Isländisch Roulette: Thriller (German Edition)
kommen und ihm dabei zu helfen, Zugang zu den Kameras zu bekommen.
»Ich hatte da an eure Überwachungskameras an der Kringlumýrarbraut unter der Brücke vom Bústaðavegur gedacht. Ich bräuchte Aufnahmen aus beiden Richtungen. Von so cirka zwei Uhr nachts bis halb fünf in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag, 16. Mai«, erklärt Rúnar Páll.
»Das ist kein Problem«, antwortet Freyja und nimmt zwei CDs aus einer Ablage über ihnen, die mit
16. Mai 2010
beschriftet sind. »Du kennst dich damit aus, nicht wahr?«
»Ja, danke. Ich komme zurecht«, antwortet Rúnar Páll und macht sich daran, sich in die Aufnahmen von den Autos zu vertiefen.
Er beginnt mit der Kamera, die die Autos festhält, welche sich auf dem Weg nach Kópavogur hinein befinden, den Hafnarfjarðarvegur weiterfahren, bei Hamraborg hinauf oder die Kársnesbraut hinunter. Er sieht auf den Zettel vor sich. Ein schwarzer Cadillac Escalade mit dem Kennzeichen
PPR58.
Eine gute Stunde lang arbeitet er sich vorwärts, ohne auf etwas Bemerkenswertes zu stoßen, bis derrichtige Wagen endlich auf dem Bildschirm erscheint. Er spult zurück, hält den Film an und vergrößert die Aufnahme. Die Kamera zeigt 03:23 Uhr an. Na also, mein lieber Jósteinn! Was hast du zu der Zeit an der Kringlumýrarbraut gemacht? Das passt vorn und hinten nicht zusammen mit dem, was du in der Vernehmung ausgesagt hast, denkt er. Er druckt das Bild aus, nimmt die CD aus dem Computer und legt die zweite ein. Er geht die vorangegangene Zeit zügig durch, bis die Uhr der Kamera bei zwanzig Minuten nach drei steht. Vier Autos erscheinen in den folgenden Minuten auf dem Bildschirm, und dann taucht Jósteinns Cadillac-Jeep auf. Rúnar sieht auf die Zeitanzeige: 03:36 Uhr. Er muss grinsen. Was hineinfährt, muss auch wieder herausfahren. Es wird schwierig für ihn werden, das abzustreiten. Er entschließt sich, auf
Facebook
nachzusehen, was Nanna so treibt. Jedes Mal verspürt er einen Stich ins Herz, wenn er ihre Seite besucht und sieht, wie glücklich sie ohne ihn ist. Im Statusfeld heißt es:
Bin auf dem Weg ins Leben hinaus heute Abend. Das wird ein Heidenspaß.
Sollte er vielleicht die Jungs fragen, mit ihm loszuziehen und das Schicksal herausfordern, unverhofft auf sie zu treffen? Nein. Vielleicht in ein paar Monaten, nach ein paar sportlichen Bemühungen. Im Moment gibt es nur die Arbeit.
»Ich hab es. Eure Kameras sind genial«, sagt er zu Freyja, die in aller Ruhe mit einem Kaffeebecher an ihrem Computer sitzt.
»Schön, dass wir euch helfen konnten«, erwidert sie, fährt den Rechner runter und macht sich auf den Weg nach Hause.
Rúnar geht hinaus zu seinem Auto. Seine nächste Aufgabe ist, Jósteinns Wege in dieser Nacht noch weiter aufzudecken. Er weiß genau, welche Kamera ihm dabei behilflich sein könnte.
»Gut, gut. Vielen Dank«, spricht Gunnar in sein Telefon, während er mitten im 10/11-Supermarkt in der Hverfisgata steht und versucht, irgendetwas zum Mittagessen für sich zu finden. Er nimmt ein Sandwich mit geräuchertem Lamm und Salat aus dem Kühlregal und sieht, dass es von gestern ist. Scheiß drauf. Ich brauch Nahrung, denkt er und greift sich noch eine rote Kristall-Plús gegen den Durst. Soeben hat er ein Telefonat beendet, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass das Amtsgericht Reykjavík dem Gesuch der Polizei um zweiwöchige Untersuchungshaft für Jósteinn Friðbertsson stattgegeben hat. Das gibt uns ein wenig mehr Zeit, denkt er und schlendert mit Sandwich und Flasche in einer dünnen Plastiktüte wieder hinauf zur Dienststelle.
Gunnar steht auf und betrachtet das angebissene Sandwich vor sich auf dem Schreibtisch. Ihm ist übel, nachdem er die Hälfte hinuntergeschlungen hat. Jetzt kann er es nicht aufessen, denn gerade eben ist der Beschluss zur Hausdurchsuchung bei Steinn Þorri Steinþórsson erteilt worden.
»Wir müssen uns schnell auf den Weg zu seinem Haus machen«, ruft er der Ermittlungsgruppe zu.
Steinn Þorris Haus in der Bergstaðastræti ist ein großes, dreistöckiges, weißgetünchtes Gebäude, das erst kürzlich saniert wurde. Zu Gunnars großer Verwunderung befinden sich weder vor dem Haus noch an den Seiten Kameras. Der Mann hat sich offensichtlich in Sicherheit gewogen. Gunnar betritt das Haus und stellt fest, dass es sogar noch kostspieliger eingerichtet ist als das von Reynir Sveinn, auch wenn es nicht so riesig ist. Aus der Diele gelangt man in einen großen Raum, der sowohl Küche als auch Wohnzimmer
Weitere Kostenlose Bücher