Isländisch Roulette: Thriller (German Edition)
Steinni? Hast du diese Summe locker?«
Steinn Þorri lächelt kühl über die Arroganz und Überheblichkeit des alten Vorsitzenden der Schülervertretung hinweg.
»Was glaubst du, Mann?« Er weist empört auf ihre Umgebung. »Ihr erinnert euch an den Schwenk, den ich mit der belgischen Handelskette eingelegt habe. Der alte Knabe weiß sehr wohl, was er tut, auch wenn er keinen Abschluss hat, so wie manch anderer.«
»Ja, ja«, kommt es von den anderen beiden wie aus einem Munde, sie schielen sich dabei aus den Augenwinkeln an.
»Ich habe viel mehr kassiert, als alle dachten. Und wie ich das gemacht habe … absolutely beautiful.«
Steinn Þorri bringt sich in Position, genehmigt sich noch einen doppelten G&T und beginnt mit der Geschichte: »Ihr habt es vielleicht gehört, aber noch nicht von mir selbst. Ich habe das Geschäft meines Lebens im Jahr 2000 gemacht, als ich zusammen mitdem jetzigen Geschäftsführer einen großen Anteil der belgischen Handelskette AB aufgekauft habe. Der Kauf wurde von der isländischen Investitionsbank Kaupþing in Luxemburg finanziert. Die Entwicklung der Handelskette war in den Jahren davor jämmerlich gelaufen, der Kaufpreis war also extrem günstig.« Er macht eine Pause, um einen ordentlichen Schluck von dem starken Drink zu nehmen. »War eine Slam-Dunk-Sache. Der Geschäftsführer hatte dreißig Jahre Erfahrung in der belgischen Einzelhandelsbranche und wusste ganz genau, wie man es drehen musste. Den Kaufpreis haben wir allein schon wieder reingeholt, indem wir die Bestände und Außenstände reorganisiert haben, und das Defizit haben wir gleich im ersten Jahr in einen Acht-Milliarden-Gewinn umgewandelt. Dann konnten wir uns einen Ertrag auszahlen, der unsere gesamte Investition umfasste. Das Gleiche passierte im darauffolgenden Jahr. Damit hatte ich meinen Gewinn in zwei Jahren verdoppelt – aus drei Milliarden waren sechs geworden, und alle Kredite der Gesellschaft waren bereits abbezahlt. Stellt euch das mal vor! Ein Jahr später haben wir eine Refinanzierung durchgeführt, indem die Handelskette für zwanzig Milliarden Anleihen ausgegeben hat, für die Kaupþing in Lux die Effektenemission übernahm, und dieses Geld floss dann komplett an uns Eigner in Form von Dividenden. 2005 hab ich dann meinen Anteil anKaupþing verkauft und bin mit glatt dreißig Milliarden Gewinn rausspaziert.« Steinn Þorri strahlt dabei übers ganze Gesicht.
»Ja, ja, schon gut! Wir glauben dir …«, sagt Reynir.
»Selbstverständlich hat der alte Knabe die paar Mäuse flüssig«, murmelt Steinn Þorri.
»Hört mal! Das ist eine coole Idee, und es würde Spaß machen, dabei zu sein. Wir wollen doch immer reicher werden, oder?«, sagt Reynir fröhlich.
»Ja, lasst uns zuschlagen«, sagt Steinn Þorri.
»Nonni! Du machst dich dran, diesen Fonds zu gründen. Sollen wir uns nicht noch einmal treffen, wenn alles bereit ist, und den Anlageplan aufstellen?«, fragt Reynir.
»Ohne Frage«, stimmt Steinn Þorri zu.
»Ich mach mich gleich an die Sache und geb euch Bescheid.« Jón Þorbergur kann sich kaum beherrschen vor Freude.
Luxemburg, Mittwoch, 6. September 2006
Alles ist vorbereitet. Jón Þorbergur sitzt zufrieden in seinem neuen Büro in der zweiten Etage eines alten Gebäudes am Boulevard Konrad Adenauer des Kirchberg-Viertels im Nordosten Luxemburgs. Auf einer vergoldeten Tafel an der Eingangstür ist zu lesen: GLACIERSCAPITAL FUND. Er hatte eine ganze Zeitlang nach den passenden Räumlichkeiten für den Hedgefonds gesucht und sie dann endlich neben der Europäischen Investitionsbank gefunden.
Das Büro ist nicht groß, etwa hundert Quadratmeter, reicht ihm aber vollkommen aus. Jón Þorbergur und sein französischer Sekretär haben es gut. Zwei Schreibtische, ein Besprechungsraum für sechs Personen, Teeküche und Toilette. Mehr braucht er nicht. Er kann es kaum erwarten, loszulegen und den isländischen Markt plattzumachen. Die Genehmigungen dazu sind alle eingetroffen. Er hat die Zustimmung der Finanzaufsichtsbehörde in Luxemburg zur Gründung des Fonds erhalten.
Vor zwei Wochen haben sie sich erneut getroffen, er, Steinn Þorri und Reynir Sveinn, diesmal in Reynirs Wohnung in Paris. Dort haben sie dann den Investitionsplan endgültig beschlossen. Dabei haben Steinn Þorri und Reynir Sveinn auch jeweils ihre Zahlung von zehn Milliarden transferiert, zu der sie sich verpflichtet hatten. Keiner von beiden hatte Schwierigkeiten, diese Summe bereitzustellen. Jón Þorbergur
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