Isländisch Roulette: Thriller (German Edition)
wieder so wie in der Bank. Scheißlohn für Scheißarbeit.
Genf, Freitag, 1. Mai 2009
Jón Þorbergur steht eine Fahrt von sechshundert Kilometern nach Genf bevor. Er öffnet den Tresor in seinem Büro am Boulevard Konrad Adenauer und nimmt die Aktentasche mit den Diamanten heraus. Er ist gestresst. Er muss zwei Staatsgrenzen passieren, die von Frankreich und die der Schweiz, und er hat keine Ahnung, wie er die Existenz der Diamanten erklären sollte, falls sie entdeckt würden. Fuck it. Die werden mich schon nicht kontrollieren, denkt er bei sich.
Nach sechzehn Kilometern Fahrt erreicht er die französische Grenze bei Dudelange. Er saust durch den Zoll. Er schwitzt und schwitzt, obwohl die Klimaanlage auf vollen Touren läuft. Er fährt weitere dreieinhalb Stunden wie erstarrt durch Frankreich undkann die Aussicht nicht genießen. Er achtet kaum auf die Schilder, bis er sieht, dass er auf die E62 fahren muss, die nach Genf führt. Er folgt der Autobahn knapp achtzig Kilometer und erreicht die französisch-schweizerische Grenze. Nichts. Nicht mal seinen Pass wollen die sehen. Er sieht auf die Uhr. Es ist zwölf. In einer halben Stunde muss er bei der Bank sein. Glücklicherweise liegt Genf fast auf der Grenze, so dass er rasch in die Stadt kommt. Gott sei Dank gibt es GPS, denkt er, während er den Wagen vor der Banque de Genève in der Rue du Rhône abstellt. Er geht hinein und setzt sich auf einen bequemen Stuhl links vom Eingang.
Eine Viertelstunde später kommt Steinn Þorri zur Tür herein, gekleidet in ein schwarzes Armani-Poloshirt, schwarze Jeans und Krokodillederschuhe.
»Hey, Nonni Boy! Das läuft ja alles wie am Schnürchen«, sagt er, als er Jón Þorbergur erblickt.
»Ja, war keine große Sache.«
»Zum Teufel, Reynsi hat doch immer Spaß daran, auf sich warten zu lassen«, flucht Steinn Þorri genervt.
Er hat das letzte Wort noch nicht zu Ende gesprochen, als Reynir Sveinn hereinstürmt. Er sieht gut aus. Das Haar zurückgekämmt, weißes Hemd, die oberen drei Knöpfe offen, und ein hellbrauner Anzug. Jón Þorbergur beobachtet seine Freunde. Verdammte Säcke. Halten sich für die Könige. Haben aber nichteinen Finger krumm gemacht. Er, Jean-Claude und Burt haben sich um alles gekümmert.
»Hallo, Jungs! Schön, euch zu sehen«, sagt Reynir.
»Ist alles so weit?«, fragt Steinn Þorri.
»Ja, hier ist alles drin«, sagt Jón Þorbergur und reicht ihm die Tasche mit den Diamanten. »Ihr müsst bedenken, dass der Wert dieser Steine, die jetzt euch gehören, eine halbe Milliarde Dollar beträgt. Das Schleifen hat den Wert jedes Einzelnen um eine Million Dollar gesteigert. Das ist eine brillante Investition.«
Steinn Þorri und Reynir pfeifen beide durch die Zähne.
»Das sind wirklich Topleute, die du da in Belgien ausfindig gemacht hast, Steinni«, sagt Reynir.
»Absolute Topleute. Ich wusste, dass wir uns auf Jean-Claude verlassen können«, sagt Steinn Þorri und strahlt bis zu den Ohren. Dann wird er nachdenklich. Was hat er sich eigentlich dabei gedacht, diesen Idioten Reynir mit ins Boot zu holen. Das ist die fucking beste Geschäftsidee, die ein Isländer je hatte. Doch er kann es jetzt auch nicht mehr ändern. Die Dinge sind schon zu weit fortgeschritten.
»Wie funktioniert denn das Sicherheitssystem von dem Bankfach?«, fragt Jón Þorbergur.
»Wir haben eine Nummer für das Konto, und dazu müssen wir unseren rechten Daumen auf einen Scanner legen«, sagt Steinn Þorri.
»Wollen wir es dann nicht endlich hinter uns bringen?«, fragt Reynir ungeduldig.
»Doch, erledigen wir es. Hör mal, Nonni Boy! Riesigen Dank für all deine Hilfe. Wir hören uns«, sagt Steinn Þorri, und die beiden Freunde gehen zum Fahrstuhl, der sie hinunter zum Banktresor bringt. Bevor sie in den Lift steigen, geben sie der Dame am Empfang die Nummer ihres Bankfachs. Die Türen des Fahrstuhls öffnen sich, und sie gehen hinein. Sie schweben drei Etagen abwärts. Sie steigen aus und gehen auf den Scanner und die bewaffneten Wachposten zu. Steinn Þorri und Reynir drücken nacheinander ihren rechten Daumen auf den Scanner. Einer der Security-Männer reicht ihnen einen Zettel, auf den Reynir die Nummer des Faches notiert. Sie gehen bis ans Ende des Raumes, die Stahlgittertür öffnet sich vor ihnen. Ein älterer Herr mit düsterer Miene zeigt ihnen den Weg in ein Zimmer, in dem sie darauf warten, ihr Fach ausgehändigt zu bekommen.
»Wollen wir nicht einen Blick in die Tasche werfen, bevor wir sie in
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