kirche erreicht. Sie platzten in die Messe, baten unüberhörbar um Proviant für den verletzten Konrad von Laurin und fragten so viele Leute wie möglich nach dem Weg nach Worms.
Simon nahm dabei die Rolle Konrads an. Mit einer Kapuze über dem Kopf waren seine Züge für die Kirchengänger nur erahnbar. Er saß leicht zusammengesackt auf seinem Pferd. Und als sie nach Spira aufbrachen, wusste jedes Kind in Bruchsal, dass der verletzte Konrad von Laurin Zuflucht in Worms suchte.
Doch hatte Walther von Ascisberg richtig vorhergesagt, dass diese eine Finte nicht ausreichen würde, um Wilbrand zu blenden.
Am Abend erreichte der Trupp Spira, wo die Männer sich erneut auf alle erdenklichen Arten bemerkbar machten – dieses Mal gab einer der Ritter vor, Konrad von Laurin zu sein –, um in Richtung Worms abzureisen und dies auch jeden wissen zu lassen.
Kaum hatten sie die Stadt hinter sich gelassen, sandte Rubinstein sechs der Söldner zurück. Zwei von ihnen nach Spira selbst,in dessen Gassen und vor allem Wirtshäusern sie Ausschau nach Verfolgern halten sollten. Mit demselben Auftrag ritten zwei weitere Ritter zu dem Gut Tutenhoven, südlich von Spira, das Walther von Ascisberg zeitweise bewohnte und wo sie von einer nahe gelegenen Anhöhe aus beobachten sollten, ob Wilbrands Männer sich dort blicken ließen.
Diese vier Männer erhielten die Weisung, sich nicht zu erkennen zu geben und die Männer des Abtes auf gar keinen Fall in einen Kampf zu verwickeln.
Die letzten beiden Soldritter schließlich schickte Simon Rubinstein nach Worms, um dort nach einem geeigneten Nachtquartier zu suchen, das den Stammhalter und vierzig Ritter aufnehmen könnte. Sie waren angehalten, mit möglichst vielen Wirten und Stadtvätern zu sprechen und nach zwei Tagen wieder abzureisen.
Simon selbst folgte der alten Römerstraße, die Spira mit Worms verband. Am Folgetag erreichten sie Mannenheim, ein
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