Isländisch Roulette: Thriller (German Edition)
das Fach legen?«, fragt Steinn Þorri.
»Doch, unbedingt«, stimmt Reynir zu.
Steinn Þorri öffnet die Tasche, und vor ihren Augen gleißt ein stattlicher Haufen Edelsteine. Sie schnappen beide nach Luft. Wie schön das ist! Steinn Þorri verschließt die Tasche und legt sie ins Fach, das man ihnen hingestellt hat. Reynir schließt es.
»Das ist unser gemeinsamer Notgroschen«, sagt Steinn Þorri.
»Dir ist klar, dass zwischen uns beiden absolutes Vertrauen herrschen muss. Wir sprechen hier nicht über irgendwelches Kleingeld«, sagt Reynir.
Sie sehen sich in die Augen.
»Aber natürlich, Reynir«, antwortet Steinn Þorri.
Sie verlassen die Bank und verabschieden sich mit einem Händedruck und einer Umarmung. Steinn Þorri überquert die Straße, während Reynir Sveinn in Gedanken versunken die Rue du Rhône entlanggeht. Kann er diesem Typen trauen? Eigentlich war er immer ein übler Mistkerl gewesen, schon seit sie zusammen auf dem Wirtschaftsgym waren. Reynir weiß keine Antwort, aber er weiß, dass er nichts daran ändern kann. Dieses Mal muss er Steinn Þorri vertrauen. Er zuckt mit den Schultern.
17
Reykjavík, Sonnabend, 22. Mai 2010
Im Konferenzraum in der zweiten Etage der Polizeidienststelle in der Hverfisgata haben sich an diesem Samstagabend fünfundzwanzig Personen versammelt. Es ist kurz vor dreiundzwanzig Uhr. Gunnar Finnbjörnsson steht vor seinen Leuten.
»Danke, dass ihr so kurzfristig hierher gekommen seid. Ich weiß, ihr seid alle todmüde, schließlich habt ihr schon eine lange Schicht hinter euch. Wie ihr auf dem Blatt seht, das verteilt wurde, ist es uns gelungen, einen Mann in der Wohnung 3-2 im Engihjalli 27 zu orten, der des Mordes an Reynir Sveinn Reynisson beschuldigt wird.« Gunnar sieht in die Runde und räuspert sich. »Er ist ein verurteilter Gewalttäter mit Verbindungen zur Mafia in Litauen und wahrscheinlich bewaffnet. Wir müssen daher besonderes vorsichtig vorgehen«, sagt er entschlossen. »Tryggvi von der Taktischen Spezialeinheit wird erläutern, wie der Zugriff erfolgen soll«, ergänzt er und sieht zu einem stämmigen blonden Mann, der rechts von ihm mit am Tisch sitzt.
»Zurzeit ist einer meiner Männer oben im Engihjalli und besorgt einen Schlüssel von einem der Hausbewohner. Er hat die Bestätigung erhalten, dass sich der Verdächtige in seiner Wohnung aufhält, und ich gehe davon aus, dass der Kollege in zehn Minuten hier eintreffen wird.« Tryggvi sieht auf die Uhr. »Wir haben entschieden, mit einem großen Aufgebot in den Block einzudringen. Zuerst eine zehnköpfige bewaffnete Spezialeinheit. Danach kommen vier Kripobeamte und vier von der Spurensicherung. Wir brechen die Tür auf und überwältigen den Verdächtigen so schnell wir können. Die Kripobeamten bringen ihn runter aufs Revier, und die Spurensicherung nimmt die Wohnung durch und alles, was mit ihm in Verbindung steht. Und denkt dran, er ist ein durchtrainierter Verbrecher, der vor nichts zurückschreckt.«
»Noch Fragen?« Gunnar sieht auf die Uhr. »Wir denken, dass wir in genau fünfzehn Minuten zugreifen werden.« Er schaut in die Runde und fixiert Bjarki Gunnarsson, den Einsatzleiter der Abteilung Kriminaltechnische Untersuchung. »Bjarki! Auch von deiner Seite aus alles klar?«
»Doch, wir sind bereit zum Einsatz«, antwortet Bjarki.
»Okay, Leute! Dann also viel Erfolg, und seid vorsichtig«, sagt Gunnar.
Kópavogur, Sonntag, 23. Mai 2010
Arvydas sitzt auf dem Wohnzimmersofa und raucht. Er trägt eine schwarze Jogginghose und sitzt da mit nacktem Oberkörper. In den letzten Tagen hatte er Schlafprobleme. Nur noch anderthalb Tage, bis er raus ist aus diesem Land. Er nimmt einen großen Schluck aus der Luksusowa-Wodkaflasche vor sich auf dem Tisch. Er ist diesem polnischen Wodka vor einem Jahr erlegen und hat seitdem keinen anderen Alkohol mehr getrunken. Herrlich, wie die klare Flüssigkeit im Hals brennt und dann in den Magen hinabfließt. Er bemerkt nicht, dass sich draußen ein Ring immer enger um ihn zieht.
Beinah zwanzig Polizisten haben sich vor dem Hauseingang in Bereitschaft gebracht.
»Wir gehen jetzt hinein«, sagt Tryggvi zu seinem Team. Er öffnet die Haustür und läuft die Treppe hoch. Neun mit Heckler & Koch-MP5-Maschinenpistolen und Glock-Pistolen bewaffnete Männer folgen ihm auf den Fersen. Sie verlangsamen ihre Schritte nicht, bis sie den Absatz in der dritten Etage erreicht haben. »Alle in eine Reihe vor die Tür. Wir stürmen
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